Montag, 8. November 2010

Once in a lifetime!!! PICASSO im Kusthaus Zürich


Man möchte sagen: "solch eine Ausstellung gab es noch nie und solch eine Ausstellung wird auch nie wieder möglich sein!" Von dieser Aussage stimmt jedoch nur der eine Teil, und zwar ist ziemlich sicher, dass solch eine Ausstellung nie wieder möglich sein wird, des Aufwandes, aber vor allem der Kosten wegen - aber: diese Ausstellung gab es schon einmal. Aber damals war es, genau wie heute ein großes Glück, dass sie stattfinden konnte, oder vielmehr handelte es sich ebenso um ein mühsam erarbeitetes Wunder, der Ausdauer einiger zäher
Persönlichkeiten geschuldet:

Kunsthaus Zürich: Picasso, 1932 und 2010

Man Ray, Pablo Picasso, 1933 (Ausschnitt), © Man Ray Trust/2010 ProLitteris, Zürich


1932 gelang es, aufgrund verschiedener Umstände, Picasso und vor allem seine Galeristen dazu zu bewegen einer Einzelausstellung in Zürich zuzustimmen, einer Retrospektive. Grundsätzlich wollte Picasso eine Ausstellung, es gab jedoch nicht viele Möglichkeiten. In den meisten europäischen Ländern wurden keine zeitgenössischen Künstler gezeigt, in Deutschland war die politische Situation zu unsicher und die einzige moderne Institution in den USA war nicht mit den "Bedingungen" einverstanden. Alfred Barr konnte oder wollte die Integrität des gerade eröffneten MoMA nicht kritischem Argwohn aussetzen, indem er eine Ausstellung, die vom Künstler selbst und dem Handel kuratiert wurde, zuließ. Und somit war die Schweiz, das Kunsthaus, mit der Möglichkeit aus der Ausstellung heraus zu verkaufen, wenn auch in der wirtschaftlichen Krise eher die Werbung als der Verkauf im Vordergrund stand, der perfekte Ort für eine Retrospektive. Die für einen lebenden Künstler zudem durchaus unüblich war.


Zwei Jahrhundertausstellungen

Über 200 Gemälde und Plastiken wurden 1932 gezeigt. Von frühen Werken der so genannten "blauen Periode" bis hin zu frisch im Ausstellungsjahr entstandenen
.

Ausstellungsansichten 1932, © Kunsthaus Zürich

Unmöglich, alle gezeigten Werke von 1932 auch heute wieder an einen Ort zu schaffen, aber einen großen Teil und einige wichtige, bezeichnende Werke aus Picassos Œuvre gelang es Tobia Bezzola erneut nach Zürich zu h
olen.

Nicht nur der historische Wert der Ausstellung an sich, als Meilenstein der Kunstgeschichte und der einzelnen Kunstwerke, sondern vor allem der didaktische Wert der heutigen Ausstellung rechtfertigt schon den Aufwand und die Kosten, die das Kunsthaus und Organisatoren auf sich genommen haben. 1932 konnte man es schon erahnen und heute wissen wir, was sich aus dem Gezeigten entwickelte oder entwickeln würde: der so genannte "Stil Picasso".

Der "Stil Picasso"

In der Ausstellung erkennt man die immer so bezeichneten Phasen Picassos (die sich jedoch eigentlich überschneiden, abwechseln und wiederholen), die eher verschiedene Formensprachen sind. Stark zusammengefasst: man erkennt eine figurative, in den klassizistischen Gemälden übertriebene, körperhafte Ausdrucksweise und man sieht beispielsweise in den kubistischen Arbeiten die Dekonstruktion, das Zersplittern, das konzentrieren, verflächigen der Form. Und als drittes zeigt die surrealistische Ausdrucksweise, das verformen, dehnen, schmelzen der Form. In den Werken von 1932, beispielsweise in einem Porträt Marie-Therese Walters, sitzend auf einem Stuhl, lässt sich bereits ein Eindruck erheischen, auf das was Picasso in den nächsten Jahren schaffen wird.
Er verbindet figurative mit kubistischen Elementen und nutzt den Surrealismus als Katalysator, der diese Verbindung erst möglich macht. Die Figur wird nicht mehr nur abgebildet und nicht mehr zerstört oder dekonstruiert, sie wird nun unabhängig von Zeit und Raum aus verschiedenen Perspektiven und auf verschiedenen Verständnisebenen gleichzeitig abgebildet, etwas was nur Picasso tut. Das ist es, wofür er von so vielen geliebt wird und gleichzeitig so viel Unverständnis erntet. Aber eben diese Ambivalenz macht ihn zu einem ewigen Modernen.

Der gelbe Gürtel: Marie-Thérèse
(La ceinture jaune: Marie-Thérèse), 1932
Öl auf Leinwand, 131 x 97 cm
Courtesy Nahmad Collection, Switzerland


Die teuerste Ausstellung des Kunsthauses

Über den Wert sollte man in der Kunst nicht sprechen, vor allem wenn es sich, wie im Falle Picassos, um Fantasiesummen handelt, die jeglichem Vergleich spotten. Auf dem Kunstmarkt würden die meisten ausgestellten Gemälde wohl Preise zwischen 20 und 80 Millionen Euro erreichen. Man kann das schwer schätzen, aber Erfahrungswerte und vorangegangene Auktionen lassen dies vermuten. Bei über 70 Gemälden, 3 Bronzeplastiken und einigen Radierungen lässt sich ein Gesamtwert vermuten, der in die Milliarden ginge, stünden diese Kunstwerke zum Verkauf - Was heute so schamlos klingt, war 1932 im übrigen Usus, dasKunsthaus verkaufte aus den Ausstellungen heraus. Man kann also nur vermuten welch astronomischer Versicherungswert der Ausstellung im Wege stand. Kein Museum der Welt kann solche Summen alleine stemmen. Das bedeutet, es mussten mehrere Versicherungskonzerne zusammen mit dem Kunsthaus und der Credit Suisse diese immensen Werte absichern. Somit lässt sich vermuten, dass diese Ausstellung an einem anderen Ort, oder in einem anderen Museum nicht möglich gewesen wäre.

Mann mit Klarinette (L'homme à la clarinette), 1911/12Öl auf Leinwand, 106 x 69 cmMuseo Thyssen-Bornemisza, Madrid

Es muss den Kurator Tobia Bezzola unglaubliche Überzeugungsarbeit gekostet haben, all diese einmaligen Kunstwerke Ihren Besitzern und Hütern für den Zeitraum der Ausstellung zu entreißen. Hervorgehoben werden muss in diesem Zusammenhang auch das Musée Picasso in Paris, dass scheinbar als einziges Museum das Projekt am Kunsthaus komplett ignorierte und nicht nur durch Abwesenheit sondern vor allem durch Unhöflichkeit glänzt, die weit über die übliche Arroganz französischer Museen, was Leihgaben angeht, hinausgeht.

Sitzende (Frau im Hemd)(Femme assise (Femme à la chemise)), 1921Öl auf Leinwand, 116 x 73 cm Staatsgalerie Stuttgart, Sammlung Steegmann

Es handelt sich um eine "once-in-a-lifetime"-Ausstellung, die jedem (kunstinteressiert oder nicht) eine Gänsehaut beschert. Jeder, der irgendwie die Möglichkeit hat nach Zürich zu kommen, sollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen - man weiß nie, ob diese Werke jemals wieder zusammen zu sehen sein werden.

Service:
eine Vorbestellung beispielsweise über ticketcorner.ch lohnt sich






Keine Kommentare: