Montag, 8. Mai 2017

Ausstellungstipp: Grüss Göttin - Von Rauschebärten und Geschlechterrollen

Nein, keine Angst, her heben keine rechten Mädels den rechten Arm. Das Bild ist ein Screenshot des Beitrags von Christian Gamperts Rezension der Ausstellung "Die weibliche Seite Gottes" im Jüdischen Museum Hohenems. Das auf dem Bild zu sehende "Grüss Göttin"-Schild der Tiroler Künstlerin Ursula Beiler ist Teil der Ausstellung © Foto imago stock&people)

In Österreich stellt sich das Jüdische Museum Hohenems in einer bemerkenswerten Ausstellung der spannenden Frage, ob der nach jüdischer, christlicher und muslimischer Tradition 'einzige' Gott auch anders als männlich verstanden werden kann?

Das Thema - Stichwort Geschlechterzuschreibung - ist omnipräsent. So eröffnete in Kopenhagen jüngst die erste Frauenmoschee. Die Hohenemser Ausstellung 'Die weibliche Seite Gottes' liefert interessantes Anschaungsmaterial, sensibilisiert und weckt Interesse für eine - wie Christian Gampert sagt - akademisch anmutende Frage - die bei genauer Betrachtung jedoch recht aktuell zu sein scheint...

Grüss Göttin

Nach dem Besuch der Ausstellung werden wir uns den (mittelalterlichen) Madonnenfiguren in Kirchen und Museen sicherlich sensibler nähern. Denn wer hat die häufig dargestellte und daher noch vielen vertraute, 'stillende Maria' der christlichen Ikonographie je als mystische Vereinigung der Gottesmutter mit Jesus verstanden?

Besonders anschaulich und ebenfalls aus dem christlichen Kontext ist eine sogenannte Vierge Ouvrante, eine gefäßartige, skulpturale Maria, die sich öffnen lässt. Diese hölzerne Maria aus dem 15.Jahrhundert trägt Gottvater und Jesus in ihrem aufklappbaren Leib, ist also die Mutter von Vater und Kind... Ketzerei!

Inspierende Konflikte zwischen Dreifaltigkeit und Mutterrolle


Spannende Themen und Figuren wie die eben beispielhaft erwähnten finden sich übrigens auch in dem sehenwerten Kölner Museum Schnüttgen. Jetzt aber zurück nach Hohemens, wo man auf dem Weg nach Venedig im Rahmen der diesjährigen Kunst-Grand-Tour mal durchatmen kann. Hier folgen nun abschließend Informationen vom Jüdischen Museum Hohenems über die Ausstellung 'Die weibliche Seite Gottes':

'Die Ausstellung wirft einen kritischen Blick zurück auf die Quellen aus der sich die Idee des „einen Gottes“ speiste, und auf traditionelle Bilder des Weiblichen in der religiösen Tradition. Sie entdeckt verborgene und verdrängte Überlieferungen alternativer Vorstellungen des Göttlichen. Die Möglichkeit einer – mal mehr mal weniger – sexuell weiblich definierten Dimension Gottes blitzt in der hebräischen Bibel, in außerkanonischen Schriften und in der rabbinischen Literatur auf.

Explizit lebt sie vor allem in der jüdischen Mystik fort – um im 20. Jahrhundert folgenreich wiederentdeckt zu werden: nicht zuletzt in der Praxis jüdischer, christlicher und muslimischer Frauen und in den Arbeiten von Künstlerinnen, die den Rahmen überkommener Bilder von Geschlecht und Heiligkeit sprengen.

Im Alten Orient wurden weibliche Gottheiten meist nur in enger Verbindung zu ihren männlichen Partnern wahrgenommen. Das spiegelt sich auch in der Herausbildung des Jahwismus wider. Obwohl das Bilderverbot auch die Frage nach einer konkreten Geschlechterzuschreibung ausschloss, wurde das Verständnis von Gott, „dem Herrn“, in den monotheistischen Weltreligionen eindeutig männlich definiert.

Die Ausstellung hinterfragt Vorstellungen von Weiblichem als negativer Antithese zu Männlichem und stellt jüdische und andere Frauen in den Blick, die ihre eigenen Dimensionen des Göttlichen suchten und suchen.'

Service

'Die weibliche Seite Gottes'
Jüdisches Museum Hohenems
Villa Heimann-Rosenthal - Schweizer Str. 5, 6845 Hohenems
Tel. +43 (0)5576 73989-0 - office@jm-hohenems.at 

noch bis zum bis 8. Oktober 2017

Links 

- Christian Gamperts Rezension der Ausstellung 'Die weibliche Seite Gottes' macht Lust auf eine Reise nach Hohemens, hier
- die Website zur Ausstellung 'Die weibliche Seite Gottes', hier
- die Sammlung des Kölner Museum Schnütgen, Thema Maria und Christus, hier 

- passend dazu ein Filmtipp: Die Kirchensatire Dogma (1999), hier 
- alles über den Film Dogma findet man auf IMDB.com, hier 
- verwandte Themen, Mechthild Klein über Feministischen Buddhismus, hier 
- verwandte Themen, Ulrike Hummel über die erste Frauenmoschee in Europa, hier
- und passend dazu Abdul-Ahmad Rashid über Vorbeterinnen in London, hier 


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