Donnerstag, 27. April 2017

Mittwoch, 26. April 2017

Felix Klopotek liest: Die totalitäre Erfahrung - Heinz Langerhans, Köln 4. Mai 20 Uhr

Das Bild ist ein Screenshot der Website der Akademie der Künste der Welt. Es zeigt einen Teil der von Langerhans unter unglaublichen Umständen erstellten Arbeit „How to overcome totalitarianism?“ von 1942. © Akademie der Künste der Welt, Foto: Michael Buckmiller

Wir haben zuvor schon ausführlich über die Akademie der Künste der Welt und ihre Anfang April eröffnete PLURIVERSALE VI berichtet. Daher hier nur ein kurzer Hinweis, ein Teaser für eine interessante Veranstaltung: Felix Klopotek hat sich nicht nur mit Musikkritik und -theorie einen Namen gemacht...

Anfang Mai liest und beschäftigt er sich mit der totalitären Erfahrung und Theorie von Heinz Langerhans, was im folgenden Pressetext der Akademie der Künste der Welt etwas detaillierter erläutert wird. Nachdem die AfD gewohnt medienwirksam weggeschunkelt wurde und Köln sich mal wieder vor allem selbst feierte, ist dies ein passender Anlass, sich nun etwas nachhaltiger mit den problematischen Tendenzen der Gegenwart und deren Wurzeln auseinanderzusetzen...
  
Lesung: DIE TOTALITÄRE ERFAHRUNG: HEINZ LANGERHANS

Donnerstag 4. Mai 20:00
FELIX KLOPOTEK mit EVA KRAISS und MELANIE WEIDEMÜLLER

In einer szenischen Lesung mit Gedichten, Texten, Bildern und Tonaufnahmen erzählen Eva Kraiss und Melanie Weidemüller zusammen mit Felix Klopotek die dramatische Geschichte des in Vergessenheit geratenen kommunistischen Politikwissenschaftlers und Autors Heinz Langerhans (1904 – 1976). Als Ultralinker – Langerhans stand Brecht und der Frankfurter Schule nahe – wurde er aus der Partei ausgeschlossen. Von den Nationalsozialisten aufgrund seiner Widerstandsaktivitäten inhaftiert, schrieb er im Gefängnis weiter und schmuggelte theoretische Texte auf Zigarettenpapier nach draußen. 


Langerhans’ lange verschollen geglaubte Totalitarismustheorie aus den 1940er-Jahren ist eine schonungslose Abrechnung mit dem Faschismus und Stalinismus. Er sagte voraus, dass der Totalitarismus überleben werde, indem er einen Teil der Arbeiterbewegung vereinnahme. Und indem er diese auf Imperialismus und Krieg ausrichte, werde er eine neue Verbindung von Staatsmacht, Kapital und seiner einstigen Opposition hervorbringen. Der Abend gibt einen Einblick in ein umfangreicheres Forschungsprojekt über Langerhans, das durch den Open Call der Akademie unterstützt wird. Die Ergebnisse sind auf der Webseite www.totalitaere-erfahrung.de zu finden.

FELIX KLOPOTEK lebt und arbeitet in Köln. Er ist Redakteur der StadtRevue und Autor u.a. für Konkret, Jungle World und Kaput Magazin. 2014 realisierte er mit Unterstützung der Akademie der Künste der Welt das Projekt A Revolutionary Parable On The Equality Of Men. Als Herausgeber war er an Zonen der Selbstoptimierung. Berichte aus der Leistungsgesellschaft (mit Peter Scheiffele, Matthes&Seitz 2016) beteiligt.

Service und Links 

Felix Klopotek
DIE TOTALITÄRE ERFAHRUNG: HEINZ LANGERHANS
4. Mai 20:00

Boulehalle im Mülheimer Hafen - Hafenstraße 3 - 51063 Köln
lobenswert ist der freie Eintritt!
 

- weitere Informationen zur Lesung, hier
- kunstlich.com über die PLURIVERSALE VI, hier
- mehr über die PLURIVERSALE VI, hier

HINWEIS: Wir freuen uns über Kommentare. Feedback und Kritik sind uns wichtig. Wer einen Kommentar hinterlassen will, kann dies natürlich zu jedem Beitrag tun. Einfach unten auf 'Keine Kommentare:' klicken und lostippen...

Montag, 24. April 2017

Jetzt aber schnell: Otto Freundlich - Kosmischer Kommunismus - noch bis zum 14. Mai

Das prominent inszenierte Mosaik der noch immer im Bau befindlichen Kölner Oper. Nur dem Bauskandal verdanken wir die Präsentation. Otto Freundlich schuf das 'Ge­burt des Men­schen' genannte Werk 1919. Na­tio­n­al­sozial­is­mus und Krieg überlebte das Wer - wie durch ein Wun­der - in einem Schup­pen. 1954 in­s­tal­lierte die Stadt Köln das Werk im neu er­richteten, heute als Skandalbaustelle bekannten Schauspiel- und Opern­haus von Wilhelm Riphahn.

Otto Freundlich ist eine faszinierende Künstlerfigur. Seine Bedeutung, die Qualität seiner Werke wurde zu seinen Lebzeiten jedoch meist nur von seinen Künstlerkollegen erkannt. Freundlich ist heute vor allem als Schöpfer der heute verschollenen Skulptur 'Der große Kopf' bekannt. 

Die Geschichte des von den Nazis für das Titelblatt des Ausstel­lungs­führ­ers „En­tartete Kunst" missbrauchten großen Kopfes von Freundlich ist - wie die Ausstellung En­tartete Kunst - Teil der spannenden Ausstellung in Köln. Historische Dokumente erhärten den Verdacht, dass Freundlich Kopf schon früh zerstört wurde. Auf späteren Fotografien scheint das Werk durch eine schlechte Kopie ersetzt worden zu sein.


Dank der Ausstellung Entartete Kunst weltbekannt: Otto Freundlichs vermutlich im Rahmen des nationalsozialistischen Bildersturms zerstörtes Werk 'Der große Kopf'.

