Dienstag, 20. Dezember 2016

Jetzt aber schnell: Noch bis zum 8. Januar - Köln - Wir lieben es und nennen es Ludwig ...

Ein Blick in das Reflection Room genannte Zelt von Meschac Gaba
© Museum Ludwig und
Minerva Cuevas, Foto: Gerd Mörsch

Wie versprochen haben wir zuletzt an dieser Stelle in loser Folge ausgewählte Arbeiten und künstlerische Positionen aus dem Kölner Museum Ludwig vorgestellt. Das ist unser Geschenk für die Institution, die in diesem Jahr ihr 40jähriges Bestehen feiert und sich selbst und uns eine spannende Ausstellung schenkte.

Mit dem heutigen Beitrag schließen wir die Reihe ab. Natürlich konnten wir nur eine Auswahl der anlässlich des Geburtstags des Kölner Museums Ludwig geschaffenen Werke vorstellen. Meschac Gaba ist einer der eingeladenen Künstler. Er wurde unter anderem durch die 2012 von ihm unter dem Pseudonym Citoyen du Monde (Weltbürger) entwickelte Flagge bekannt geworden, die alle Nationalflaggen vereint.

Für die Geburtstagsausstellung des Museum Ludwig hat er einen sogenannten Reflection Room entwickelt, ein riesiges, buntes Zelt, siehe oben. Und die äußere Hülle, die Zeltplane von Gabas Architektur zeigt das Muster, die Struktur der von ihm entworfenen, multinationalen Flagge. In dem von ihm geschaffenen Raum im Museumsraum sollen vor allem Kinder (aber auch Erwachsene!) ihre im Rahmen des Ausstellungsbesuchs gewonnenen Eindrücke verarbeiten.

Es ist sicher kein Zufall, dass das von Gaba geschaffene Zelt sehr zeitgenössische Flüchtlingsunterkünfte erinnert...


Ein Blick auf einen Ausschnitt einer Arbeit von Avery Singer, die die Lücke der Arbeiten von Joan Mitchell nicht gänzlich überdecken kann und will. Die Künstlerin erlaubt somit einen Blick auf die Rückseite ihrer Leinwänd und in den nächsten Raum. © Museum Ludwig und Avery Singer, Foto: Gerd Mörsch

Die Werke der jungen US-amerikanischen Malerin Avery Singer erinnern viele sicher zunächst an Picassos kubistische Phase, an konstruktivistische Malerei oder zumindest solche aus dem frühen 20. Jahrhunderts.

Allerdings handelt es sich um eine äußerst zeitgenössische Technik, den Singer startet digital, in dem sie 3-D-Modelle mit Hilfe eines digitalen Grafikprogramms kreiert. Aus diesen rein virtuellen Welten überträgt die Künstlerin dann die von ihr geschaffenen Räume und Figuren mit Hilfe von Airbrush, Acryl und Klebeband auf die reale Leinwand.

Fernab von den produktionstechnischen Details und philosophischen Referenzen Singers handetl es sich bei den zur Zeit im Musuem Lufdiwg gezeigten Arbeten zugleich um eine subtile Hommage, eine Referenz an eine bekannte Malerin des 20. Jahrhunderts: Joan Mitchell. Denn Singers Werke hängen genau dort, wo sich vor nicht allzulanger Zeit Werke von Mitchell befanden.

Letztere wurden im Rahmen der großen Joan Mitchell-Retrospektive hier gezeigt (Joan Mitchell - Retrospective. Her Life and Paintings, 14.11.2015 – 21.2.2016). Singer schnitt aus zwei Wänden jeweils ein Fenster in den exakten Maßen der dort gezeigten Gemälde von Joan Mitchell aus. Dann ließ sie ihre eigenen Werke über diesen Ausschnitten installieren. Eine sehr persönliche, vielschichtige, berührende und somit überzeugende Geste...


Ein Blick in die Vitrine von Christopher Williams mit Materialien und dokumentarischen Fotos zu seiner Auseinandersetzung mit der Worpsweder Landschaft. © Museum Ludwig und Christopher Williams, Foto: Gerd Mörsch

Christopher Williams setzt sich für die Kölner Jubiläumsausstellung intensiv mit einem sehr bekannten Werk auseinander: Die Worpsweder Landschaft von Paula Modersohn-Becker aus dem Jahr 1903.

Zum einen greift er in die Inszenierung des Gemäldes in Köln ein, hintergfragt also dessen Präsentation (mit wem wird es in einem Raum gemeinsam an einer Wand gezeigt und wie genau wird es präsentiert, Höhe etc.) Durch eine von ihm initiierte Umhängung greift der Künstler in das Kerngeschäft des Museumsbetriebs ein und macht es zugleich zum - oft übersehenen oder gar vergessenen? - Thema.


Die Vitrine von Christopher Williams mit den Materialien und dokumentarischen Fotos von seiner Auseinandersetzung mit der Worpsweder Landschaft. Hinten an der Wand (auf dem gedrehten Foto rechts) ist Oldenburgs, 'eigentlich für Köln bestimmtes' Mouse Museum zu sehen © Museum Ludwig und Christopher Williams, Foto: Gerd Mörsch


Zum anderen beauftragt Christopher Williams einen Kunsthistoriker sich intensiv mit dem Werk auseinanderzusetzen. Und dass diese Auftragsarbeit die erste vertiefte Auseinandersetzuing mit dem Werk überhaupt sein soll, wie es die Informationstafel neben der von Christopher Williams geschaffenen Vitrine behauptet, verwundert dann doch.
 

