Mittwoch, 19. Dezember 2012

Wahnsinn - Danke - Weiter so!

© Unknown streetart talent based in Berlin

Weihnachtliche Verlosung: kunstlich.com verschenkt signierten rattus norvegicus-Katalog


Von Glühwein und Schneegestöber verwirrt konnten wir unseren Augen kaum trauen, bald sind annähernd 25.000 Besucher bei uns gewesen. Leider können wir den 25.000 Informations- bzw. Unterhaltungskunden nicht persönlich am Eingang begrüßen - denn es weihnachtet ja doch schon sehr. Um unseren treuen Lesern oder auch jenen Hans-im-Glück-Besucher, der zum ersten Mal unsere Zeilen liest, zu belohnen, gibt es passend zur Saison das supa-mega-Weihnachtspaket: 

kunstlich.com sendet dem 25.000 Besucher des blogs den zurecht in Kürze ausverkauften Katalog der inzwischen legendären Ausstellung rattus norvegicus (Blick in den Katalog hier).

Wahnsinn! O% auf alles ohne Stecker?

Und so geht's: Sollten Sie - verehrter Kunde und Besucher - die Zahl 25.000 bei den visits unseres blogs sehen (unten rechts in der sog. sidebar), schnell ein Bildschirmfoto (auch screenshot genannt) machen.



Für alle Anti-Nerds hier die Anleitung...

PC: PRINT SCREEN-Taste, dann ist das ''Foto'' im Zwischenspeicher und kann mit Strg+V bzw. Einfügen eingefügt werden ;-)

Apple: CMD+SHIFT+3 oder CMD+SHIFT+4 

und dann das beweiskräftige Dokument an info@kunstlich.com senden.

Wir wünschen viel Glück und Segen und Entspannung in den kommenden Tagen. Und sollte diese Episode in Kürze für immer vorbei sein, bedanken wir uns vorab schon einmal herzlich bei allen, die dabei waren.

Gerd Mörsch und Iven Paschmanns
(seit fast 3 Jahren kunstlich.com.blog Autoren)


PS: Nicht die postalische Adresse vergessen, damit wir den Katalog zusenden können.

PPS: Wer einfach so mal mitmachen bzw. den blog unterstützen will, ist - wie immer und alle - herzlich zur Rubrik PKK - Postkartenkritik) eingeladen.
 
PPPS: Kleiner Hinweis am Ende: Manipulierte Fotos werden von unserem staatlich geprüften Notar - Sie wissen schon, der von Wetten dass - an dieser Stelle hier samt postalischer Adresse des Fälschers sowie kriminologischen Gutachten über jenen an den digitalen Pranger genagelt...

Montag, 17. Dezember 2012

MOMO und das Ende der Welt: thisisnottheend

Navid Nuur: THEORY, 2012
© the artist, courtesy Mihaela Lutea

Einschub: Zugegeben, auch wenn wir in Kürze mal wieder anlässlich des allgemeinen Keine-Zeit-Wahns (und den herrlich rebellischen Forderungen des Sozialethikers Christopher Ricke) auf Momo und die grauen Männer eingehen werden, wollen wir uns mit diesem Tipp beeilen, sorry. 

Denn in der post-dOCUMENTA (13) Stadt Kassel eröffnet in Kürze, an jenem bemerkenswerten Datum, das viele aufgrund von wie auch immer gearteten Missverständnissen das Fürchten lehrt, eine interessante Ausstellung, deren Titel thisisnottheend wiederum auf jenes Datum zu verweisen scheint. 

Keine Panik

Natürlich ist das alles total meaningful, wie man auf der Arbeit von Navid Nuur sehen kann. Und es gibt definitiv Schlimmeres, als als auf einer Vernissage mit netten Menschen und Gesprächen über Gott und die Welt dem Ende eben jener entgegen zu streben.

Also zum zweiten Mal in diesem Jahr: Auf nach Kassel!

Service:
- vorbildlich detaillierte Informationen findet man hier, grundlegende weiter unten
  

Alle Jahre wieder auf den letzten Drücker?

