Mittwoch, 29. März 2017

Déjà-vue: Duisburg - Jana Sterbak. Life-Size. Lebensgröße

Nein, das sind keine Werke von Jana Sterbak. Es sind Ausschnitte der beiden Arbeiten 'Pansen' und 'Schweinedarm' von Eberhard Weible, beide 2001, Lambdaprint auf Dibond, jeweils 100 x 205 cm © Eberhard Weible

Wer regelmäßig durch Ausstellungsräume streift, kennt das Gefühl: Das kenne ich doch! So ging es uns zuletzt bei der aktuellen Schau im Duisburger Lehmbruck Museum, das Jana Sterbak eine Retrospektive widmet. Mit dem Motiv der Frau im Fleischkleid haben die Kuratoren einen perfekten Köder ausgelegt. Er zieht Blicke auf sich.

Doch zunächst zurück zum einleitenden Gefühl. Handelt es sich bei der Arbeit um ein Plagiat, eine Hommage oder Unwissenheit bzw. -kenntnis? Man muss ja nicht gleich - wie der von uns geschätzte Timm Ulrichs - Böses denken. Denn dass der unglaublich umtriebige, in Kürze 77jährige Ulrichs immer wieder mal mehr, mal weniger öffentlich beklagt, jene Arbeit sei eine schlechte Kopie bzw. ein unverschämtes Plagiat einer Arbeit von ihm aus den 1960er, 1970ern oder 1980ern, macht die Sache nicht besser. 

Der geniale, selbsternannte und tatsächliche Totalkünstler ist letztlich Opfer seiner jahrzehntelang anhaltenden Produktivität geworden. Zielführender ist daher ein Dialog, der die Frage, ob es sich um ein Plagiat, eine Hommage oder schlichte Unwissenheit handelt, klären hilft. Und mal ehrlich: Wen wundert es, dass bei einer so immensen Kunstproduktion, wie wir sie seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erleben dürfen, Ideen nicht nur in einem Kopf auftauchen? 

Nur ein Remix oder was?

Zurecht wurde die Auffassung, der Künstlergenius müsse aus dem Nichts immer wieder einzigartige Arbeiten entwickeln und realisieren in Frage gestellt. Und angesichts des zuvor erwähnten Ausmaßes an künstlerischer Produktion wird es nicht leichter, diesen fragwürdigen Anspruch zu erfüllen. Nach diesen einleitenden Gedanken kommen wir nun aber zurück nach Duisburg. Nach einem kurzem Zwischenstopp in Köln, Haltestelle Volkhoven.

Dort stellte der Fotograf Eberhard Weible 2002 irritierende Portraits in der Simultanhalle aus. Die großformatigen Fotoarbeiten spielten mit dem klassischen Sujet, variierten zwischen Modefotografie und theatraler Inszenierung. Und der gemeinsame Nenner der von Weible portraitierten Menschen war die tierische zweite Haut.

Die tierische, zweite Haut, ein Vegetarier-Alptraum

Weible inszenierte seine Modelle in Schweine- und Rinderdärme gekleidet oder in Pansen gehüllt. Augen wurden zur Kette, ein gehäuteter Hase zum Schal, eine Lunge wurde - wie der Kopf eines Fisches - zum exzentrischen Hut. Doch der Künstler zielte weniger auf Ekeleffekt und Skandal als auf die verborgenen Seiten der Portraitierten. Denn durch die ungewöhnliche Materialität und Form der tierischen Bekleidung unterstrich er ihre individuellen Eigenschaften.  

Die Arbeiten
der tschechisch-kanadischen Künstlerin Jana Sterbak dagegen kreisen um große Themen wie Liebe, Leben und Tod, heisst es im Begleittext und den Pressemitteilungen des Duisburger Museums. In ihrem poetischen wie vielseitigen Werk sind Fleisch, Haut, Haare, Leder, Stein, Brot und auch Eis künstlerisches Material. So viel zum Thema Vergänglichkeit. Und beim Plakatmotiv handelt es sich um ihre legendären Arbeit Vanitas. Flesh Dress for an Albino Anorexic von 1987.

Von Albinos, Mager- und Sehnsüchten und Lady Gaga

Sterbaks heftig umstrittene Vanitas-Arbeit (auf Deutsch etwa Fleischkleid für einen magersüchtigen Albino, so der Untertiel) steht im Zentrum der Duisburger Ausstellung. Die Künstlerin nähte rohes Fleisch zu einem Kleid, ließ sich darin fotografieren und knüpfte somit ästhetisch an kunsthistorische Traditionen wie das Vanitas-Stillleben an. Zugleich aber gelang es Sterbak, mit dem Untertitel politische, feministische Themen zu transportieren, die Problematik von psychosomatischen Störungen und Sehnsüchten nach einem anderen Körper. 
 
