Samstag, 12. Juni 2010

Fussball ist unser Leben, denn König Fussball regiert die Welt

Über das Verhältnis von Kunst und Fussball wird nicht nur aktuell viel geschrieben und dem kann und will auch kunstlich.com sich nicht entziehen! Hier eine 'Fussball mit Kinderschädel' genannte Plastik (2000) des als Fallensteller bekannten Andreas Slominski © Andreas Slominski, Boris Becker (Foto), Galerie Jablonka

König Fussball regiert auch abseits der WM die Welt und mischt - wie ein Feature von Deutschlandfunk zeigt - im globen Menschenhandel kräftig mit. Denn der nur formal illegale Handel mit Kindern und Jugendlichen aus Afrika blüht - wann, wenn nicht jetzt, sollte man sich diesem gern vertuschten, weil imageschädlichen Phänomen stellen?

Überall in Afrika werden Kinder und Jugendliche in Lagern gehalten, dort sollen sie das Fußballspielen lernen, um schließlich gewinnbringend an europäische Clubs verkauft zu werden. Natürlich gelingt nur wenigen der mit dem Versprechen vom großen Geld nach Europa gelockten eine Fussballkarriere. Die Mehrheit landet in Camps und Ghettos, wenn sie die illegale Reise nach Europa überhaupt überlebt. Da gewinnt die Formulierung von 1974, der erste deutsche WM Song eine recht makabere Note.

Alles beim Alten? Brot und Spiele

Das Bonmot von Brot und Spielen gewinnt vor diesem Hintergrund eine ungewöhnliche Aktualität und die taumelnden Massen in den europäischen Stadien erinnern mehr denn je an ihre Vorgänger in Rom. Aber nun zurück zu der hier gezeigten Arbeit von Andreas Slominski und der Frage, warum sie an dieser Stelle im Kontext der Schattenseiten des Fußballs erwähnt. Auch Slominskis Arbeit 'Tornetz ohne Tor' (1987) befindet sich im Frankfurter MMK...

Nicht nur der Ball ist rund...

Da man Kunstwerke - wenn man nicht das Glück hat, sie kaufen zu können - nur selten anfassen darf, kann der Betrachter des 'Fussball mit Kinderschädel' genannten Werks kaum feststellen, ob es sich wirklich um einen solchen Gegenstand handelt.


Ein Trick, eine Finte oder doch ein Danaergeschenk?

Und so stellt sich angesichts des ungeheuerlichen Titels natürlich die folgende Frage: Hat der als Künstler und Fallensteller bekannte Andreas Slominski - der auch schon einmal einen Elf-Meter-Punkt aus einem Frankfurter Stadion nachts heimlich ausgrub, um ihn dann stolz im Portikus auszustellen - wirklich einen Kinderschädel in dem Fussball versteckt und wenn ja, warum eigentlich?

Oder handelt es sich fernab von der Frage der vermeintlich 'echten Identität' des listig betitelten Kunstobjektes nicht vielmehr um eine makabere Anspielung auf die Tatsache, dass die meisten Fussbälle von geschundenen Kinderhänden in Asien hergestellt werden?

Letzters scheint - ganz abgesehen vom Spass Slominskis am Verwirrspiel - plausibel. Doch da wie einleitend bereits erwähnt anlässlich der WM mehr als genug zum Thema Fussball geschrieben und gesprochen wird, wollen wir es hiermit zunächst einmal belassen.

Na ja, ein paar Anekdoten dürfen dann doch noch sein. Die ZDF-Dokumentation 'Faszination Fußball' (Erstausstrahlung 2006) liefert ein gutes Fundament, schließlich wurden Spieler und Forscher befragt.

homo ludens? 'Der Ball ist das einfachste Spielzeug, was man nicht kontrollieren kann.(...) Der Ball kommt sozusagen als Objekt dem lebendigen Lebewesen am nächsten.'
Prof. Gerd Schäfer, Universität Köln

2007 vor Christus schossen Ball-Akrobaten bereits den Ball durch ein Loch, das sich in fünf Meter Höhe befand. Wahrscheinlich ein bewusst konzipiertes Brot-und-Spiele-Spektakel, denn Bauern durften ihre Wetten zu dem von Priestern organisierten und überwachten Spiel abgeben. Wie heute zogen die gutbezahlten Profispieler durchs Land.

Hüft- und Poschwung statt Fußakrobatik

Bei den Azteken und Mayas dagegen musste der Ball durch einen Steinring geschossen werden. Allerdings durften sie weder Hand noch Fuß dafür benutzen, nur Hüfte und Gesäß durften den Kautschukball beschleunigen.

Tiefer ins Thema kann man wie gewohnt mit den folgenden Links einsteigen.

Links:
- FIFA-Boss Blatter zum Thema Menschenhandel im Fussball (siehe sueddeutsche.de)
- Das Feature von Deutschlandfunk über Fussball und Menschenhandel
- Das von
kunstlich.com vorgestellte Buch von Gerd Mörsch über die Falle in der Kunst widmet sich ausführlich den Werken Andreas Slominskis (siehe Buchtipp).
- Auch die aktuelle Ausstellung von Andreas Slominski im MMK scheint sportlicher Natur zu sein

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