Mittelalter- und Nachkriegsarchitektur verschmolzen - ein Blick in die Kölner artothek. Die wunderbaren, eben erst renovierten Räume werden auch für Ausstellungen genutzt.
© artothek Köln

Alle Jahre wieder freut man sich auf solche und ist leider doch auch oft gestresst vom Geschenkewahn unserer Zeit. Daher hier für alle, die - warum auch immer - noch nichts für ihre Lieben haben, ein Tipp für die letzten Tage. Es handelt sich um ein wahrhaft nachhaltiges Geschenk: Ein artothek-Gutschein.

Das Prinzip der artothek wird im Berichtvon Gerd Mörsch für die Deutsche Welle kurz und knapp beschrieben. (Falls dieser Link hier nicht funktioniert, bitte einfach nach Beuys artothek und Gerd Mörsch suchen).

Daher folgt hier - noch kürzer - eine Liste mit den grundlegenden Infos:

1. Für rund 10 EUR (inklusive Versicherung!) kann man einen artothek-Gutschein für eine Ausleihe erwerben. Mit diesem können die Beschenkten - je nach artothek - bis zu 8 Wochen ein von ihnen ausgewähltes Kunstwerk in ihren eigenen vier Wänden aufhängen.

2. Das Ganze ist nicht nur unschlagbar günstig, sondern auch den Titel Prozedere eigentlich nicht wert, denn man muss sich lediglich einmal anmelden (mit Ausweis). 

3. Keine Risiken, nur Gewinner: Denn
3a) die artothek ist eine gemeinnützige Institution, die Künstlern und Kunstinteressierten hilft 
3b) nicht kunstvertraute Menschen können sich dem Sujet einfach und selbstbestimmt annähern und zugleich eine gemeinnützige Institution unterstützen
3c) Kunst wird gesehen, vielleicht sogar geliebt und wer weiß schon, welche unabsehbaren Folgen (Kunstsucht?) dieser Prozess noch mit sich bringt...

PS: Auch für Kinder ist der Ausleihprozess ein Spaß und kann zu einem müßiggängerischen Familienritual werden: Alle 6-8 Wochen neue Lieblingswerke entdecken!

PPS: Wer will, kann das erste Werk für seine Lieben auswählen und so ein wenig angeben à la: Ich habe keine Kosten und Mühen gescheut und euch einen Beuys, Christo, Calle oder was auch immer mitgebracht, Hoho!

PPPS: Also dann frohes und vor allem besinnliches Fest!

Service:
Homepage des artotheken-Verbands mit Suchfunktion für Kunstleihen in der Nähe

Sonntag, 16. Dezember 2012

Dienstag, 4. Dezember 2012

Vom Ende der Privatheit?

© Gerd Mörsch

In der Frankfurter Schirn Kunsthalle läuft eine interessante Schau zum Thema Privatsphäre. Vom Ende des Doppellebens nennt Ulrike Knöfel ihre Rezension der Ausstellung. Kaum überraschend ist das Fazit der Autorin, derzufolge sich der Begriff des Privaten auflöst. Spannender ist jedoch die Frage, ob wir diese Tendenz als befreiend oder bedrohlich empfinden sollten.


Indirekt haben wir - kunstlich.com - dieses Thema schon oft behandelt (siehe hier) und spätestens mit dem inzwischen legendären Zitat des umstrittenen Mark Zuckerberg - Privatheit ist eine obsolet gewordene soziale Norm - dürfte es bei den meisten angekommen sein.

Leider denken viele, wie es Zuckerberg und Co. so oft formulieren: Ich habe nichts zu verbergen und daher habe ich keine Angst vor dem Ende der Privatheit. Bis zur damit verbundenen totalen Überwachung ist es nicht mehr weit.

Was hätten Autoren wie Orwell oder Bradbury zu Zuckerberg und seinen Thesen gesagt?
 

Es ist schon seltsam: Die noch vor wenigen Jahrzehnten in Dystopien ersonnenen elektronischen (oder wie auch immer gearteten) Fußfesseln, die der totalen Überwachung und dem Erhalt ebensolcher totaler Systeme dienten, werden heute teuer auf dem freien Markt angeboten und der vermeintliche freie Konsument begibt sich selbst freiwillig in sein unfreies Schicksal. 

Post-Privacy oder vom Lauf der Zeit als übermächtigen Gegner  

So schreibt Melanie Mühl für die FAZ und liest die Ausstellung als Warnung. Knöfel wählt die Werke von Billingham und Emin, deren noch vor wenigen Jahrzehnten irritierende Kunst eine Frage implizierten, die bis heute unbeantwortet geblieben sei: Ist die Idee, dass das Private seine Bedeutung verliert, eine befreiende oder eine bedrohliche?

Es war einmal: Schlüssellochspionage und Gardinenverbot
 

Wieder zeigt sich das avantgardistische Potential der Kunst. Denn nur wenige Jahre vor Reality-Shows und Formaten wie Big Brother verstörten Werke wie Emins Bett noch das Publikum - von Warhols frühen Werken mal ganz abgesehen. Während es heute scheinbar keine intimen Szenen aus dem Privatleben mehr gibt, die man nicht in TV-Formaten oder Internet findet.

Und die Moral der Geschichte?
 

Knöfels Kommentar endet mit den oft paradiesisch anmutenden Fotografien des New Yorker Künstlers Ryan McGinley. Junge Menschen klettern nackt wie in Hesses Zeiten, laufen ebenso über Autobahnen oder springen in idyllisch anmutende Flüsse.

Trotz der nicht ausgeklammerten, auf den zweiten Blick sichtbaren Schattenseiten des vermeintlichen Hippie-Kultur erkennt die Autorin in ihnen eine Vision: ''Das ideale Privatleben könnte einem das Gefühl von Freiheit vermitteln.''


© Ryan McGinley
Courtesy of the artist, Alison JacquesGallery, London, Team Gallery, New York, und Bischoff Projects, Frankfurt

Fakten / Hintergrund:
Die Ausstellung zeigt Werke von Ai Weiwei, Michel Auder, Merry Alpern, Evan Baden, Richard Billingham, Mike Bouchet, Stan Brakhage, Sophie Calle, Tracey Emin, Hans-Peter Feldmann, Nan Goldin, Christian Jankowski, Birgit Jürgenssen, Edgar Leciejewski, Leigh Ledare, Leo Gabin, Christian Marclay, Ryan McGinley, Jenny Michel und Michael Hoepfel, Marilyn Minter, Gabriel de la Mora, Mark Morrisroe, Laurel Nakadate, Peter Piller, Martha Rosler, Jörg Sasse, Dash Snow, Fiona Tan, Mark Wallinger, Andy Warhol, Michael Wolf, Kohei Yoshiyuki, Akram Zaatari.


Service:

Schirn Kunsthalle Frankfurt
Römerberg
60311 Frankfurt
Tel 069.29 98 82-0
welcome@schirn.de
Link zur Ausstellung

Öffnungszeiten:
Dienstag, Freitag – Sonntag: 10–19 Uhr
Mittwoch & Donnerstag 10–22 Uhr

 

Eintrittspreise:
7 €, ermäßigt 5 €, 

freier Eintritt für Kinder unter 8 und Kinderkunstclubmitglieder
Familienticket14 €
Ermäßigung gilt für Studenten, Schüler, Senioren, Schwerbehinderte mit Begleitpersonen und Arbeitslose.

Fragwürdig:
Leider gibt es keine Chance die Ausstellung kostenlos zu sehen, wie es viele Institutionen zumindest einmal im Monat anbieten. Außderdem: Die Ermäßigung für Senioren gilt für Frauen ab dem 63. und Männer ab dem 65. Lebensjahr.

 

Rezensionen:
- Der Spiegel 44/2012: Knöfel, Ulrike: Ende des Doppellebens
- FAZ 1.11.2012: Melanie Mühl: Wer soviel Ich ist, weiß nicht, wer er ist
- FR-Interview mit Edgar Leciejewski

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Die Gedanken sind frei (2) - Giftige Erdbeeren unter freiem Himmel für alle



Kunstdiskurs im öffentlichen Kasselraum:
Ist das Kunst oder Kiste und vor allem, kann das weg?
© Gerd Mörsch and the artist

kunstlich.com hatte am 5. Oktober bereits von der sicher nicht zufällig nur wenige Tage nach dem Ende der Weltkunstschau dOCUMENTA(13) in Kassel eröffneten Austellung berichtet. Wir haben uns das auf den öffentlichen Raum konzentrierte Projekt ALLES UNTER DEM HIMMEL GERHÖRT ALLEN etwas genauer angesehen. Und jetzt ist Schluss mit lustig.

Denn wer diese Tage durch herbstliche Stadt im Zentrum und im Auepark flaniert, wird Merkwürdiges entdecken. Riesige Holzkisten mit chinesischen Schriftzeichen und Adressen, so wie die oben gezeigte in der Nähe der Markthalle. Handelt es sich hierbei etwa um Kunst? Eine funktionale, art-shippige Holzkiste aus dem Exportweltmeisterland, eine Metapher für den globalen (Kunst-)Handel im Zeitalter von Kapitalmarktdepression? Oder ist es doch nur eine leere Kiste, im Kunststress stehen geblieben, vielleicht auch Entsorgung zu teuer? 

Copied in China: Kippenberger-Kirkeby-Kitsch

Möchte ZHANG Jin - wie der vermeintliche Kistenkünstler vermutlich heisst - vielleicht genau diese slominskiesque Gedankencascade hervorrufen? Nein. Nicht nur aufmerksame Zyniker dürften beim Spazier- oder Kunstrundgang in der hessischen Mittelstadt angesichts der weiteren fragwürdigen Zustände am Kunstcharakter und -verständnis der Verantwortlichen zweifeln. Kommen wir zur nächsten, wahrhaftigen Baustelle:
 

Und so stellen wir uns erneut die Frage nach dem wahren Charakter dieser Installation vis-a-vis des Kasseler Staatstheaters. Baustoffe sind teuer und werden nicht unbedacht stehen gelassen. Ist die Harmonie des Ziegelfarbtones mit jenen der Mauer nicht zu subtil um zufällig zu sein? 
 © Gerd Mörsch, the artist or the installation-team

Installed in Germany - Made in China

Aufklärung sei Dank: Die edlen, in der Regel etwas windschief installierten, metallenen, mit laminierten Buntdrucken beklebten Informationstafeln klären die Situation: Das ist Kunst. Demzufolge hat der Künstler wohl sein Material in der Eile des Kunstjetsets vergessen. Oder hat ihn noch keiner von der Stadt Kassel daran erinnert - von den Kuratoren ganz zu schweigen.


Ungewollte Einblicke in die Mechanismen der Kultur- bzw. Wirtschaftspolitik. 
© Gerd Mörsch and the artist

Angesichts der Häufung solcher Zustände - Kunsthistoriker dürfen auch Environments sagen - fragen wir uns, ob der Künstler GHUAN Huaibin oder der Kurator überhaupt anwesend war. Denn die Ziegelsteine sind doch nicht erst nach der irisartigen Installation - der feinsinnig wohl auf den benachbarten Rosenhang bezogene, so genannte Garten der Erlösung - gekommen. Oder doch? Wieder fragt man sich, ob nicht vielleicht durch einen ganz blöden Zufall die Kunst von ZHANG Jin in der Kiste einfach nicht ausgepackt wurde.  

 
   Pfusch beim Bau oder sind die beiden nicht in den Mörtel gesteckten Schrauben vielleicht Metaphern für kritische Leerstellen in der Gesellschaft?
© Gerd Mörsch, the artist or the installation-team

Kassel spielt Bundesliga? Parallelen zu Merkels China-Offensive  

Keine Sorge, es wird noch besser und geht in Kürze weiter an dieser Stelle. Vorab sei jedoch schon mal angemerkt, dass die Kritik hier weniger auf die Künstler selbst und deren Positionen zielt, sondern dem wortwörtlichen Zustand der leider nur vermeintlich so bedeutenden Ausstellung gilt: Wer hat das zugelassen - oder soll man sagen verschuldet - und warum? Schließlich auch das: Was will uns das - denn unbewusst gilt hier nicht - eigentlich sagen? Und hat die Autorin der recht positiven Kritik in der Zeit - siehe 41/2012, S. 57 - all die Missstände nicht gesehen?


