Montag, 24. April 2017

Jetzt aber schnell: Otto Freundlich - Kosmischer Kommunismus - noch bis zum 14. Mai

Das prominent inszenierte Mosaik der noch immer im Bau befindlichen Kölner Oper. Nur dem Bauskandal verdanken wir die Präsentation. Otto Freundlich schuf das 'Ge­burt des Men­schen' genannte Werk 1919. Na­tio­n­al­sozial­is­mus und Krieg überlebte das Wer - wie durch ein Wun­der - in einem Schup­pen. 1954 in­s­tal­lierte die Stadt Köln das Werk im neu er­richteten, heute als Skandalbaustelle bekannten Schauspiel- und Opern­haus von Wilhelm Riphahn.

Otto Freundlich ist eine faszinierende Künstlerfigur. Seine Bedeutung, die Qualität seiner Werke wurde zu seinen Lebzeiten jedoch meist nur von seinen Künstlerkollegen erkannt. Freundlich ist heute vor allem als Schöpfer der heute verschollenen Skulptur 'Der große Kopf' bekannt. 

Die Geschichte des von den Nazis für das Titelblatt des Ausstel­lungs­führ­ers „En­tartete Kunst" missbrauchten großen Kopfes von Freundlich ist - wie die Ausstellung En­tartete Kunst - Teil der spannenden Ausstellung in Köln. Historische Dokumente erhärten den Verdacht, dass Freundlich Kopf schon früh zerstört wurde. Auf späteren Fotografien scheint das Werk durch eine schlechte Kopie ersetzt worden zu sein.


Dank der Ausstellung Entartete Kunst weltbekannt: Otto Freundlichs vermutlich im Rahmen des nationalsozialistischen Bildersturms zerstörtes Werk 'Der große Kopf'.

Die Ausstellung begeistert mit meist frisch restaurierten bzw. herausgeputzten Werken, die Strahlkraft der von Freundlich teils vor rund 100 Jahren verwendeten Farben überrascht. Und insgesamt ist die Inszenierung der übersichtlichen Anzahl der Werke gelungen. Die Ausstellung ist ein Muss für alle Freunde der klassischen Moderne, spannend ist vor allem die deutliche Verbindung von Glasmalerei und Abstraktion.

Hier folgen nun Fragmente der Pressemitteilung des Museum Ludwig zur Ausstellung 'Otto Freundlich - Kosmischer Kommunismus', die im Anschluss (vom 10. Juni –10. September 2017) im Kunstmuseum Basel zu sehen sein wird:


Vor allem die frühen Werke des Autodidakten Otto Freundlich haben es uns angetan, hier ein Ausschnitt der Arbeit 'Komposition mit Figur' von 1911 (ÖL auf Leinwand, Musées de Pontoise).

''Er ist einer der originellsten Abstrakten des 20. Jahrhunderts: In einer großen Retrospektive zeigt das Museum Ludwig das Werk von Otto Freundlich (1878–1943). Mit Hilfe von rund 80 Exponaten zeichnet die Ausstellung Werk, Denken und Leben eines Künstlers nach, der Gemälde und Skulpturen ebenso schuf wie Fenster und Mosaike, der in leidenschaftlicher Auseinandersetzung mit der Kunst seiner Zeit einen eigenen Weg zur Abstraktion fand und der schließlich von den Nazis an den Rand gedrängt, als „entartet“ verfemt und als Jude ermordet wurde. 

Diese Ausgrenzung und Auslöschung von Werk und Künstler prägt noch immer die Rezeption. Viele von Freundlichs Arbeiten wurden zerstört. Sein Großer Kopf, den die Nazis 1938 auf das Titelblatt ihres Ausstellungsführers „Entartete Kunst" setzten, ist noch heute sein bekanntestes Werk. Die Retrospektive ermöglicht nun eine Begegnung mit dem Gesamtwerk und rückt es in das Zentrum der kunstgeschichtlichen Entwicklung.

Unheimlich modern: Otto Freundlichs schlicht 'Komposition' genannte Plastik von 1936 (Bronze, Musées de Pontoise).

Sie setzt ein mit den frühen Kopf-Plastiken und -Zeichnungen und stellt die kaum bekannten angewandten Arbeiten neben die Skulpturen, Gemälde und Gouachen. Und sie liefert Einblicke in Freundlichs Schriften, in denen er sein Schaffen sozial und künstlerisch verortet hat. Freundlich, der seit 1924 in Paris lebte, war mit führenden Künstlern seiner Zeit befreundet.