Die Frau als Objekt, wie ein Stück Fleisch in der Metzgerei? Kunsthistorisch versierte Popkulturenthusiasten erkannten das Motiv des Fleischkleides natürlich sofort, als die damals international gefeierte Popkünstlerin Lady Gaga bei den MTV Video Music Awards eine Kopie von Sterbaks Entwurf trug. Und deren gewohnt kalkulierter, erfolgreicher Skandal versinnbildlichte nur allzu deutlich das kulturelle Kurzzeitgedächtnis des Internetzeitalters.

Hier sehen wir Sterbaks Arbeit 'Vanitas. Flesh Dress for an Albino Anorexic' von 1987 © Jana Sterbak / MNAM Centre Pompidou, Paris

Allerdings mutet auch Jana Sterbaks Brot Bett genannte Installation von 1996 wie eine Anleihe an Arbeiten aus den 1960er und 1970er Jahren an.. In jenen wilden Jahren musste Kunst auch schon mal essbar sein. Von Künstlerkot über Kartoffeln und Schokolade, zahlreiche andere Kunstschaffende haben sich solcher Materialien und Themen wie dem Verfall gewidmet. Und der steinerne Sisyphos-Rucksack könnte auch eine Arbeit des einleitend erwähnten Totalkünstlers Timm Ulrichs sein. Könnte.

Surrealismus, Symbolismus, Sensualität - die Vermessung des Menschen als zentrales Thema der Künstlerin Jana Sterbak

Oder die Maske genannte Arbeit von Sterbak aus dem Jahr 2015. Das kunstvolle Kleid und tschadorartige Uniform zugleich ist. Wäre es von Ai Weiwei, würden viele von banaler, klischeehafter Politkunst sprechen. Dennoch, Jana Sterbaks thematisiert zurecht die brinsanten, weil zunehmend verwischten Grenzen von Intimität und Öffentlichkeit in unserer Gesellschaft in vielen ihrer Werke. Und der Pressetext verspricht eine Analyse ihrer Arbeiten im Kontext der feministischen Avantgarde, da Sterbak neue Wege fand, weibliche Stereotypen und Projektionen zu thematisieren. 

Fazit: Die Schau bietet einen spannenden Überblick über das skulpturale, performative, fotografische und filmische Werk einer Künstlerin, der seit 2002 im deutschsprachigen Raum keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt wurde. Es handelt sich um einen retrospektiven Überblick auf das Werk einer originellen Protagonistin der Konzept-Kunst, die als Teil der feministischen Avantgarde des späten 20. Jahrhunderts sicherlich auch Kunstgeschichte geschrieben hat.

Jede Arbeit ist eine Entdeckungsreise, so die Künstlerin Sterbak. Und wer keine Angst vor Parallelen und Lust an poetischen wie verspielten Werken hat, der sollte nach Duisburg fahren. 

Service und Links
Jana Sterbak. Life-Size. Lebensgröße
noch bis zum 11. Juni

Lehmbruck Museum / Wilhelm Lehmbruck Museum
Friedrich-Wilhelm-Straße 40
47051 Duisburg
+49(0)203 2832630
info@lehmbruckmuseum.de

- die Website zur Ausstellung Jana Sterbak. Life-Size. Lebensgröße, hier
- die Website von Eberhard Weber zur Ausstellung Kleider, hier
- Arbeiten von Eberhard Weible sind noch bis zum 16. April in der Kunsthalle Lindenthal zu sehen, hier
- Michael Köhler über Jana Sterbak im Lehmbruck-Museum, hier
- eine WDR-Fotogalerie zur Jana Sterbak-Ausstellung, hier 
- Christiane Meixner über Jana Sterbak im Lehmbruck Museum, hier 
- auch sehenswert: Die Mutter des Museum Ludwig, die Kölner Simultanhalle, hier

HINWEIS: Wir freuen uns über Kommentare. Feedback und Kritik sind uns wichtig. Wer einen Kommentar hinterlassen will, kann dies natürlich zu jedem Beitrag tun. Einfach unten auf 'Keine Kommentare:' klicken und lostippen... 

Montag, 27. März 2017

Köln: Kolumba - Me in a no-time state - Über das Individuum

Diese im 17. Jahrhundert geschaffene Verkörperung der Dreifaltigkeit ist ein Markenzeichen der Kolumba-Sammlung. Im Hintergrund zu sehen sind zwei Bilder-Dyptichen von Chris Newman. 