Kunst oder Kirmes? Diese Frage ist in der Nähe des Fridericianums nicht immer so leicht zu beantworten. © Gerd Mörsch and the artist

Angesichts der subtilen Positionierung - die Kuratoren betonen die Auseinandersetzung der Künstler mit der Stadt Kassel und dem Umfeld ihrer Arbeiten - wird diese Frage Kunst oder Kirmis, also wieder jene nach dem Charakter dieser Installation erst dank der unscheinbaren Informationstafel beantwortet. Den Kindern ist's egal. Zudem sind Kirmesbuden in der Nähe des Friedrichsplatzes das Gegenteil der Ausnahme.

Erstes Fazit zum räumlichen Konzept: 
Konsequente, weil intendierte Deplatzierung
Ein weiteres Beispiel am Fuldaufer...
 

Auch hier ist der Umfang der Pseudo-Tony Cragg Arbeit nicht sofort ersichtlich. Gehören die beiden metallenen Plastiken zusammen?
© Gerd Mörsch, the artist

Da hilft nur Spekulieren: Also fernab von der Frage, ob der Künstler CHEN Wenling sich die in Kassel verfügbaren, für temporäre Absperrungen gestaltete Zauntypen angesehen und gar ausgewählt hat, scheint ein Detail verdächtig: Da der Baustellenzaun das Werk nicht ganz umfasst, liegt die Vermutung nahe, dass er nicht Teil der Installation ist. Aber was soll er dann verhindern oder andeuten?

Von Gefahren im öffentlichen Raum und knappen Kassen. 
Oder ist vielleicht die Versicherung schuld? 

Verdächtige Hinweise: Auch das nackte, übergroße wie -gewichtige Kind, das von einer ebenso überdimensionerten Leiter aus in die Neue Galerie schaut, ist weiträumig mit einem Zaun gleichen Typs abgesperrt. Daher scheint es sich sich wohl auch am Fuldaufer tatsächlich um eine Absperrung zu handeln. Aber vielleicht hat man CHEN Wenlings Werke ja nur temporär am Fuldaufer positioniert. Dafür spricht auch die hinter der Mauer versteckte Tafel, oder?
 
 
Schade. Auch hier wir der tatsächliche wie intellektuelle Zugang erschwert.
© Gerd Mörsch, the artist
 
Und so fragt man sich wieder, warum der Künstler - CHEN Wenling nennt das Werk Chinesische Landschaft - das Publikum auf Abstand halten will. Oder sind die Gerüchte von herabstürzenden Kunstteilen wahr? Die reflektierende Oberfläche seiner Plastiken zumindest deutet eher auf den gewünschten Spiegeleffekt des Rezipienten beim Rundgang um das Werk.

Vorsicht, Kunst!
 

Das hat doch was, so sieht man den herrlichen Auepark gern, den die dOCUMENTA (13) zu einem prominenten - wie die zu unrecht kaum bekannte Orangerie - zu einem ihrer Haupt-Ausstellungsort machte. 
© Gerd Mörsch, the artist
 
Wohl kaum ein anderer Ort in Kassel wird - wenn die von den Besuchermassen verursachten Narben verheilt sind - so nachhaltig von der nicht nur durch ihr Raumkonzept ungewöhnlichen dOCUMENTA (13) profitieren. Der Auepark wird sicher vielen Besuchern im Gedächtnis verhaftet bleiben. Doch neben der Song Dong Baustelle - der massive Erdhügel, den wir hier sorgfältig ausgeblendet haben - wirkt auch diese Installation deplatziert. Und auch hier bleibt zu bezweifeln, ob DING Yi diese Positionierung seiner Ruyi genannten Plastiken schätzt.
 
