Freitag, 25. November 2016
Neue Formen des (demokratischen?) Faschismus - Symposium
In wenigen Tagen wird in Österreich gewählt. Klar, die überwältigende Mehrheit der Kulturschaffenden steht auf der Seite des liberalen Kandidaten. Auch die Konkurrentin des neuen US-Präsidenten hatte die meisten Intellektuellen hinter sich. Aber wir wissen, wie die Wahl ausgegangen ist...
Daher folgt hier nun ein Debattentipp zum Thema, ein Auszug aus dem aktuellen Pressetext des Kasseler Fridericianums: Anlässlich der Ausstellung von Loretta Fahrenholz veranstaltet das Fridericianum ein Symposium, das sich der Frage nach neuen Formen des Faschismus widmet.
Hand in Hand: Kapitalismus und Faschismus
In ihrem Roman Nach Mitternacht (1937) schildert Irmgard Keun den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland Ende der dreißiger Jahre. Angst, Kontrolle und Willkür beherrschen das Leben. In ihrer aktuellen Ausstellung im Fridericianum greift die Künstlerin Loretta Fahrenholz Parallelen zum aktuellen Zeitgeschehen auf: Frei nach Keuns Exilroman hat die Künstlerin mit Two A.M. einen soziofiktionalen Film gedreht, dessen Analogien mit der Gegenwärtigkeit von Überwachung, Kapitalismus und neu aufkommendem Faschismus erschreckend sind.
Die neue, faschistische Internationale
Eines der zentralen Merkmale der neuen Rechten, vom ungarischen Ministerpräsidenten bis zu Marine Le Pen, ist, dass sie ihrem Selbstverständnis nach allesamt Demokraten sind. Wenn man sie selbst sprechen hört, werden sie sogar jeden Tag demokratischer. Die AfD beruft sich, ohne zu erröten, auf eine Widerstandgruppe im dritten Reich: auf die „Weiße Rose“. Und die französische Front National verkündet stolz, dass sie die einzige Partei Frankreichs gewesen sei, die unter ihren Mitgliedern demokratisch über die europäische Verfassung habe abstimmen lassen. Tatsächlich hatten alle etablierten Parteien Frankreichs auf eine solche Abstimmung verzichtet, weil sie Angst vor einem die Europa-Verfassung ablehnenden Ergebnis hatten.
Kein Widerspruch in sich? Rechtsextreme Demokraten
Man kann somit in der Undurchsichtigkeit der europäischen Institutionen einen der Gründe für das Aufkommen neurechter Bewegungen in allen Ländern Europas markieren. Ebenso, wie man die mit Sicherheit in der nächsten Zeit nicht abnehmenden Migrations- und Fluchtbewegungen als einen weiteren Grund für das Erstarken der neuen Rechten und nationalen Parteien benennen kann. Dabei muss man mit Zeev Sternhell feststellen, dass die faschistische Mentalität seit ihrem Beginn zu Anfang des 20. Jahrhunderts nie verschwunden war.
Von der Wiederkehr des Alten und neuen Herausforderungen
Faschistische Strömungen waren immer mehr oder weniger sichtbar vorhanden. Sie treten aktuell wieder sichtbar und in neuem Gewand auf. Der Faschismus hat sich neu erfunden, wie Alain Badiou bereits vor über zehn Jahren anmerkte. Er hat neue Formen angenommen, die man analysieren muss, und dazu reichen die alten Faschismustheorien nicht mehr aus.
Das Symposium findet in englischer Sprache statt. Die Teilnahme ist frei. Wir bitten um Anmeldung unter: symposium@fridericianum.org
Programm
10.30 – 13.00
Susanne Pfeffer (Einführung)
Franco “Bifo” Berardi, Wilhelm Heitmeyer: Group-Focused Enmity, Social Disintegration and Right-Wing Populism in a Process of Escalation
14.00 – 16.00
Chantal Mouffe: The Populist Moment
G. M. Tamás: Fascism Without Fascism
16.30 – 19.00
Didier Eribon: What’s Next? Reflections on the Categories of Political Theory
Diskussion
Moderation: Gernot Kamecke
Service und Links
www.fridericianum.org
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