Sonntag, 22. April 2012

Von Mönchen, Räubern und Kopisten

Fiese Kopierer bei ihrem Werk? Trotz der verdächtig dunklen Augen ist dies eher ungewiss. Angesichts der momentanen Debatte tut man aber gut daran zu erinnern, dass schon Goethe sich über Raubkopien lautstark und wortgewaltig beschwerte.

Räuber und Raubkopien sind mindestens so alt wie Privatbesitz und Druckerpresse. Daran hat auch Stefan Niggemeier in seinem Essay Raubkopie erinnert und betont, dass das ganze Elend der Urheberrechts-Debatte - wie so oft - schon im fragwürdigen Begriff steckt...

Denn trotz und gerade angesichts der Aufgeregtheit der seit Jahrzehnten verschlafenen Debatte sei daran erinnert: (Raub-) Kopieren ist keine neue Tätigkeit. Wie leer wären die Bibliotheken der Welt ohne die Kopierstunden der Mönche? Der schillernde - oder schillerhafte?- Begriff der Raubkopie wird von Urhebern und Produzenten verwendet, um den ungenehmigten Vertrieb von Produkten zu bezeichnen. Doch dahinter steckt - mal ganz abgesehen von Guten- und Guttenberg-Debatte - viel mehr...

Hart aber gerecht? Filmstill eines Werbespots der Filmindustrie

Knast oder Kopierstube: Wann kommt Papa wieder?

Noch liegt der definitive Ursprung des Begriffs "Raubkopie" im Dunkeln. Doch neben fragwürdigen Werbespots und -maßnahmen - wie Probesitzen im Knast - ist klar, dass die sogenannte ''Rechteindustrie'' ein großes Interesse daran hat, den Übergang jenes Wortes in den allgemeinen Sprachgebrauch zu fördern.

Schon Mönche wurden für's Kopieren eingeschlossen...

Denn die Räuber-Metapher ersetzt erfolgreich den - dank moderner Technik sehr - abstrakten Vorgang, die Verletzung
von Urheberrechten. Sie brennt sich dank der historischen Wurzeln und negativen Konnotationen im kollektiven Gedächtnis langsam fest und trägt in diesem Sinne nicht gerade zur Deeskalation bei...

Aber, kunstlich.com möchte und kann an dieser Stelle keine, geschweige denn eine eindeutige Position beziehen, sondern
1. die - wie so oft pauschal geführte - Debatte durch den Verweis auf die Vielschichtigkeit des Themas fördern und
2. zugleich das Bewusstsein um die gesellschaftliche Notwendigkeit der Formulierung eines zeitgemäßen Urheberrechts schärfen.

Links:

Der Spiegel - Stefan Niggemeiers Essay: Raubkopie
D-Radio Wissen: Die Raubkopie moralisch betrachtet
Weitere Artikel zum Thema Urheberrecht und Raubkopie
Interviews, Featurtes Artikel zum Thema Urheberrecht und Raubkopie

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