Bald geht's weiter, vorab schon mal die folgenden Ausblicke:

  © Gerd Mörsch, the artist

© Gerd Mörsch, the artist

© Gerd Mörsch, the artist

© Gerd Mörsch, the artist

© Gerd Mörsch, the artist

© Gerd Mörsch, the artist

  Hintergrundlinks:
- Der Spiegel über Merkels China-Politik 35/2012
- Die TAZ über das umstrittene Kulturjahr 2.10.2012
- Eigenwerbung: Der blog der Ausstellungsmacher

Kulturkampf: Der Rundgang unter Kassels Himmel nähert sich dem Ende



Chinesischer Post-d13-Balkenhol
 © Gerd Mörschand the artists

Dienstag, 9. Oktober 2012

Tschüssikowski means time to say goodbye


  
Postmodernes Arbeitsstillleben: Einsame Aktentasche mit Bloody Mary
© Gerd Mörsch and Greta Hoheisel (Foto)

Zugegeben: Aus, Ende, vorbei schrieben wir schon am 17. September. Aber jetzt ist wirklich Schluss, denn außer Penones Baum und ein paar temporären Ruinen, siehe weiter unten, ist nichts mehr von der documenta (13) in der Stadt zu spüren. 

Die Batterie hat ebenfalls pünktlich zum 17. September einen ''unentschlossenen'' Brief von der Stadt bekommen und sogar der Fotoautomat am Friedrichsplatz ist verschwunden. Und so fragen wir uns: Wo soll das noch enden?



Ein Rätsel für Kenner: Wer hat darin seinen d13-Beitrag gezeigt?
© Gerd Mörsch and the de-installation-team

Ein paar ausgewählte Werke wandern zwar in die städtische bzw. mhk-Sammlung, aber ehe diese der Öffentlichkeit zugänglich sind, muss man sich wohl mit fragwürdiger, zeitgenössischer chinesischer Kunst im Außenraum und den üblichen Kunstverdächtigen in Kassel begnügen - oder doch fliehen?


Noch ein Rätsel: Wer hat eine dieser Situation verwandte Arbeit im Auepark gezeigt?
© Gerd Mörsch and the de-installation-team

Wer glaubt, richtige Antworten auf die beiden Rätselfragen zu haben und tolle Preise gewinnen will, kann sich auf dem gewohnten Wege bei kunstlich.com melden (siehe Verlosung). Auf bald! 

Montag, 8. Oktober 2012


Herrlich: Patente Zeitreisen


Kein Jules Verne, Patentzeichnung für einen Taucheranzug von 1810 
© U.S. National Archives

Kevin Prince arbeitet nicht - wie einst Albert Einstein - beim Patentamt, sondern ist mit den harten Gefechten um die Anerkennung von geistigen Leistungen beschäftigt: Er ist Patentanwalt und seit kurzem Herausgeber und Autor eines wunderbaren Bildbandes: ''The Art of the Patent''.

Bei seinen Recherchen hat sich der gelernte Ingenieur immer intensiver - fernab von seinen eigentlichem Job - mit den kunstvollen Zeichnungen von vermeintlich und tatsächlich bahnbrechenden Erfindungen beschäftigt: ''Patentzeichnungen durchzusehen gleicht einer Reise mit Zeitmaschine'' erklärt Prince.
 
Von Zahnbürsten mit integriertem Pastenspender und schwimmenden Klokugeln ...

Und so hat sich der Ingenieur hat sich im Laufe der Zeit seines Studiums historischer Patente in deren Erscheinung verliebt. Daher beklagt er einen Verlust von Qualität und Schönheit, einen in den Archiven der Patentämter detailliert nachvollziehbaren Niedergang der einst kunstvollen, illustrierenden Zeichnungen. 


Kein Scherz, kein Freud: Patentzeichnung für Luftfächerautomat von 1830 
© U.S. National Archives

Bis hin zu Glaswarenmaschinen, Flugapparaten und Fächer-Automaten. 

