Sonntag, 16. Oktober 2011

Wir sind Helden - Kunst im Gulliver

Held oder Antiheld?

Während andere kopieren oder
Boote über die Alpen schleppen und gewollt wie ungewollt das große Thema Scheitern neu inszenieren präsentiert man im Kölner Gulliver - jeder kann ein Riese sein - ganz klassisch Kunst zum Thema Helden. Das Ungewöhnliche ist hier bereits der Ort: Ein zentraler und doch bewusst versteckt gelegener Platz für jene Helden des Alltags, die nur selten als solche angesehen werden oder zumindest die Chance erhalten, sich als solche zu beweisen.

Neues zum Thema Genie und/oder Wahnsinn: Eine neue Studie der Universität St. Gallen zeigt: Aktienhändler ähneln Psychopathen.

Antworten auf solch grundlegende wie bedeutende Fragen und Phänomene sind - wie so oft - nicht einfach. Doch fernab von den häufig nur vermeintlich einfachen Lösungen und Wahrheiten bieten die jüngsten, von seinen Weltreisen wie seinen Freunden beeinflussten Arbeiten Friedrich von Hülsens jede Menge Gesprächsstoff. Sie bergen Inspiration an einem für Kunst leider ungewöhnlichen Ort - eine einzigartige Gelegenheit, um sich der fragwürdigen Eindimensionalität unseres Heldenbegriffs mal fernab der Deutschen Geschichte zu nähern.

Von Hunden, Schaukeln, Fahnenflucht über deutsche Fahnenparanoia

geht es weiter zu Schönheits- und Kulturidealen, deren Ausverkauf, Manipulation und Unterwanderung, bis hin zur Bedeutung von Freundschaft an sich. Von Hülsens Arbeiten zum Thema Helden sind noch bis zum 8.12.2011 zu sehen.

GULLIVER
Trankgasse 20
Rückseite des HBF
Bahnbogen 1
50667 Köln
Tel: (0221) 1206091
Fax: (0221) 1206105

Der Ort
Wer sich im Domumfeld mal unter anderen Umständen treffen, den Rhein genießen und ein nachhaltiges Projekt unterstützen möchte, findet das GULLIVER in unmittelbarer Nähe zum Kölner Hauptbahnhof / Rhein im Gewölbebogen 1 der Hohenzollernbrücke.

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 06:00 Uhr - 13:00 Uhr 15:00 Uhr - 22:00 Uhr
Samstag, Sonntag und Feiertag: 10:00 Uhr - 18:00 Uhr

Plastik in der Kunst des 20. Jahrhunderts oder Freiheit am Boden?

In Kassel wurde die vorerst letzte Ausstellung vor der documenta 13 eröffnet: Der 36jährige Niederländer Danh Vo belastet den erwürdigen und historisch so bedeutenden Museumsbau - das Fridericianum ist das erste der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Museum auf dem europäischen Kontinent - glänzt mit Tonnen von teils hochpoliertem Kupfer.


Politkunst, Formenvielfalt und Konsumkritik zugleich

Ob man die Schau rein visuell als - ungewollte ? - Überblicksausstellung der Formen der Plastik des 20. Jahrhunderts liest oder den politisch konzeptuellen Hinweisen des Künstlers und der Arbeit folgt sei jedem überlassen. Eins ist jedoch sicher: Die Ausstellung der in 267 Eintelteile ''zerlegten'' Kopie der Statue of Liberty, die der Künstler in China (!) in Auftrag gab hinterlässt Spuren.

Provokation oder Größenwahn?

Als Symbol für die nicht nur interpretatorische Freiheit des Rezipienten hat Vo einige Tonnen des für die exakte Kopie notwendigen Materials zum Glück - und zur Freude von nicht nur Kindern, die sich in der glänzenden Metalloberfläche spiegeln - unverarbeitet auf den Transportpaletten gelassen und diese geschickt vor Fenstern positioniert - Kunst spiegelt Welt und umgekehrt.

Liberty made in Shanghai

Die abgesehen den gigantischen Fingern, Zehen und teils abstrakt anmutenden Einzelteilen der eigentlich 46 Meter hohen Statue leer wirkenden, monumentalen Ausstellungsräume scheinen frische Luft aufzusaugen - ein Symbol für die anstehende Räumung?

Die Dialektik von Aufbau und Zerstörung?

JULY IV MDCCLXXVI

Vo betitelte die Ausstellung mit dem Datum der amerikanischen Unabhängigskeitserklärung und präsentiert über die zuvor genannten Elemente noch ein weiteres, wenn auch jünger doch geschichtsträchtiges Objekt. Seine Ausstellung ist auf jeden Falle die Reise nach Kassel wert und erscheint - trotz der Assoziation der zerstörten, verstümmelten Ikone der Freiheit - in Zeiten von globaler Demonstrationen erfrischend zeitgemäß.

Service:

Kurzkritik
''Freiheit am Boden'' - Der Spiegel 39-2011

Kunsthalle Fridericianum

Friedrichsplatz 18

D-34117 Kassel

Tel. +49 561 707 27 20

Fax +49 561 707 27 75
office(at)fridericianum-kassel.de

ÖFFNUNGSZEITEN

Mittwoch bis Sonntag 11-18 Uhr


EINTRITTSPREISE

5 Euro
ermäßigt*: 3 Euro
bis 12 Jahre Eintritt frei

Lobenswert : Mittwochs ist der Eintritt für alle Besucher/innen frei!