Einen Appell an den französischen Staat zum Ankauf eines seiner Werke
unterzeichneten 1938 Delaunay, Döblin, Kandinsky, Picasso und viele andere. Charakteristisch für seine Entwicklung war zunächst die Nähe zur angewandten Kunst. In Teppichen, Mosaiken und Glasbildern schloss er an die Tradition der Zünfte an, um sie mit einer kollektiven Kunst der Zukunft zu verbinden. 


In der Serie 'Die Zeichen' von 1919/1920 (Zinkgravur auf Papier, Museum Ludwig, Köln) findet sich vieles, was man auch in dem parallel entstandenen Mosaik der Kölner Oper entdecken kann.  

In der leuchtenden Flächigkeit alter Kirchenfenster sah er die Begrenzungen einer
plastischen, von den Konturen der Gegenstände her konzipierten Kunst überwunden. Diesen Weg verfolgte er weiter. Die Abstraktion verstand er als Ausdruck einer radikalen Neuerung, die weit über die Kunst hinausging. Die gekrümmten Flächen seiner Gemälde reflektieren etwa das Raumkonzept der Physik Albert Einsteins, mit der er früh vertraut war. 


Die Überwindung der Gegenständlichkeit hat aber auch eine soziale Dimension. Für Freundlich war alle dingliche Wahrnehmung von Besitzdenken durchdrungen und damit überholt: „das Objekt als Gegenpol des Individuums wird verschwinden; also auch das Objektsein eines Menschen für den andern“. Den Zusammenklang der Farben auf seinen Bildern sah er stets in einem Zusammenhang mit dem großen Ganzen. 

Nicht immer sind die Werke so eindeutig bereits durch den Titel zu entschlüsseln wie im Falle des hier gezeigten, abstrakten Gemäldes von Freundlich.

In dem Kommunismus, für den er kämpfte, sollte es keine Grenzen geben „zwischen Welt und Kosmos, zwischen Mensch und Mensch, zwischen Mein und Dein, zwischen allen Dingen, die wir sehen“. Die Retrospektive versammelt zahlreiche Leihgaben. Eines der schönsten Exponate aber stammt aus Köln: das Mosaik Geburt des Menschen (1919), das Nationalsozialismus und Krieg wie durch ein Wunder in einem Schuppen überstanden hat.

Fast eine Dekade nach dem Ende des zweiten Weltkriegs installierte es die Stadt Köln im 1954 neu errichteten Opernhaus. Doch danach geriet es – obwohl es stets öffentlich zugänglich war – nach und nach aus dem Blick. Nun wird es im Museum Ludwig gezeigt: als ein Hauptwerk des Künstlers und zum ersten Mal im Kontext des Gesamtwerks.''

Mit diesem wandfüllenden Ausschnitt von Otto Freundlichs letztem Atelier und einer biographischen Übersicht endet die Ausstellung. Hier kann man die Ausstellung mit Kindern beginnen und ihnen spannende, sie je nach Alter durchaus fordernde Suchaufgaben stellen. Denn einige der auf der Fotografie abgebildeten Werke finden sich in der Kölner Otto Freundlich Ausstellung.


Service und Links
Otto Freundlich - Kosmischer Kommunismus
Museum Ludwig Köln
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln

 
- im Anschluss vom 10. Juni –10. September 2017 im Kunstmuseum in Basel
- Öffnungszeiten: 25. April - 1. Mai durchge­hend von 10–21 und regulär Di–So 10–18 und 1. Donnerstag im Monat wie immer von 10–22
- lobenswert ist dass alle unter 18 freien Eintritt in die Kölner Dauerausstellung haben

- die Website zur Ausstellung Otto Freundlich - Kosmischer Kommunismus, hier  
- die Bildergalerie des Museum Ludwig zur Freundlich Ausstellung, hier  
- Kai Eric Schwichtenberg über Otto Freundlich in Köln, hier
- Paul Nienhaus für die Westfälischen Nachrichten über die Kölner
Otto Freundlich-Retrospektive, hier
- Hartmut Wilmes berichtet über Kölner
Otto Freundlich Ausstellung für die Kölnische Rundschau, hier
- ZEITonline über
Otto Freundlich - Kosmischer Kommunismus im Museum Ludwig, hier
- rheinische ART über
die Otto Freundlich Ausstellung, hier 

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