Mittwoch, 22. Februar 2017

Kassel: Sepulkralmuseum - Hommage an Harry Kramer - bis zum 17. April

Ein Screenshot der Einladung zur Harry Kramer Ausstellung. Es zeigt den Protagonisten in gewohnt cooler Pose und ein Filmstill seines Films 'Die Schleuse' von 1961. © documenta Archiv, Nachlass Harry Kramer und Stadt Kassel

Das aufgrund seiner Architektur und der einzigartigen Sammlung allein schon durchaus sehenswerte Museum für Sepulkralkultur in Kassel widmet sich einem in letzter Zeit leider etwas in Vergessenheit geratenen Künstler: Harry Kramer. 

Es ist bezeichnend, dass der 1997 verstorbene Sohn der Stadt Kassel, der eigentlich 1925 Lingen geboren wurde, im Kasseler Museum für Sepulkralkultur gezeigt wird. Zum einen ist Kramer durch seine Initiative zur Künstlernekropole am Blauen See im Kasseler Habichtswald bekannt. Lange bevor es in Mode kam, die traditionellen Bestattungriten in Frage zu stellen, kämpfte Kramer unermütlich für seine Idee von einer Künstlernekropole.

Zum anderen war Harry Kramer als Professor eine der produktivsten und zugleich provozierendsten Figuren an der Kasseler Kunsthochschule. Er war für über 20 Jahre einflussreicher Lehrer zahlreicher Studierender. Und für diese Rolle hatte er seine vielversprechend begonnene Karriere als international gefeierter Künstler aufgegeben.


Lehre statt Karriere 

Der ‚Friseur aus Lingen‘, wie sich Kramer selbstironisch gerne bezeichnete, verdingte sich als junger Mann u.a. als Schauspieler, Tänzer und Puppenspieler. Bereits in den 1950er und dann in den 1960er Jahren avancierte er zu einem international vielbeachteten Künstler. Zuerst mit seinem mechanischen Theater (1952) und dann mit den sogenannten automobilen Skulpturen, mit denen er mehrere experimentelle Filme drehte.

Seine mit dem Kameramann Wolfgang Ramsbott produzierten Experimentalfilme wurden mit Preisen geehrt, so etwa der Film »Die Stadt« (1956), der mit dem US-amerikanischen »Award of Distinction« ausgezeichnet wurde. Weitere Filme Kramers wurden mit dem Bundesfilmpreis und dem »Grand Prix de Leone« in Venedig ausgezeichnet.


Klare Kante - der Skandalprofessor aus Kassel


Aufgrund seiner bewegten Objekte wurde Harry Kramer wie Jean Tinguely zu einem der bekanntesten Protagonisten der kinetischen Kunst. 1964 war er auf im Rahmen der documenta III prominent in der Abteilung "Licht und Bewegung" vertreten.

Auch an der Hochschule für bildende Künste in Kassel erlangte Harry Kramer mit seiner kompromisslosen Hingabe rasch große Anerkennung. Zusammen mit seinen Studierenden
erarbeitete Kramer bundesweit aufsehenerregende Gemeinschaftsarbeiten, -aktionen und Performances, die unter dem Namen »Atelier Kramer« präsentiert wurden. 

Das für die damalige Zeit avantgardistische Nekropolen-Projekt Harry Kramers sollte zugleich auch sein letztes sein. Im Gegensatz zu den zahlreichen, teils raumgreifenden Skulpturen, Plastiken und Environments der Künstlernekropole wurde Kramers Urne  anonym unter einem Baum bestattet. Seine Motivation für das Projekt formulierte er wie folgt:

"Die Künstler haben keinen Einfluss auf Kulturpolitik, Museumsankäufe und Programme internationaler Ausstellungen. Genau besehen, ist das auch gut so; sie würden sich sonst als Gladiatoren in der Arena selbst ausrotten. Der Wettstreit auf dem Friedhof der Eitelkeiten ist ein unblutiger. Melancholie, Einsamkeit und Repräsentanz dieses Berufs kann sich keinen geeigneteren Ort der Selbstrealisierung und Selbstinszenierung wünschen. Der Künstler kann nur beim eigenen Grabmal sich selbst Auftraggeber und Mäzen sein. Allein das ist Legitimation genug."


Ehrliche Bilanz: Melancholie, Einsamkeit und Gladiatorenkämpfe

Das von seiner Frau Helga Kramer in Anlehnung an sein Atelier eingerichtete Harry Kramer Archiv befindet sich im, dem documenta Archiv nahe nahegelegenen Aschrotthaus in Kassel. Leider verharrt der umfangreiche Nachlass, der persönliche Gegenstände, Kunstwerke und Archivalien zu seinem künstlerischen Schaffen, aber auch seiner Lehrtätigkeit aufweist, seit Jahren in einem Dornröschenschlaf.

Und so bleibt nur zu hoffen, dass sich die Kasseler Kunsthochschule in Kooperation mit dem hoffentlich bald Realität werden documenta Institut in naher Zukunft diesem Nachlass widmet. Denn neben Kramer besitzt das Archiv auch die Nachlässe von den einflussreichen, ehemaligen Professoren Arnold Bode und Hans Hillmann...

Service und Links 

HARRY KRAMER 25.1.1924 – 20.2.1997
20. Februar – 17. April 2017

Museum für Sepulkralkultur
Weinbergstraße 25–27 | 34117 Kassel
T. 0561 91893-0
www.sepulkralmuseum.de



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