Computergestütze - bzw. generierte Zeichnungen haben die kunst- wie phantasievollen, häufig colorierten Handskizzen verdrängt, ein Prozess der sich in allen Bereichen - so etwa auch im Schreinerhandwerk - im späten 20. Jahrhundert durchsetzte.



Kein Missverständnis: no joke, no punk
© U.S. National Archives

Service:
- Der Spiegel über Kevin Prince (Vorschau, bald komplett online)
- Der Gegensatz: Beispiele zeitgenössischer Patentzeichungen und ein Artikel über die Patentkrieg der Gegenwart
- kickstarter: Kevin Prince wirbt für sein Buch 

- Das Buch kaufen: hier

Freitag, 5. Oktober 2012

Die Gedanken sind frei (1) - Google, DPA und chinesische Kunst in Kassel?




Neugieriges  Riesenbaby schaut auf alte Meister? Fat Man von Mou Baiyan
© Gerd Mörsch and the artist
  
Nur wenige Tage nach der Weltkunstschau eröffnete in Kassel ein weitere, auf den öffentlichen Raum konzentrierte Ausstellung, deren Bedeutung von ihren Initiatoren gerne mit zahlreichen Superlativen gekennzeichnet wird. 19 zeitgenössische, vom chinesischen Staat geförderte Positionen wurden im Stadtraum installiert und warten auf Flaneure und Kritik. 

kunstlich.com wird sich die Schau in Ruhe anschauen und anschließend beurteilen. Doch vorab schon mal das Folgende: Bisher scheint ein seltsames Schweigen über dem Ereignis zu liegen. In den üblichen Medien wird die Veranstaltung kaum besprochen und auch im deutschen Feuilleton finden sich - trotz seiner laut Eigenwerbung so großen Bedeutung - abgesehen von der Zeit (Auf wackliger Leiter von Nikola Helmreich, 41/2012, S. 57) keine Spuren von der ''wichtigsten Ausstellung des Chinesischen Kulturjahrs 2012 im Bereich der visuellen Kunst.''

Das Leben hat Humor: Parallel zur Eröffnung in Kassel droht Ai Weiwei mal wieder Gefängnis

Ausser den Involvierten und der lokalen Presse feiert kaum jemand die Schau. Bei nahezu allen anderen Berichten handelt sich um mehr oder weniger offensichtliche Übernahmen der DPA-Meldung. Nur google reagiert gewohnt geschäftstüchtig und schaltet Anzeigen für chinesische Kunst... 

 
 art meets reality - wundersame Begegnung in der leeren Post-Documenta-Stadt   
 © Gerd Mörsch, the artist and unknown

Freitag, 28. September 2012

Es war einmal vor 100 Jahren: Die Überschau - Mission Moderne in Cöln

Uniforme Avantgardisten? © Rheinisches Bildarchiv, Köln

Vor 100 Jahren fand in Cöln weil die Düsseldorfer glücklicher- weise mal schliefen eine der wichtigsten Ausstellungen des 20. Jahrhunderts statt. Ziel der legendären Sonderbund-Ausstellung war nichts weniger, als dem konservativen Kaiserreich moderne Kunst nahe zu bringen.

"Der Cölner Dom erbebt in seinen Grundfesten!" 

beschreibt etwa der Maler Munch die Stimmung, welche die avantgardistische Ausstellung nicht nur im Rheinland verursachte. Mit mehr als 60.000 Besuchern war sie auch dank moderner Werbestrategien ein voller Erfolg. Ein Jahr später folgte mit der Armory Show in New York eine noch größere Ausstellung zeitgenössischer Kunst, von denen viele schon in Kölner zu sehen waren. Interessanterweise war in New York zunächst geplant gewesen, nur amerikanische Kunst zu zeigen. 

Keine nationale Nabelschau

Doch die Armory-Initiatoren beschlossen auf Grund der Besichtigung der Cölner Sonderbund-Ausstellung, ihre Show mit europäischer Kunst zu ergänzen. Die Cölner Ausstellung wurde in Deutschland zum wichtigsten Wegbereiter für die Moderne. Aus historischer Perspektive scheint sie ihrem einleitend erwähnten Anspruch also durchaus gerecht geworden zu sein. Qualität wie Quantität der Exponate waren einzigartig. Rund 650 Kunstwerke – darunter alleine 130 Gemälde von van Gogh, 26 von Cézanne, 25 von Gauguin, 32 von Munch und 16 von Picasso – waren in der eigens dafür errichteten Ausstellungshalle zu sehen.   