Über das Individuum, so nennt das Museum des Kölner Erzbistums Kolumba seine aktuelle Schau, die Werke aus über 1600 Jahren vereint. Und dieser Jahrhunderte, Gattungen und Genres übergreifende Ansatz der Ausstellung ist zu einem Kennzeichen des Hauses geworden. 

Vorab für alle, die das Museum noch nicht besucht haben: Die von Peter Zumthor unter Mitarbeit von Rainer Weitschies geschaffene Architektur an sich ist bereits einen Besuch wert. Und die aktuelle Ausstellung ebenso. Es ist ein ungewöhnlicher Ort, der aus der Landschaft der langweiligen, weil oft monoton und oberflächlichen Ausstellungsfabriken der Gegenwart herausragt. 

Die Verschiedenartigkeit der Räume, der zu einem Ensemble verbundenen Baukörper bleibt immer sichtbar und lädt zu Entdeckungen ein.
Im Erdgeschoss gelingt es Zumthor, die 2000jährige Baugeschichte des Ortes zu vermitteln. Zunächst durch die begehbare Ausgrabungsstätte, die beeindruckt, sensibilisiert und so Lust auf die Geschichte des Ortes weckt. 

Wider den gängigen Kunstkonsum der Gegenwart

Dann die geschickte Einbindung von Gottfried Böhms auch heute noch modern anmutender Kolumbakapelle mit der spätgotischen, 'Madonna in den Trümmern', der faszinierenden Innenausstattung, die von Künstler wie Ludwig Gies, Ewald Mataré und Elisabeth Treskow geschaffen wurde. 

Die bereits erwähnte Madonna überstand wie durch ein Wunder den verheerenden Bombenangriff von 1943. Sie ragte aus den Trümmern, wie eine Frühlingsblume die durch den schwarzen Schnee der Bombennächte bricht, und erheilt so ihren heutigen Namen. Die Reste der gotischen Kirche und nicht zuletzt der herrlich ruhige Hof, der einmal Friedhof war - das Verschiedene verschmilzt zu einem harmonischen Ganzen.

Von Robotern und Ruinen

Zumthors Architektur, die sich fugenlos auf die Ruinen stützt, ist so einzigartig, weil spezifisch für den Ort geschaffen, dass es scheint, als reagiere die aktuelle Ausstellung auch auf die Individualität des Baukörpers. Wen wundert's? Schließlich feiert das 2007 wiedereröffnete Museum in diesem Jahr 10 Jahre Kolumba.
 

Und dass die Ausstellung an dem noch immer sakral anmutenden Ort zum Thema Individuum mit Vitrinen voller Roboter beginnt, zeugt von feinem Humor, von Lust an Irritation und sensibler Überraschung. Da es sich bei der Schau um eine Gruppenausstellung mit über 30 Positionen handelt, können wir im Folgenden natürlich nur einzelne hervorheben. Doch das kostenlose Begleitheft zur Ausstellung liefert zu allen Werken ausführliche Informationen.

Die bereits erwähnten Roboter sind eine Schenkung der 2010 verstorbenen, Kölner Künstlerin Krimhild Becker. Bei ihren Maschinenmenschen handelt es sich um Robotermodelle der 1960er bis 1990er Jahre. Und obwohl sie sich teils in großer Anzahl in den Glashäusern drängeln, wird der aufmerksame Betrachter auch an ihnen bereits Aspekte des Individuums wie individuelle Gebrauchsspuren erkennen können.        

Golem und der Mann ohne Eigenschaften


Am Ende des Treppenaufgangs zum ersten Ausstellungsgeschoss erwartet uns eine dünne, abstrakte Form. Golem nannte Kurt Benning, der in dieser Ausstellung mit vielen Werken umfangreich vertreten ist, diese wie eine riesige Kiefernadel geformte Figur, die sich an die Museumswand lehnt. Oder sind es die Beine einer noch im Wachsen begriffenen anthropomorphen Figur, die nach der sagenhaften Golem-Geschichte aus der jüdischen Mystik benannt wurde?

Wie die Faust auf's Auge fügt sich das Mappenwerk Stefan Wewerkas 'Der Mann ohne Eigenschaften' mit 25 Radierungen, die von Jürgen Klauke ausgeführt wurden in die Ausstellung. Musils Roman war für Wewerka von zentraler Bedeutung, er begleitete ihn auf seinen Reisen. Und auch Krimhild Beckers 7 Dyptichen laden den Besucher der Ausstellung zu Reisen durch die Zeit ein. 