Die Ausstellung begeistert mit meist frisch restaurierten bzw. herausgeputzten Werken, die Strahlkraft der von Freundlich teils vor rund 100 Jahren verwendeten Farben überrascht. Und insgesamt ist die Inszenierung der übersichtlichen Anzahl der Werke gelungen. Die Ausstellung ist ein Muss für alle Freunde der klassischen Moderne, spannend ist vor allem die deutliche Verbindung von Glasmalerei und Abstraktion.

Hier folgen nun Fragmente der Pressemitteilung des Museum Ludwig zur Ausstellung 'Otto Freundlich - Kosmischer Kommunismus', die im Anschluss (vom 10. Juni –10. September 2017) im Kunstmuseum Basel zu sehen sein wird:


Vor allem die frühen Werke des Autodidakten Otto Freundlich haben es uns angetan, hier ein Ausschnitt der Arbeit 'Komposition mit Figur' von 1911 (ÖL auf Leinwand, Musées de Pontoise).

''Er ist einer der originellsten Abstrakten des 20. Jahrhunderts: In einer großen Retrospektive zeigt das Museum Ludwig das Werk von Otto Freundlich (1878–1943). Mit Hilfe von rund 80 Exponaten zeichnet die Ausstellung Werk, Denken und Leben eines Künstlers nach, der Gemälde und Skulpturen ebenso schuf wie Fenster und Mosaike, der in leidenschaftlicher Auseinandersetzung mit der Kunst seiner Zeit einen eigenen Weg zur Abstraktion fand und der schließlich von den Nazis an den Rand gedrängt, als „entartet“ verfemt und als Jude ermordet wurde. 

Diese Ausgrenzung und Auslöschung von Werk und Künstler prägt noch immer die Rezeption. Viele von Freundlichs Arbeiten wurden zerstört. Sein Großer Kopf, den die Nazis 1938 auf das Titelblatt ihres Ausstellungsführers „Entartete Kunst" setzten, ist noch heute sein bekanntestes Werk. Die Retrospektive ermöglicht nun eine Begegnung mit dem Gesamtwerk und rückt es in das Zentrum der kunstgeschichtlichen Entwicklung.

Unheimlich modern: Otto Freundlichs schlicht 'Komposition' genannte Plastik von 1936 (Bronze, Musées de Pontoise).

Sie setzt ein mit den frühen Kopf-Plastiken und -Zeichnungen und stellt die kaum bekannten angewandten Arbeiten neben die Skulpturen, Gemälde und Gouachen. Und sie liefert Einblicke in Freundlichs Schriften, in denen er sein Schaffen sozial und künstlerisch verortet hat. Freundlich, der seit 1924 in Paris lebte, war mit führenden Künstlern seiner Zeit befreundet.

Einen Appell an den französischen Staat zum Ankauf eines seiner Werke
unterzeichneten 1938 Delaunay, Döblin, Kandinsky, Picasso und viele andere. Charakteristisch für seine Entwicklung war zunächst die Nähe zur angewandten Kunst. In Teppichen, Mosaiken und Glasbildern schloss er an die Tradition der Zünfte an, um sie mit einer kollektiven Kunst der Zukunft zu verbinden. 


In der Serie 'Die Zeichen' von 1919/1920 (Zinkgravur auf Papier, Museum Ludwig, Köln) findet sich vieles, was man auch in dem parallel entstandenen Mosaik der Kölner Oper entdecken kann.  

In der leuchtenden Flächigkeit alter Kirchenfenster sah er die Begrenzungen einer
plastischen, von den Konturen der Gegenstände her konzipierten Kunst überwunden. Diesen Weg verfolgte er weiter. Die Abstraktion verstand er als Ausdruck einer radikalen Neuerung, die weit über die Kunst hinausging. Die gekrümmten Flächen seiner Gemälde reflektieren etwa das Raumkonzept der Physik Albert Einsteins, mit der er früh vertraut war. 


Die Überwindung der Gegenständlichkeit hat aber auch eine soziale Dimension. Für Freundlich war alle dingliche Wahrnehmung von Besitzdenken durchdrungen und damit überholt: „das Objekt als Gegenpol des Individuums wird verschwinden; also auch das Objektsein eines Menschen für den andern“. Den Zusammenklang der Farben auf seinen Bildern sah er stets in einem Zusammenhang mit dem großen Ganzen. 

Nicht immer sind die Werke so eindeutig bereits durch den Titel zu entschlüsseln wie im Falle des hier gezeigten, abstrakten Gemäldes von Freundlich.

In dem Kommunismus, für den er kämpfte, sollte es keine Grenzen geben „zwischen Welt und Kosmos, zwischen Mensch und Mensch, zwischen Mein und Dein, zwischen allen Dingen, die wir sehen“. Die Retrospektive versammelt zahlreiche Leihgaben. Eines der schönsten Exponate aber stammt aus Köln: das Mosaik Geburt des Menschen (1919), das Nationalsozialismus und Krieg wie durch ein Wunder in einem Schuppen überstanden hat.

Fast eine Dekade nach dem Ende des zweiten Weltkriegs installierte es die Stadt Köln im 1954 neu errichteten Opernhaus. Doch danach geriet es – obwohl es stets öffentlich zugänglich war – nach und nach aus dem Blick. Nun wird es im Museum Ludwig gezeigt: als ein Hauptwerk des Künstlers und zum ersten Mal im Kontext des Gesamtwerks.''

Mit diesem wandfüllenden Ausschnitt von Otto Freundlichs letztem Atelier und einer biographischen Übersicht endet die Ausstellung. Hier kann man die Ausstellung mit Kindern beginnen und ihnen spannende, sie je nach Alter durchaus fordernde Suchaufgaben stellen. Denn einige der auf der Fotografie abgebildeten Werke finden sich in der Kölner Otto Freundlich Ausstellung.