Der Munch-Raum © Rheinisches Bildarchiv, Köln

Vom Post-Impressionismus bis hin zum deutschen Expressionismus, den jungen Malern der Brücke und des Blauen Reiters...
 

Anlässlich des Jubiläums der Sonderbundausstellung zeigt das Wallraf-Richartz-Museum noch bis zum 30. Dezember 2012 einen spektaku- lären Rückblick auf diese Jahrhundertschau. Doch die ursprüngliche Ausstellung kann nur in ihren Schwerpunkten und Zielsetzungen rekonstruiert werden. Denn es ist nicht nur aus finanziellen Gründen nahezu unmöglich, alle inzwischen als Meisterwerke geadelten Exponate für eine exakte Rekonstruktion zu leihen.

Immerhin: Mehr als hundert Meisterwerke, die damals zu sehen waren, sind wieder in Cöln.

Zu den Leihgebern zählen unter anderen das Amsterdamer Van Gogh Museum, die Staatlichen Museen Berlin, das Art Institute Chicago, die National Gallery London, das Museum of Modern Art in New York, das Munch-Museum Oslo, das Musée d`Orsay in Paris und die National Gallery Washington. Auch zahlreiche private Sammler trennten sich temporär von ihren Lieblingen, die teils seit Jahrzehnten nicht mehr öffentlich zu sehen waren.

Als Cöln noch klotzte statt zu kleckern: Die Ausstellungshalle am Aachener Tor
© Rheinisches Bildarchiv, Köln

Der Beginn des Abschieds von der Petersburger Hängung
   
Die Ausstellung fokussiert den Blick auf die zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschenden künstlerischen Tendenzen. Dank des Abstandes von hundert Jahren wird mehr als deutlich, wie avantgardistisch die Sonderbundausstellung für ihre Zeit war.

Auch Avantgardisten irren...
 
Denn bei all dem Feiern und Genießen sollte u.a. nicht vergessen werden, dass der sogenannte "Barbar" Gauguin germanisiert werden sollte und Malewitsch nicht ausgestellt wurde.  

Pssssst, zum Schluss noch...

Für alle Querdenker und Verfolger der aktuellen, aber nicht minder jahrhunderttitelverdächtigen Beltracchi-Affäre Kölner Auktionshaus muss Millionen Schadensersatz zahlen – noch dieser Hinweis: Achten sie auf den eleganten Herrn auf dem obigen Bild, der dritte von links, es ist kein Zufall, dass er an Beltracchis Fantasie-Sammlungsaufkleber erinnert...

Gut getroffen, Beltracchis Flechtheim-Etikett vom Pseudo-Campendonk
© LKA NRW

Service:
WALLRAF-RICHARTZ-MUSEUM
Obenmarspforten / am Kölner Rathaus
50667 Köln
Tel.: +49 (0)221 / 221 -  211 19
Fax: +49 (0)221 / 221 - 226 29
info@wallraf.museum

Eintrittspreise
Erwachsene:      12 €,
ermäßigt 8 €
Gruppenpreis:    10 €, pro Person Gruppen von 10-25 

Schulklassen:       4 €  pro Schülerin/Schüler
Familientickets:    24 €,  d.h. 2 Erwachsene + mindestens 1 Kind
 

Öffnungszeiten
Dienstag-Sonntag:    10 – 18 Uhr
Donnerstags:             10 – 21 Uhr

Feiertags:                   10  18 Uhr
1. Donnerstag im Monat:   10 – 22 Uhr (ausgenommen Feiertage)
Montags geschlossen, ebenso am 24. und 25. Dezember


Hintergrund und Rezensionen 
Wiki über den Sonderbund
Süddeutsche Zeitung
art Das Kunstmagazin
Der Spiegel
WDR (Video)