Dienstag, 7. Juni 2016

Wien: Oswald Oberhuber - Retrospektive - noch bis zum 26. Juni


In Wien widmet sich das 21er Haus einem, dessen Kredo im Sinne des ständigen Wandels die Stillosigkeit ist. Die Oswald Oberhuber Retrospektive zeigt, dass es sich hierbei nicht um schlechten Geschmack bzw. die Verweigerung des vermeintlichen guten handelt. 

Ich denke niemals an eine künstlerische Entwicklung - Diesem Motto entsprechend ist Oberhubers Schaffen ist wahrhaft vielseitig, die Ausstellung ermöglicht ein Wandern durch die (westliche) Kunstgeschichte nach 1945.

Für die gelungene Inszenierung der mit 300 Werken recht umfangeichen Retrospektive ist auch die nach einer Zeichnung Oberhubers entstandene Ausstellungsarchitektur verantwortlich. Sie fügt sich stimmig in die wunderbare 1950er Architektur des 21er Hauses, weil sie sich an deren Leichtigkeit, Klar- und Schlichtheit orientiert.

Picasso, Masson und Ernst...

Leider durften wir uns nicht auf den Sockel begeben, der es uns - laut Oberhuber - erlaubt hätte, dass Führergefühl zu erleben, schade eigentlich. In seinem sympathischen bescheidenen Vortrag 'Die Kunst kommt von der Kunst' nennt Oberhuber drei Künstler, die ihn in seinen jungen Jahren wesentlich beeinflussten: Picasso, vor allem dessen plastisches Werk, Masson, weil dieser so experimentell arbeite, und Max Ernst - eben nicht Pollock - mit seinen Spritztechniken seien für ihn wichtige Impulsgeber gewesen.

In diesem Kontext wollen wir jene Begegnung der beiden Kunstkleckser Ernst und Pollock erwähnen, die von vielen - zuletzt Kasper König in Bonn - kolportiert wird. New York, 1950er Jahre, eine jener legendären Kunstjetset-Parties: Max Ernst und Jackson Pollock begegnen sich in der Nähe des Kamins. Als Ernst Pollock darauf anspricht, dass dessen drippings ja wohl eindeutig von seinen Spritzbildern inspiriert seien, dreht Pollock sich schweigend zum Kamin und uriniert in den Kamin...

Also, auf nach Wien!

Wien ist bekanntlich immer eine Reise wert. Und das nahe am Bahnhof gelegene 21er Haus bietet mit seiner aktuellen Oberhuber Retrospektive jetzt eine wahrlich vielseitige Gelegenheit, in die Nachkriegs-(Kunst-)Geschichte der Alpenrepublik einzusteigen. Und  wie das Presseclipping andeutet, scheint die Werkschau eines der einflussreichsten Künstlerpersöhnlichkeiten Österreichs in Deutschland kaum wahrgenommen zu werden.
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Zum Schluss der offizielle Pressetext des 21er Hauses:

''Oswald Oberhuber (*1931) zählt zu den einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten Österreichs. Diese Werkschau ist eine der bis dato umfangreichsten Präsentation seines Œuvres und zeigt rund 300 Arbeiten von den späten 1940er-Jahren bis heute, die die Vielfalt der eingesetzten Medien widerspiegeln, darunter Schlüsselwerke aus allen Schaffensperioden: von informeller Plastik, Malerei, Collage, Assemblage und Skulptur über Schrift- und Zahlenbilder, große Tucharbeiten bis zur Zeichnung, die sich als Konstante durch Oberhubers Œuvre zieht.

„Man sollte keinen Stil entwickeln, eigentlich soll jedes Bild neu sein. Du bekommst irgendwann eine Routine und weißt, wie es wird. Sobald ich die gespürt habe, ist mir langweilig geworden.“

 
Diesem Prinzip der permanenten Veränderung ist Oswald Oberhuber nicht nur künstlerisch verschrieben, es prägte auch seine Tätigkeit unter anderem als Ausstellungsmacher, Galerist, Professor und Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien.