Service und Links
Otto Freundlich - Kosmischer Kommunismus
Museum Ludwig Köln
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln

 
- im Anschluss vom 10. Juni –10. September 2017 im Kunstmuseum in Basel
- Öffnungszeiten: 25. April - 1. Mai durchge­hend von 10–21 und regulär Di–So 10–18 und 1. Donnerstag im Monat wie immer von 10–22
- lobenswert ist dass alle unter 18 freien Eintritt in die Kölner Dauerausstellung haben

- die Website zur Ausstellung Otto Freundlich - Kosmischer Kommunismus, hier  
- die Bildergalerie des Museum Ludwig zur Freundlich Ausstellung, hier  
- Kai Eric Schwichtenberg über Otto Freundlich in Köln, hier
- Paul Nienhaus für die Westfälischen Nachrichten über die Kölner
Otto Freundlich-Retrospektive, hier
- Hartmut Wilmes berichtet über Kölner
Otto Freundlich Ausstellung für die Kölnische Rundschau, hier
- ZEITonline über
Otto Freundlich - Kosmischer Kommunismus im Museum Ludwig, hier
- rheinische ART über
die Otto Freundlich Ausstellung, hier 

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Freitag, 21. April 2017

PERFORMANCE GARTEN: open call - noch bis zum 14. Mai

Der Flyer des aktuellen open call der PERFORMANCE GARTEN-Gruppe für die kommende Veranstaltung am 22. Juni 2017. Copyright Foto: Raphael Di Canio

Die performative Kunst kann inzwischen zwar auf eine durchaus lange Tradition verweisen, doch aus der Kunstmarkt- bzw. Künstlerhonorar- perspektive handelt es sich um eine sehr schwierige Gattung. Wie soll man Performance verkaufen? Wie davon leben?

Wir meinen natürlich nicht den Ausverkauf, sex sells oder ähnlich plumpe Erfolgsstrategien, sondern eine würdige Entlohung der Choreographen und Akteure. Nur wenige internationale Protagonisten können ihre Performances verkaufen. Und auch wenn manche zuletzt durchaus zurecht von einer Rennaissance der Performance sprachen, sind die meisten Akteure weit davon entfernt, für ihre Arbeit angemessen entlohnt zu werden - wenn überhaupt. 

Dies spiegelt sich auch in der hier beworbenen Veranstaltung, eine durchaus spannende und daher hier explizit erwähnte. Aber bereits im call, also dem Aufruf zum Wettbewerb, der sich an Etablierte wie Anfänger auf diesem Gebiet wendet, zu erwähnen, dass es keine Gage gibt, spricht Bände. Und genau darum gehen wir an dieser Stelle - vor der Werbung für den call - so ausführlich darauf ein. Komplizierte Welt...

Aber statt nur zu meckern, wollen wir an dieser Stelle natürlich auch konstruktiv sein, zumindest Hinweise geben, denn Spenden, Sponsoren oder Eintrittsgelder könnten potentielle Quellen für das unabdingbare Künstlerhonorar sein... 

Jetzt aber genug Politik, auf zur Kunst. Hier folgen nun die Informationen zur nächsten Veranstaltung bzw. dem call der PERFORMANCE GARTEN-Kollektivs:

OPEN CALL für den 5. Performance Garten am 22. Juni 2017

Performance Garten ist eine öffentliche Abendveranstaltung für Interessierte rund um Performance Art. Das Format ist geöffnet für alle, die etwas zeigen wollen, und alle Neugierigen, die zuschauen möchten. Sowohl künstlerischem Nachwuchs als auch erfahrenen Performancekünstler*innen bietet der Performance Garten eine Bühne.

Im Vordergrund stehen Performances aus den bildenden Künsten, wobei transmediale Formen willkommen sind. Die Arbeit sollte etwa 20 Minuten dauern und auf das Thema sound‧silence Bezug nehmen. Ein Honorar kann leider nicht gezahlt werden.

Der fünfte Performance Garten findet am 22. Juni 2017 um 18 Uhr im Neues Kunstforum statt (Alteburger Wall 1 / 50678 Köln / www.neues-kunstforum.de).

Bewerbungen bis zum 14. Mai 2017
performancegarten@gmail.com
www.facebook.com/performancegarten/


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Mittwoch, 19. April 2017

Köln: WAHNSINN - Gruppenausstellung zur ART COLOGNE

Uta Schotten, 2015, Öl auf Leinwand, 70 x 150 cm © Uta Schotten / VG Bild-Kunst

Der Salon Schmitz ist einer jener vielen Orte, die sich zwar nicht Galerie, Kunsthalle oder gar Museum nennen und doch einen wichtigen Beitrag zum Kulturleben leisten. Und das schon seit vielen Jahren, um nicht zu sagen Jahrzehnten. Das Rezept des Kunst-Bar-Cocktails wurde zuvor in der legendären Szene-Bar XX (Dos Equis) erprobt.

Unser Teaser für die kommende Gruppenausstellung im Kunstszene-Hotspot-Schmitz ist eine aktuelle Arbeit der Kölner Malerin Uta Schotten, die wir zuletzt Ende 2016 mit ihrer Ausstellung in der Galerie Biesenbach beworben haben. Die Gruppenausstellung ist wie viele andere Veranstaltungen der ART COLOGNE geschuldet, die in Kürze ihre Pforten öffnet.

Parallel zur art gibt es aber auch die Kölner Liste als alternative Messe. Allerdings möchten wir an dieser Stelle erwähnen, dass das zentrale Werbebild der Kölner Liste nicht besonders alternativ ist. Eine nackt anmutende Blondine, der beim Fotografieren der Büstenhalter runterrutscht - wow - ein echter Hingucker...

Doch wer das übliche Messegetummel und die Eintrittspreise meiden will, kann getrost einen Rundgang durch die Kölner Innenstadt machen. Denn viele Kunstinstitutionen bieten - kostenlose - Ausstellungen rund um den ART COLOGNE-Termin. Also auf nach Köln!  

Service und Links 

WAHNSINN - Gruppenausstellung im Salon Schmitz
Eröffnung: Montag 24.4.2017
Aachener Straße 28
50674 Köln

- der Salon Schmitz, hier 

- die Kölner Liste, hier
- die ART COLOGNE, hier  

- kunstlich.com über Uta Schotten in der Galerie Biesennbach (2016), hier
- Hintergrund: Kunstgeschichten und Seelenlandschaften, Gerd Mörsch über Tendenzen im Werk der Malerin Uta Schotten (ART-Dok), hier
- der Kölner Express über das Schmitz-Imperium, hier


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Freitag, 14. April 2017

Neues aus dem Rheinland: Das Kerpener Haus Mödrath lädt zur Eröffnungswoche vom 23. - 29. April

Ein Screenshot der Website des neuen Ausstellungsortes Haus Mödrath.
Während renommierte Museen schließen oder zumindest in diesem Sinne bedroht werden, wird andernorts eröffnet - verrückte, schöne (Kunst-)Welt. Wir sind sehr gespannt auf den neuen Ort im Grünen, ein schon jetzt sagenumwobener. 

