Samstag, 19. Januar 2013

Endlich wieder da: Wörter, von Industriespionage und anderen herrlichen Anekdoten

Ein teutonischer Laubfrosch in Schwarzweiß © Unbekannter Meister
Zugegeben, die Rubrik Wörter widmete sich ursprünglich eben nur jenen. Doch wir wollen das mal nicht so eng sehen und Ihre Aufmerksamkeit - durchaus der Wörter-Rubrikidee verwandt - stellvertretend auf eine wundersame, scheinbar recht junge Redewendungen lenken: Das Selbe in Grün.

Ja, das könnte man auch sagen, wenn Rubrik-Puristen sich in eben jene, oben einleitend erwähnte Diskussion vertiefen. Aber machen wir an dieser Stelle mit diesen scheinbar dialektischen Spitzfindigkeiten mal einen Punkt. Denn es geht um das herrliche Autobil oben, ein Opel! 

Die Wiege des Fuchsschwanzes? Von wegen Adam...

Unter der Typenbezeichnung 4/12PS brachte Opel im Frühjahr 1924 diesen Wagen auf den Markt, ein Modell, eine Farbe: Grasgrün. Wohl nicht nur aufgrund jener Farbe wurde das sehr erfolgreiche Produkt - bis 1931 wurden über 119. Tausend verkauft - vom Volksmund liebevoll als Laubfrosch bezeichnet. 

Die andere Seite © Unbekannter Meister
Und somit zeigt sich auch hier wieder die Rechtmäßigkeit dieses Artikels, denn wer, wenn nicht der Volksmund, bringt Wörter hervor? Ja und wer wird in Kürze - wohl leider im wahrsten Sinne des Wortes - den schon heute selten anzutreffenden grünen Genossen noch kennen?

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Aber zurück zum Thema und nun endlich kommen wir vom Wort zur Redewendung: Weil in Frankreich nur wenige Jahre vor Opels Typ4 der Citroën Typ C - auch bekannt als Citroën 5 HP bzw. Citroën 5 CV - auf dem Markt kam und dort ebenso erfolgreich - 1922-1926 rund 80. Tausend - verkauft wurde, hat der listige rheinländische Volksmund wieder seinen neologistischen Genuis aufblitzen lassen und sprach: 
Dat iss doch dat Selbe inn Schrün!

Frankreich versus Schopenhauer?

Dasselbe in Grün also? Viele dachten das wohl und so entstand die Legende vom Ursprung der grünen Redewendung, die auf deutscher Industriespionage bzw. einem bekannten Urheberrechtsstreitfall zu beruhen schien. Allerdings gibt es viele Indizien für einen anderen Ursprung bzw. solche, die eindeutig belegen, dass die Formulierung schon vorher populär war. Sehen Sie selbst:

Joseph Herrmannsdörfer, 1903, Beiblatt der Fliegenden Blätter 1903, Nr. 3045 (23) Fünftes Blatt, München, den 4. Dezember 1903, 119. Band
Und fernab vom Datum eröffnet Herrmannsdörfers fliegendes Blatt eine weitere Deutungsebene: Ein prädixhafter Snob steht mondän vorm Fahrkartenschalter. Da er zum selben Ort, wie der - wesentlich symphatischere und doch nicht minder wohlhabend dargestellte - Passagier vor ihm, der eine Fahrkarte dritter Klasse erwarb, reisen möchte, bestellt er wie folgt: „Dasselbe in Jrün!“ 

Nur Gelb ist gelber als Gelb selber

Schon Goethe philosophierte ja gern über Farben, aber jetzt zurück zu Herrmannsdörfer und der nächsten Erklärung: Kurz und knapp - wenn auch mit etwas rheinländischen Einschlag - zeigt der feine Herr mit diesem Spruch an, dass er eine - grüne - Fahrkarte für die teurere zweite Klasse möchte. War der Laubfrosch also nur die Snob-Variante - weil kostspieligere - vom französischen Torpedo? 

Wer hat's erfunden? Die Philosophenmama war's!

Wir sagen: Diese knifflige Frage sollen Automobilhistoriker klären. Denn wieder andere sagen, der Spruch "das Selbe in Grün" stamme von den Schopenhauers. Was wir viel überzeugender finden, denn allein über die Frage, ''Dasselbe'' oder ''Das Selbe', also das Selbst?'', kann man ewig philosophieren. 

Verhalten sich VW und Skoda wie Torpedo und Laubfrosch zueinander? 

Und auch bei den Philosophen zeigt sich wieder sozialpolitischer Sprengstoff. Um 1800 berichtet Johanna Schopenhauer folgende Anekdote: Eine der französischen Sprache nicht vertraute Hausangestellte bestellt Textilien mit jenen folgenreichen Worten: „Dieselbe Couleur, aber in Grün“ und gibt dem Verkäufer ein rosarotes Band - das Stoffmuster - wieder zurück. Den Rest können Sie sich jetzt denken...

Warhol oder was? © Unbekannter Meister

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