Statt Bildern hier ein paar Zitate aus Hans Haackes Arbeit über den Pralinenmeister Peter Ludwig

Die Guerilla Girls haben es ja - siehe dazu die ausführlichere Besprechung vom November 2016 - deutlich an die Fassade des Museums geschrieben, Kunstmäzene sind nicht immer so altruistisch, wie sie gern von sich selbst behaupten.

Hans Hacke hat dies - fokussiert auf den damals international wirkmächtigen Sammler Peter Ludwig - bereits 1981 mit einer Arbeit deutlich gemacht. Wir zitieren an dieser Stelle ein zwei aussagekräftige Passagen aus Haackes 14-teiliger Arbeit 'Der Pralinenmeister':

Tatort Aachen: Als die Stadt Aachen, die den dort mit seinen Fabriken ansässigen Ludwig sehr gerne dazu bewogen hätte, auch seine prominente Kunstsammlung in Aachen zu dauerhaft zu installieren, also in einem Museum zu präsentieren, 1976 die (vergleichsweise niedrige) Gewerbesteuer anhob, reagierte Ludwig wie folgt:

'Mit der Verdummbeutelung muss ein Ende sein... Mit Steuererhöhungen will ich aber kein Museum!'   

 
Tatort Köln: Im Kontext der nicht minder schwierigen Verhandlungen über einen Museumsneubau in der Domstadt für seine Sammlung zitiert Haacke Peter Ludiwg wie folgt:

'Dass die Sammlung heute 45 Millionen wert ist, ist vor allem dem Umstand zu danken, dass sie jahrelang in einem so prominenten Haus wie dem Wallraf-Richartz-Museum gezeigt wurde. Ich habe für die Bilder und Objekte zusammen nicht mehr als 5 Millionen ausgegeben.'



Ei Akawaras Hommage an Michael Buthe © Museum Ludwig und Ei Akawara, Foto: Gerd Mörsch

Der Künstler Ei Arakawa schafft einen komplexen Dialog mit zwei Werken des Kölner Künstlers Michael Buthe aus der Sammlung des Museum Ludwig.

Die Installation des japanischen Künstlers Arakawa bezieht sich ganz klar auf die beiden durchaus spirituell anmutenden Werke Buthes. Arakawa spiegelt die Werke auf seinen LED-Leinwänden, aus denen zugleich ein Lied, erklingt.
Ausgehend von seinem Interesse an den homosexuellen Beziehungen Buthes zu afrikanischen Männern und dem Einfluss dieser auf sein Werk ließ Arakawa von David Louis Zuckermann und Dan Poston den Song komponieren. Letztere ist stark von der spirituellen Gnawa-Musik aus Marokko beeinflusst.

Ei Akawaras Installation spiegelt und reagiert auf zwei Werke von Michael Buthe © Museum Ludwig und Ei Akawara, Foto: Gerd Mörsch

Außerdem lud er den Filmemacher Michel Auder ein, Auszüge seiner Werke 'Chronicles Morocco' und 'Michael Buthe' zu zeigen, in denen er einen Freund Buthes portraitierte. Eine komplexe, weil vielschichtige Hommage an den Kunst-Schamanen Michael Buthe, der zuletzt in einer Ausstellung in München umfassend gewürdigt wurde.

...to be continued... 

Teil der Jubiläumsausstellung Wir nennen es Ludwig sind die folgenden Künstler: Ge­orges Adéag­bo, Ai Wei­wei, Ei Arakawa & Michel Au­d­er, Min­er­va Cue­vas, Maria Eich­horn, An­drea Fras­er, Meschac Ga­ba, Guerilla Girls, Hans Haacke, Dian­go Hernán­dez, Can­di­da Höfer, Bodys Isek Kin­gelez, Kuehn Malvezzi, Chris­tian Philipp Müller, Mar­cel Oden­bach, Ah­met Ögüt, Claes Ol­d­en­burg, Pratchaya Phin­thong, Ger­hard Richter, Av­ery Singer, Jür­gen Stoll­hans, Rose­marie Trock­el, Vil­la De­sign Group, Chris­to­pher Wil­li­ams. 

Service und Links
- die Website des Museum Ludwig zur Ausstellung, hier
- die Website der Peter und Irene Ludwig Stiftung, hier 

- kunstlich.com über mexikanische Künstlerin Minerva Cuevas im Museum Ludwig, hier
- kunstlich.com über die Guerilla Girls im Museum Ludwig (11.2016), hier
- kunstlich.com über Alexandra Pirici und Manuel: Public Collection (11.2016), hier
- kunstlich.com über Alexandra Pirici und Manuel: Public Collection (09.2016), hier
- Michael Köhler über das Jubiläum und die Ausstellung im Museum Ludwig, hier
- Kunstkritikerin Christiane Vielhaber über das Museum Ludwig, den Mäzen und die Geschichte des Hauses, hier
- Kunst ist Trumpf: 40 Jahre Museum Ludwig, Sabine Oelze über das Museum Ludwig, hier
- Mäzene und Museen - Dörte Hinrichs über das vielschichtige Verhältnis am Beispiel des Kölner Museum Ludwig, hier
- Barbara Engelbach, Kuratorin der Fotosammlung des Museum Ludwig im Gespräch, hier
- das Video zur Kölner Geburtstagsausstellung – Wir nennen es Ludwig, hier
- Museen von Köln bis Peking, der Name Ludwig steht für eines der größten Kunstimperien der Welt, eine aktuelle WDR-Dokumentation, hier
- Ein Museum zieht sich um, eine Multimediareportage von Thomas Köster und Philipp J. Bösel, hier
- Yilmaz Dziewior, Direktor des Museum Ludwig, im Gespräch mit Britta Bürger über die Bedeutung der Sammlung Haubrich,
hier

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