Das Haus Mödrath hat eine interessante Geschichte und kleckert nicht bei der kommenden Eröffnung. Wir werden uns möglichst bald eine eigene Meinung bilden und detaillierter von unserem Besuch berichten. Vorab im Sinne der Werbung hier nur die ersten Informationen aus der Pressemitteilung:   

'Haus Mödrath - Räume für Kunst in Kerpen, gut zu erreichen im Städtedreieck Köln-Aachen-Düsseldorf, wird mit 1.000 qm auf vier Etagen in einem 75.000 qm großen Park ein Begegnungsort für zeitgenössische Kunst, Musik und Kultur. Am 23. April 2017 eröffnet die erste Ausstellung Aftermieter, kuratiert von Veit Loers.

Im Zentrum steht das Haus selbst: Zivilisation und domestizierte Natur. Eine Transformation auf vielen Ebenen: von der Gesellschaft zum Individuum, vom Bewohner zum Artefakt, vom Animalismus zum Altruismus, von der künstlerischen Strategie zur Epiphanie. Bezüge, spiritueller Natur, werden schon im Außenbereich hergestellt zwischen Ajay Kurians Pavillion, Thomas Zipps Zelt und Kai Althoffs leuchtender Skulptur im Fenster.
 

Im Inneren tritt man mit Möbeln und Videoinstallationen in die Zivilisation ein, die doppelbödig visionär „Abgründiges“ mit kritischem Humor verbindet. Das gesellschaftliche Geflecht öffnet sich im 1.OG, dem früheren Piano nobile des Herrenhauses, in einem Akt der Individuation in Künstlerräume, die als Hommage an deren Autoren gedacht sind. Sie behalten die Doppelstruktur von dunkler Energie und anspielungsreichem Humor bei. Im sogenannten Kniegeschoss darüber, der späteren niedrigen Überhöhung mit Walmdach, kommt diese Welt ins Wanken. 

Die Kunst öffnet sich Halluzinationen. Märchen und Mythen steuern einen phantastischen Diskurs, der unter dem taghellen Dach die Doppelstruktur von Ratio und Paranoia aufzeigt. Aftermieter ist keine Gruppenausstellung, sondern ein Prozess: die Begehung eines Hauses. Anstelle von Zimmern mit Mobiliar haben sich künstlerische Bilder und Objekte breitgemacht, welche die heutige Kunstszene in einem anderen Licht aufscheinen lassen.

Haus Mödrath - Räume für Kunst hat eine wechselvolle Geschichte: Seit Errichtung des Herrenhauses ca. 1830 wurde dieses privat, zumeist zu Wohnzwecken, genutzt. Das Haus wird bis heute im Volksmund Burg Mödrath genannt, obwohl es doch nie eine war. Es gehörte zu einer Ortschaft, die als Ganzes aufgrund des Tagebaus verschwand. Der Ursprung des Hauses ist eine Jahrhunderte alte Mühle, die Farbpigmente produzierte. 


Haus Mödrath war das erste Gebäude im Kreis, das über elektrischen Strom verfügte. Frau Stockhausen gebar hier ihren Sohn Karlheinz. Über eine Million Menschen feierten in unmittelbarer Nachbarschaft mit dem deutschen Papst. Es war naheliegend für die erste Ausstellung dieser – aus bürgerschaftlichem Engagement und ohne Sammlung gegründeten – Kunsthalle, das Haus und seine Umgebung selbst ins Zentrum zu stellen.'

Künstlerliste: KAI ALTHOFF, ALI ALTIN, ED ATKINS, ERIC BAINBRIDGE, DIRK BELL, NEÏL BELOUFA, ADOLF BEUTLER, BJÖRN BRAUN, ANDRÉ BUTZER, STEFANO CAGOL, GIORGIO DORIGO, MICHAELA EICHWALD, GÜNTHER FÖRG, GEORG HEROLD, EVA KOT'ÁTKOVÁ, AJAY KURIAN, ALICJA KWADE, JOCHEN LEMPERT, KRIS LEMSALU, KATJA NOVITSKOVA, MARY-AUDREY RAMIREZ, JAMES RICHARDS, ANDREAS SLOMINSKI,  MICHAEL E. SMITH, DAVIDE STUCCHI, FRANZ WEST, THOMAS ZIPP


Eröffnungswoche: Sonntag 23. April bis Samstag 29. April 2017, 12 - 18 Uhr
 

Sonntag 23.4.
12.00 – 18.00 Uhr: Aftermieter
12.00 – 18.00 Uhr: Der Künstler Adolf Beutler arbeitet an seinem Zeichentisch
12.00 – 18.00 Uhr: Kunstgespräch: Auf jeder Etage stellen Ihnen unsere Kunstführer die Werke vor
13.00 – 14.30 Uhr: Führung durch Kurator Veit Loers
13.45 – 14.30 Uhr: Performance in Eva Kot'átkovás Installation Work of Nature
15.00 – 15.45 Uhr: Thomas Zipps Performance Magnitude Estimation March

16.15 – 17.15 Uhr: Führung durch Architekten Jo Sollich
16.30 – 17.15 Uhr: Performance in Eva Kot'átkovás Installation Work of Nature


Montag 24.4.
12.00 – 18.00 Uhr: Aftermieter
15.30 Uhr: Führung

Dienstag 25.4.
12.00 – 18.00 Uhr: Aftermieter
15.30 Uhr: Führung

Mittwoch 26.4.
12.00 – 18.00 Uhr: Aftermieter
12.00 – 18.00 Uhr: Kunstgespräch: Auf jeder Etage stellen Ihnen unsere Kunstführer die Werke vor
13.00 – 14.30 Uhr: Führung durch Kurator Veit Loers

Donnerstag 27.4.
12.00 – 18.00 Uhr: Aftermieter
15.30 Uhr: Führung

Freitag 28.4.
12.00 – 18.00 Uhr: Aftermieter
15.30 Uhr: Führung

Samstag 29.4.
12.00 – 18.00 Uhr: Aftermieter
12.00 – 18.00 Uhr: Kunstgespräch: Auf jeder Etage stellen Ihnen unsere Kunstführer die Werke vor
15.30 Uhr: Führung


