Dienstag, 22. Juni 2010

Anhalten, Arm raus und Radio aus...


Die c/o pop bietet als erfolgreiche Nachfolgeveranstaltung der nach Berlin geflohenen Popkomm der Dom-Stadt ein fast alle Geschmäcker bedienendes Konzertangebot im Sommer. Doch neben Clubs und Konzerthallen bespielen die Klangkünstler aus aller Welt traditionell stets auch ungewöhnliche Orte.

Rochus Aust, der unter einem Pseudonym schon einmal die Kölner Seilbahn mit einem speziell dafür konzipierten Konzert bespielte (in jedem Wagon saß neben dem begeisterten Publikum auch ein Musiker), hat wieder einen an Fluxus- und Dada-Aktionen erinnernden Coup gelandet: Drive-In-Konzerte.

Eine Hommage an die Autostadt?

Wer es also noch immer nicht ins Autokino geschafft hat, sollte vielleicht das kommende
c/o pop- Wochenende nutzen, um im rollenden Eigenheim zumindest schon einmal ein Live-Konzert anstelle des üblichen mp3- oder Radiogedudels erleben zu können.

In the summer of 69 vollzog Wolf Vostell hier seinen genialen Streich. Er betonierte vor den Augen des staunenden Publikums seinen Opel ein - und das alles ohne Gebühren zu zahlen, wie eine irrtierte Passantin sich beschwerte. © VollwertBIT

Auch schön ist, dass man sich für das sehr zentrale Parkhaus in der Maastrichter Straße entschieden hat, denn es geht nicht nur um Musik: Trampen vor dem Parkhaus ist durchaus erwünscht. Wer also kein Automobil hat und auch kein solches leihen möchte, sollte sich rechtzeitig dort einfinden und sich eine sogenannte Vorfahrtskarte besorgen.

Trampen mal anders


Das Konzert gerät so zur unkonventionellen Kontaktbörse (music- statt speeddating?) und erinnert sicher nicht von ungefähr an Happening und Kunst als soziale Plastik. Aprospos: Wer schon mal da ist, sollte sich auch mal das Ruhender Verkehr genannte Werk von
Wolf Vostell anschauen, das kein 500 Meter entfernt auf dem Hohenzollernring ruht.

YouTube sei Dank. Man kann das Einbetonieren des Autos von Vostell und die Reaktionen der kölschen Passanten auf die ungeheuerliche Aktion im Jahre 1969 noch heute betrachten und über die Kommentare vom Künstler und den Schaulustigen staunen.

Autos statt Leichen im Zement


Wolf Vostell über sein Werk: 'Im Grunde ist es ein Alptraum, an den ich denke... wenn man auf der Autobahn in einer Verkehrschlange ist oder in der Stadt im Verkehrschaos ist, wenn ich mir vorstelle, dass nun alle Wagen zementiert würden innerhalb von Sekunden, ein zementiertes Autochaos...'


Aber das haben wir doch jeden Tag, oder? Es scheint, als habe Vostell hinterlistig (oder sollte man besser prophetisch sagen?) auf das alltägliche, wahrlich zementierte Verkehrschaos in Städten thematisiert.

Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt...

Links:
c/o pop
Rochus Aust
Lobenswert: Eintritt und -fahrt ist frei!

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