Oswald Oberhubers Werk steht für die permanente Veränderung und damit für den radikalen Bruch mit der Idee eines einheitlichen, stilistisch durchgängigen Œuvres – er ist, wenn man so will, ein postmoderner Künstler avant la lettre. Das repräsentiert die Ausstellung in ihrer Vielfältigkeit. „Zugleich“,so die Kuratoren Luisa Ziaja und Alfred Weidinger, „wird in all der Diversität der eingesetzten Stile, Medien, Materialien und Techniken letztlich immer Oswald Oberhuber sichtbar. Sein Umgang mit Form und Farbigkeit, sein Fokus auf die Linie ziehen sich wie ein roter Faden durch das Werk und werden in der Neben- und Gegenüberstellung der Arbeiten in der Ausstellung augenfällig. Die auf einer Idee Oberhubers basierende Ausstellungsarchitektur für das 21er Haus ermöglicht im Zusammenspiel mit den gezeigten Kunstwerken genau dies: überraschende Momente zwischen Neuorientierung und Kontinuität.“

Wegbereiter der informellen Kunst in Österreich


Oswald Oberhuber lernt zunächst Bildhauerei an der Bundesgewerbeschule in Innsbruck. Bereits als knapp Zwanzigjähriger entwickelt er eine höchst eigenständige künstlerische Auseinandersetzung mit französischer Nachkriegskunst, insbesondere mit dem Tachismus und dem Informel, in den Medien Zeichnung, Malerei und Skulptur. Diese gegenstandslose Kunst, auch als lyrische Abstraktion bezeichnet, strebt die vollkommene Auflösung der Form in einem spontanen, unbewussten Schaffensprozess an. Oberhuber ist nicht nur einer der ersten informellen Künstler in Österreich, mit der Übersetzung dieser Prinzipien von der Malerei in sein Konzept der informellen Plastik leistet er auch im internationalen Kontext einen singulären Beitrag. Diese Arbeiten sind meist in Gips, Draht und anderen fragilen Materialien als dreidimensionale Raumzeichnung ausgeführt. Sie setzen sich radikal von der damals kanonischen Formensprache der Moderne im Allgemeinen und von postkubistischer Skulptur im Besonderen ab. Mitte der 1950er-Jahre, am Höhepunkt des Informel, beendet Oberhuber diese Phase, beginnt realistisch zu arbeiten und macht den ersten einer Vielzahl von künstlerischen Sprüngen, die fortan sein Werk bestimmen.

Permanente Veränderung


Diesem Muster des überraschenden Neuanfangs, das von geistiger Mobilität und Aufgeschlossenheit zeugt, folgt Oberhuber mit großer Konsequenz. In Anlehnung an Leo Trotzkis Begriff der permanenten Revolution postuliert er 1956 das Prinzip der permanenten Veränderung in der Kunst. Sich stets einer Festlegung und Kategorisierung entziehend, frei von Berührungsängsten, setzt sich Oberhuber mit verschiedensten künstlerischen Strömungen auseinander, entdeckt und erfindet, experimentiert und assimiliert, um das jeweilige Potenzial auszuschöpfen bis zum nächsten Neuen. Sein antiheroischer Zugang zur Kunst zeigt sich in der ständigen Hinterfragung der eigenen Mittel, der Rahmenbedingungen künstlerischer Bedeutungsproduktion und des Werk- und Autorbegriffs, die immer wieder ins Wanken geraten. ''


Service 

 21er Haus
Arsenalstraße 1
1030 Wien
T +43 1 795 57 770
public@21erhaus.at

Links
- ORF über Oswald Oberhuber im 21er Haus in Wien
- Die Presse über die Oberhuber Retrospektive in Wien
- Der Standard über die Oswald Oberhuber Ausstellung
- Die Salzburger Nachrichten über Oberhuber im Wiener 21er Haus
- Die Kunst entsteht durch die Kunst - Vortrag Oswald Oberhuber 24. April 2016

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