Service und Links  
Aftermieter
23. April 2017 – 15. November 2018
 

Haus Mödrath - Räume für Kunst
An Burg Mödrath 1 - 50171 Kerpen

Tel +49 2237 6036428
mail@haus-moedrath.de
www.haus-moedrath.de


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Mittwoch, 12. April 2017

Köln: Michael Portnoy - Character Assassination - 18. April - 21 Uhr


Hier sehen wir einen Ausschnitt der Collage mit der Michael Portnoy für seine jüngste Performance in Köln wirbt. Das Bild ist ein Werk von John Tenniel, The Irish Frankenstein von 1882 © Michael Portnoy

Wer das Glück hatte, 2012 im Rahmen der documenta 13 eine der Performances des New Yorker Künstlers Michael Portnoy in seiner maulwurfshügelartigen Installation zu erleben, wird ausgehend von dem folgenden Text erahnen können, welch fulminante Show Portnoy in Kürze in Köln zeigen wird.

Seine Character Assassination genannte Performance ist Teil des Symposiums The Extreme Centre von der Akademie der Künste der Welt, das im Rahmen der PLURIVERSALE VI vom 18-19. April stattfindet. Was wären die neuen Rechten ohne die neuen Medien? Auch Fragen wie diese werden sicherlich im Rahmen des hochkarätig besetzten Symposiums erörtert. 

Portnoy hingegen widmet sich uns, den Wählern, den Bürgern und Mitgliedern der social media. Über die problematischen Seiten von letzteren haben wir bereits mehrfach und ausführlich berichtet und verweisen daher an dieser Stelle auf die Linksammlung am Ende des Beitrags. 

Auch in Jan Böhmermanns Neo Magazin Royale vom 30. März wurden ausgewählte Personen im Publikum - nach ausführlichem Stalking durch die Redaktion im Vorfeld der Sendung - mehr oder minder humorvoll vorgestellt und -geführt. Doch wer Portnoys Arbeiten kennt und die folgenden Zeilen aus der Presseerklärung zur Kölner Performance liest, wird zurecht mehr erwarten, als Böhmermann zuletzt lieferte.

Hier folgen nun Ausschnitte aus der Presseerklärung zur Premiere der Performance Character Assassination von Michael Portnoy:
 
Character Assassination ist eine neue Performance von Michael Portnoy, in der SIE, das Publikum, anhand Ihrer Datenspuren bloßgestellt und in den Schmutz gezogen werden. Willkommen in der nebulösen neuen Welt der alternativen Fakten und hybriden Medienkriege, in der jeder gehackt und jede Quelle kompromittiert werden kann. 

Was Sie sagen oder denken, ist egal – wichtig ist, dass alles in einem sensationssüchtigen, gelblichen Licht erscheint. Ihre Freunde aus den sozialen Netzwerken sind Teil der Verschwörung, jeder ist schuldig, und es gibt keinen endgültigen Unschuldsbeweis. 

In Form eines satirischen TV-Formats, das Sensationsmacherei, Schlammschlachten und das gute, alte Herumalbern miteinander kombiniert, durchbricht die Show die autoritäre Taktik erodierender Demokratien und nimmt den postfaktischen Treibsand aufs Korn, in dem wir gerade versinken. 

Wird das wahre Ich vom Fake-Ich überschrieben, warum dann nicht das Fake-Ich als spekulative Fiktion mit zwanzig verschiedenen Köpfen betrachten, die versuchen sich gegenseitig zu überbieten?

Um Anmeldung wird gebeten unter symposium17@academycologne.org Die Performance ist Teil des Symposiums The Extreme Centre, veranstaltet von der Akademie der Künste der Welt im Rahmen der PLURIVERSALE VI, 18-19.04.2017

Michael Portnoy ist ein New Yorker Künstler. Ursprünglich von der Performance kommend, setzt er in seinen Arbeiten eine große Variation an Medien ein – von partizipativen Installationen, Skulpturen, Theater, Texten und Video. Seine Arbeiten waren international an renommierten Einrichtungen zu sehen, z. B. im Witte de With (Rotterdam), im Stedelijk Museum (Amsterdam) und auf der dOCUMENTA 13 (Kassel).


Service und Links

Premiere: Michael Portnoy - Character Assassination
Performance, 18. April, 21 Uhr
In englischer Sprache

Volksbühne am Rudolfplatz 
Aachener Str. 5 - 50674 Köln
Das Ticket ist im Eintrittspreis für das Symposium enthalten.
 


- die Website der Akademie der Künste der Welt, hier
- kunstlich.com lieferte 2012 einen Schnappschuss vom Kasseler Maulwurfshügel, hier
- kunstlich.com über das Kasseler Symposium A New Fascism? (1/2017), hier  
- kunstlich.com Hintergrund (1/2017): Wer löscht eigentlich was? Die geheimen Löschteams von Facebook, hier 
- kunstlich.com Hintergrund (12/2016): Big Data und Big Brother, wie Firmen mit social media Profilen Politik machen, hier
- kunstlich.com Hintergrund (8/2010): Datenkraken im Netz, hier

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Montag, 10. April 2017

Jetzt aber schnell - CALL - OpenEyes Filmfest


VERLÄNGERTE­ DEADLINE

Liebe Filmemacher:innen, Filmhochschulen & Produktionsgesellschaften,

Einreichungen von Kurzfilmen bis 30 Minuten für 24. OpenEyes Filmfest sind noch bis zum 15. April 2017 möglich.

Online-Einreichung direkt über den Link oder unsere Homepage­ www.openeyes-filmfest.de
Die Teilnahmebedigungen finden sich hier.

Bei Fragen oder Problemen könnt Ihr Euch gerne per E-Mail an uns wenden oder uns auf facebook kontaktieren (fb.com/OpenEyesFilmfest).

Wir freuen uns auf Eure Einsendung!
Liebe Grüße
Euer OpenEyes Filmfest, Marburg

Dear filmmakers, film schools and production companies,

short film submissions up to 30-minutes for the 24th OpenEyes Filmfest are still possible, the submission deadline is set for 15th April 2017*
 


Submit now or via our website www.openeyes-filmfest.de. Please find the detailed terms and conditions here. If you have any questions, please do not hesitate to contact us via e-mail or on facebook (fb/OpenEyesFilmfest).

We are looking forward to see your films!
Best regards, 
 
Euer OpenEyes Filmfest, Marburg

Freitag, 7. April 2017

Köln: "K" LichtKlangInstallation - Rochus Aust in der Lutherkirche


Raster, Käfig, Bauzaun oder digitale Konstruktion? © Rochus Aust

Im katholischen Köln gibt es gleich zwei Lutherkirchen, die mit ihrem umfangreichen Programm das Kulturleben der Stadt bereichern. Daher verweisen wir an dieser Stelle auf eine Ausstellung im Süden der Stadt, die am kommenden Montag mit einem Konzert eröffnet wird. 

Der Klang- und Installationskünstler Rochus Aust ist meist weniger in seiner Wahlheimat als im Rest der Welt aktiv. Auch daher gilt ihm und seiner temporären Intervention im Kirchenraum an dieser Stelle unsere Aufmerksamkeit. Die folgenden Informationen sind der Pressemittelung entnommen:
 
"K" LichtKlangInstallation - von Rochus Aust an vier Tagen der Karwoche
Vom 10. bis 14. April 2017  von 12.00 bis 21.30 Uhr
K (2017) LichtKlangInstallation und temporärer Schutzraum

Konzert: 'K' LichtKlangKontemplation10.  April 2017 20 Uhr 

Rochus Aust · Drähte/Trompeten/Werkzeuge (*/**)
Florian Zwissler · Drähte/Orgel/Synthesizer/Werkzeuge (*)
Markus Hennes · Drähte/StimmeWerkzeuge (*/**)
Markus Aust · Drähte/Hawaiigitarre/Werkzeuge (*/**)

Die Selbsteinzäunung der Menschheit hat eine lange Tradition. Was zum Schutz vor halbwilden Longhorn-Rindern erdacht wurde, dann dem Schaf galt und kurz darauf dem Feind, wurde am 27. Oktober 1874 in der Neuen Welt patentiert: barbed wire, bissiger Draht, bekannt als Stacheldraht. Den Rest besorgte die Industrialisierung.

Gleiches gilt für den Käfig. Eingesperrt wurden zuerst die Tiere, dann die Bösen, zuletzt die Freiheit. Denn Schutz und Sicherheit sind nur auf Kosten der Freiheit zu haben. Wenn keiner reinkommen soll, kommt auch keiner raus. Raus und rein sind nur zwei Seiten der selben Münze, die mal auf die eine Seite fällt, mal auf die andere. Und so wird der Schutz der Freiheit zum Schutz vor Freiheit. Der eigenen und der der anderen. Den Rest besorgt die Digitalisierung.

Da ein Käfig aber nur ein Zaun von oben ist, reicht uns erstmal der Stacheldraht.

(Text und Grafik: Rochus Aust)

Kummer, Trauer, Verletztlichkeit

So viel sei an dieser Stelle vorab verraten: Aust hat im Kirchenschiff einen Himmel aus Stacheldraht eingezogen. Die Spannung der Metallbahnen ist spürbar, intuitiv will man sich bücken, schützen, wenn man den Raum betritt. Doch es gibt keinen Schutz, der Stacheldraht raubt dem Sakralraum seine himmliche Höhe.  

Die schlichte, bescheidene 1950er Architektur mit ihren Handstrick-Ziegeln harmoniert auf unheimliche, bedrückende Weise mit der Intervention des Künstlers. Die Mauern und der von Scheinwerfern angestrahlte Stacheldraht rufen dunkle Erinnerungen hervor.    

'Wenn keiner reinkommen soll, kommt auch keiner raus' schreibt Aust. Dies gilt nicht nur für die Cockpits von Flugzeugen, deren fragwürdige Sicherung, die schmerzhafte, zweite der Seite der Medaille vor Jahren erkannt wurde. Der im 20. Jahrhundert verbreitete Stacheldraht, den Rochus Aust für sein LichtKlangInstallation genanntes Werk verwendet, erlaubt sensiblen Zeitgenossen eine Reise in die Vergangenheit, eine düstere.

In den 1950er Jahren, als der Schock und das Leid des Krieges in den von ihm gekennzeichneten Städten, in den Köpfen der Menschen noch präsent waren, herrschte während der Karwoche ein Verbot für öffentliche Feiern. Und heute? Nur noch in einigen Bundesländern wird der Karfreitag als ein Tag des Schweigens, der stillen Trauer gefeiert.

Wer sich etwas Zeit für die Installation in der Lutherkirche nimmt, kann von hier aus eine Zeitreise unternehmen, zurück in meist schwarz-weiß dokumentierte Jahre, in denen Lager und Stacheldraht nicht nur in Europa omnipräsent waren...   

Service und Links
- die Website der Lutherkirche, hier
- die Website des Künstlers Rochus Aust, hier
- mehr über die Kölner Lutherkirche im Süden der Stadt, hier

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Mittwoch, 5. April 2017

documenta in Athen, erste Stimmen...

Ein Screenshot der documenta 14 Website © documenta

Ausgerechnet Varoufakis? Der eloquente, intellektuell und auch in den Boulevardmedien geschätze, ehemalige Finanzminister als prominenter Gegenspieler der documenta? Zugegeben, Adam Sczymczyk und Yanis Varoufakis machen sich recht gut als Kontrahenten in einem Blockbuster-Duell. Aber es geht doch um Kunst, um subtilere Töne...

Hier folgt eine Linksammlung mit aktuellen Stimmen zur in Kürze erstmals außerhalb von Kassel eröffnenden documenta (14). OK, wer sich mit der Geschichte der noch immer als bedeutendste Großausstellung zur zeitgenössischen Kunst gehandelten documenta beschäftigt, weiß, dass die Athen-Dependance eigentlich nur logische Fortführung von Tendenzen ist, die bereits vor Jahrzehnten begannen. 

Bereits Okwui Enwezors documenta (11) und auch die letzte Blockbuster-Remix-Variante der documenta von Carolyn Christov-Bakargiev aus dem Jahre 2012 spielte nicht nur mit dem Gedanken, die Ausstellung an anderen Orten auf der ganzen Welt stattfinden zu lassen. Aber Schwamm drüber, so hat der Kasseler Wahlkampf ein AfD-taugliches Thema gefunden...

Wir freuen uns auf den Grand-Tour-Kunstsommer in Kassel, Münster, Athen und Venedig ( Basel wird in dieser Aufzählung hier bewusst nicht erwähnt, oder doch...) und werden ausführlich berichten, verlinken und hoffen, dass die geballte Kraft der Kunst Europa und dem Rest der Welt fruchtbare Denkanstöße liefert...

Service und Links
- die Website der documenta 14, hier 
- KUNSTFORUM international über die documenta Eröffnung, hier
- Katerina Koskina, Leiterin des seit Jahren vollendeten, aber nicht eröffneten Museums für zeitgenössische Kunst (das daher an sich bereits als ein grandioses Konzept-Kunstwerk angesehen werden kann), im Gespräch, hier
- Aristide Antonas, ein essayistischer Streifzug durch Athen, hier
- Noch immer im Elfenbeinturm? Claudia Wheeler berichtet über die polarisierte Kunstszene in Athen, hier
- Adam Sczymczyk über die politische Dimension der Kunst und 'seiner' documenta, hier
- Wolfgang Landmesser über den Auftakt der documenta 14, hier 
- ein Überblick auf Berichte zur doicumenta 14, hier
- zahlreiche Schnappschüsse der documenta 13 findet man hier im blog, einfach die Suchfunktion nutzen

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Montag, 3. April 2017

Köln - Akademie der Künste der Welt - PLURIVERSALE VI - Ausstellung - Enigmatische Mehrheiten

Gott sei Dank geht man aktuell wieder auf die Barrikaden, nicht nur in Frankreich. Mit diesem nicht nur für Kunsthistoriker bekannten Motiv wirbt die Akademie der Künste der Welt für die Ausstellung 'Enigmatische Mehrheiten'. Es ist ein Filmstill aus Cristina Lucas Arbeit 'La Liberté Raisonnée' von 2009 © Cristina Lucas

Mit der PLURIVERSALE VI zeigt die in Köln ansässige Akademie der Künste der Welt einmal mehr, wie lebendig und nahe am Puls der Zeit die international ausgerichtete Institution ist. Nach dem Kasseler Symposium über die neue Rechte wird nun auch im Rheinland über globale Tendenzen der populistischen Rechten diskutiert.

Hier folgt der Pressetext der am Dienstag eröffnenden Ausstellung Enigmatische Mehrheiten. Die PLURIVERSALE VI begann bereits im März und wird bis Mitte Juli neben der Ausstellung vieles bieten: Von einem Konzert der wie die Faust aufs Auge zum Thema passenden Kult-Formation LAIBACH über eine Performance von Michael Portnoy bis zu den zahlreichen, den Kern der PLURIVEWRSALE bildenden Lesungen, Filmabenden und Diskussionen - denn die Akademie versteht sich vor allem als eine Plattform, ein loses virtuelles Kollektiv von Kulturschaffenden. 

'Die schweigende Mehrheit hat gesprochen – so würden es zumindest Populisten formulieren. Weltweit werden Minderheiten zurückgedrängt. Neue Kulturkämpfe brechen aus, während der selbst ernannte nationale Mainstream sich seiner ethnischen, religiösen und politischen Identität versichert. Doch was bedeutet es wirklich, wenn „das Volk“ plötzlich in unzählbaren Massen, als enigmatische Mehrheit in Erscheinung tritt?

In den Kurzfilmen dieser Ausstellung treten die Künstler „dem Volk“ in jenen Momenten gegenüber, die es entweder feiern oder diese Kategorie gerade erst erschaffen. Das Ergebnis sind unheimliche Bilder und bizarre soziale Studien, Situationen und Anordnungen. Verwischte Fronten treten an die Stelle der klaren Geometrie von rechts und links. Es gibt keinen eindeutigen ideologischen Vektor mehr. Der Kompass ist zerbrochen, und seine Nadel kann in jede Richtung ausschlagen.

So beschrieb der politische Theoretiker Ernesto Laclau den Begriff „des Volkes“ (populo), der den Kern des Populismus ausmachte: als schwebenden Signifikanten, bereit, in diese oder jene Richtung zu tendieren. Laclau bestand darauf, dass diese Offenheit etwas Positives sei. Sie habe der Demokratie wahrhaft universelle Konzepte der Gerechtigkeit und des Guten zu bieten. Doch heute beobachten wir eher das Gegenteil: Die Demokratie wird auf Verlangen der Öffentlichkeit abgeschafft, Mehrheiten werden enigmatisch, unergründlich und bedrohlich, während die Differenz im erstarrten Schweigen des Einvernehmens untergeht.

Im Kontext Europas war es die Französische Revolution, die die ersten Bilder des Volkes hervorbrachte. Eines davon ist Die Freiheit führt das Volk von Eugène Delacroix, das Cristina Lucas in ihrem Video-Reenactment La Liberté Raisonnée (2009) provozierend neu interpretiert. Das Video, der Prolog der Ausstellung, macht uns zu fassungslosen Zeugen der tragischen Nachwirkungen des revolutionären Ereignisses. In perverser Umkehrung offenbart sich hier die Leere des Begriffs des „Volkes“, dessen Bedeutung unvorhersehbar schwankt.

Dieselbe Leere ist im Zentrum jener Spektakel zu finden, die zur Stärkung des Nationalbewusstseins erfunden wurden. Das kriegerische, antiwestliche, volkstümelnde Reenactment der Eroberung Konstantinopels in Ferhat Özgürs Film über die heutige Türkei (Conquest, 2016) steht in seltsamem Einklang mit Tomáš Rafas Swiss National Day in Rütli (2011), in dem „echte“ schweizer Bürger (und keine Migranten) einen relativ neuen Nationalfeiertag begehen, offensichtlich stolz auf ihre „gesäuberte“ ethnische Eintönigkeit.

Chulayarnnon Siriphols Myth of Modernity, 2014 während der politischen Krise in Thailand gedreht, zeigt den leeren Signifikanten des „Volkes“ im Moment seiner Entstehung. Er schwebt am Himmel als pyramidenförmige, moderne Abstraktion, die zugleich traditionelle buddhistische Andachtsformen repräsentiert, während das Massenerlebnis idealistischen Träumereien weicht. Eine ganz andere Variante enigmatischer Massenerlebnisse vermitteln chinesische Tänzer in Xiao Kes und Zi Hans choreografischer Arbeit Republic of Dance (2016), die vor einem deutschen Publikum mittleren Alters in Weimar aufgeführt und gefilmt wurde.

Wie widersteht man diesen enigmatischen Mehrheiten, wenn sie nicht so harmlos sind wie hier und stattdessen Nationalismus und Verdunkelungstaktiken triumphieren? Eine Antwort bietet Anand Patwardhans aufrüttelnder Ausschnitt aus einem längeren antifaschistischen Film, den er zurzeit produziert. Die Stimme der Vernunft fordert religiöse Fanatiker und Nationalisten dazu auf, das Rad des Fortschritts aufzuhalten; demnach wird das Vernunftdenken siegen, selbst wenn es in der Minderheit ist.

Als Postscriptum zeigt die Ausstellung eine Fotoserie von Anne Arndt, die sich dem unheimlichen Phänomen der „Einmannbunker“ widmet, die in Deutschland während des zweiten Weltkriegs gebaut wurden. Die Traurigkeit und Einsamkeit dieser Schutzräume mitten im Nirgendwo dient als Metapher für die gegenwärtig fragmentierte, neoliberale Menschheit, in der so etwas wie eine Gesellschaft nicht mehr existiert. In neuer Größe schwelgende kollektive Identitäten, völkisch wie imperialistisch, behaupten, diese Aufsplitterung überwinden zu können. Tatsächlich stärken sie diese dadurch nur, indem sie scheinbare, je individuelle, diskursive Bunker für ganze Nationen entwerfen.'
 

Mehr über die in der Ausstellung vertretenen Künstler

ANNE ARNDT erarbeitet Installationen, in die sie Fotografien, Skulpturen und Bewegtbilder einbindet. In ihren Arbeiten untersucht sie politische Konzepte in ihrem Bezug zur Architektur und zur Gesellschaft. Sie geht ihre dabei Themen mehrschichtig an und schließt den Betrachter in einer Weise ein, die manchmal sogar körperlich ist. Anne Arndt lebt und arbeitet in Köln.

CHRISTINA LUCAS setzt sich in ihren Performances, Happenings, Installationen und ihrer Videokunst mit den Mechanismen der Macht auseinander. Ihre Arbeiten wurden in verschiedenen Museen gezeigt, beispielsweise im Mudam – Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean (Luxemburg), im Kunstraum Innsbruck, im Centre Pompidou (Paris) und im Kiasma – Museum of Contemporary Art (Helsinki).

FERHAT ÖZGÜR's künstlerische Arbeiten umfassen Videos, Fotografie und Installationen. Seine Werke waren u. a. zu sehen im MoMA PS1 New York, im Centre Pompidou (Paris), im Haus der Kulturen der Welt (Berlin) und im Museum der Moderne Salzburg. Derzeit ist er an der Gruppenausstellung Scham – 100 Gründe, rot zu werden im Deutschen Hygiene-Museum Dresden beteiligt. Özgür ist Professor an der Yeditepe Universität Istanbul.

ANAND PATWARDHAN ist ein Dokumentarfilmer, dessen Filme von der indischen Regierung häufig unterdrückt worden sind. Seine Dokumentationen thematisieren den Aufstieg des religiösen Fundamentalismus und des Kastenwesens, den nuklearen Nationalismus und nicht nachhaltige Entwicklungen. Viele seiner Filme wurden preisgekrönt, u.a. auf dem Mumbai International Film Festival und dem Hong Kong Film Festival. Patwardhan lebt in Mumbai.

Seit 2009 untersucht TOMÁŠ RAFA in seinem fortlaufenden Dokumentarfilmprojekt New Nationalism in the Heart of Europe nationalistische Gedankenwelten in Mitteleuropa. Seine Dokumentarfilme beschreiben detailliert die in der Region aus Vorurteilen, Aberglauben und Ressentiments hervorgehenden Konflikte. Rafas Filme sind europaweit in Museen und Galerien zu sehen. Rafa lebt in Warschau.

Der Filmemacher und bildende Künstler CHULAYARNNON SIRIPHOL lebt und arbeitet in Bangkok. Seine Werke wurden auf zahlreichen Festivals in Asien und Europa gezeigt, darunter International Film Festival Rotterdam, Internationale KurzFilmFestival Hamburg und die Moscow International Biennale for Young Art. Sein Film Myth of Modernity wurde 2014 auf dem Thai Short Film & Video Festival ausgezeichnet.

XIAO KE absolvierte eine traditionelle chinesische Tanzausbildung und studierte anschließend Zeitgenössischen Tanz in Shanghai. Seit 2002 arbeitet sie eng mit zeitgenössischen Künstlern zusammen und gründete verschiedene Künstlerkollektive.ZI HAN ist Audiovisual Artist und Performer. In ihrem 2011 in Shanghai gegründeten Cannot Help Art Collective widmen sich die beiden Künstler der interdisziplinären Erkundung sozialer Fragestellungen.


Service und Links: 

PLURIVERSALE VI
Ausstellung - Enigmatische Mehrheiten - 4.4 – 13.7.2017
ACADEMYSPACE
Herwarthstraße 3 - 50672 Köln

DI 4.4. 19:00 Ausstellungseröffnung
DI 11.4. 19:00 Vorführung von Kurzfilmen von Ferhat Özgür und Chulayarnnon Siriphol anschließend Gespräch der Künstler mit Ekaterina Degot
 

eine Ausstellung mit Beiträgen von mit ANNE ARNDT, CRISTINA LUCAS, FERHAT ÖZGÜR, ANAND PATWARDHAN, TOMÁŠ RAFA, CHULAYARNNON SIRIPHOL, XIAO KE x ZI HAN
 

Öffnungszeiten: DO/FR 15:00-19:00 und SA/SO 14:00-18:00
lobenswert ist der freie Eintritt

- die Website der Akademie der Künste der Welt, hier

- kunstlich.com über die Künstlerin Madhusree Dutta und die Akademie der Künste der Welt (2016), hier
- kunstlich.com über das Kasseler Symposium A New Fascism? (2016), hier

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