Was ist der Mensch? 

Dieser für die Künstlerin seit den 1970er Jahren zentralen Frage scheint sich Krimhild hier in Form von zunächst schlicht anmutenden Raum- oder Objektportraits zu nähern. Nimmt man sich jedoch etwas Zeit für die Betrachtung der alltäglichen, von Krimhild fotografisch dokumentierten Szenen entwickeln sich Geschichten, erinnert und verbindet sich etwas im Betrachter mit dem von der Künstlerin abgebildeten Räumen. Wir knüpfen an, wenn wir uns dazu entschließen, einen Dialog mit den Werken zu führen. Der Rezipient befragt das Werk und liefert zugleich selbst die aus seinem Erinnerungs- undn Erfahrungsschatz resultiierende Antwort.

Räume und Werke, die zum Verweilen einladen 


Nicht gespiegelt, sondern ganz direkt zeigt sich das Individuum in den Videoportraits von Kurt Benning. 50 Videos wurden aus dem Langzeitprojekt (1996-2015) des Künstlers ausgewählt. Auch hier sollte man sich, ja muss man sich Zeit nehmen. Rund 150 Menschen dokumentierte Benning in diesem Projekt insgesamt. Er filmte sie statisch in ihrer gewohnten Umgebung, nur die Zoomfunktion der Kamera belebt die reduzierten Aufnahmen. Von Benning dazu aufgefordert, berichten die Portraitierten 60 Minuten lang darüber, was sie bewegt.

Ganz anders dagegen mutet Stefan Wewerkas CELLA genannte Installation an. Der 2013 verstorbene Architekt, Designer und bildende Künstler liefert mit diesem 1984 geschaffenen Werk eine humorvolle, funktionale, an das Bauhaus erinnernde möbelartige Plastik, die deutlich von seiner Ablehnung der Trennung von angewandter und freier Kunst zeugt. In Zeiten des wieder knapp gewordenen Wohnraums erscheint die nur postmodern anmutende Kleinwohneinheit, ein Thema das Wewerka seit den 1950er Jahren beschäftigte, erstaunlich aktuell.



Die 1975 geschaffene Rauminstallation Tragedia civile des jüngst verstorbenen Jannis Kounellis wird leider völlig von Chris Newman Installation Relief Behavior Option verdeckt. Daher verwundert es umso mehr, dass es sich hierbei um eine Hommage an Kounellis anlässlich dessen 80. Geburtstags handelt. Nur wer sich dem Ausstellungskatalog bedient, kann der Intention Newmans, der dialektischen Verweigerung des Blickes auf Kounellis Werk, folgen und versuchen, die komplexe Hommage nachzuvollziehen.

Wohltuend zauberhaft, wie ein Märchen mutet dagegen die Geschichte hinter dem zweiten Großprojekt Kurt Bennings an: Burgtreswitzmensch. 40 Jahre arbeitete der Künstler an diesem Werk, das auf den Hinterlassenschaften einer Familie gründet, die nach dem zweiten Weltkrieg die oberpfälzische Burg Treswitz bewohnte. Wie aus der Zeit gefallen wirken die verschiedenartigen Überbleibsel. Für Brenning wurden sie zu Zeugnissen des Burgtreswitzmenschen, einem bedrohten Außenseiterwesen, das sich durch die Flucht in die eigene Welt immer weiter von der anderen entfernte.                
 

Mehr in Kürze…

Und hier zum Schluss der Text des Museums zur Ausstellung: 


''Jeder neuzeitliche Kunstbegriff unterstellt die Einzigartigkeit der individuellen schöpferischen Leistung. Bereits im Mittelalter galt der »artifex« als herausgehobene Künstlerpersönlichkeit, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten zur Innovation befähigt war. Was liegt daher näher, als mit dem Medium Kunst über den Begriff des Individuums zu reflektieren?

Mit der spätmittelalterlichen Werkgruppe der »Vier Gekrönten« liefert die Museumssammlung den Anlass dazu. Denn das spektakuläre Ergebnis einer siebenjährigen Restaurierung zeigt deren erhaltene Originalfassung als brillanten Beleg einer detailreichen Individuation. Die Frage nach dem Individuum (lat. Unteilbares/ Einzelding) besitzt höchste Aktualität. Wir erleben in einer erschreckenden Weise, wie die Identifikation des Subjekts mit Geld und Macht immer stärkere soziale Missstände produziert, wie Gewalt und Korruption den Zusammenhalt der  Gesellschaften zerstören, wie grundlegende Werte – Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz – in Frage gestellt und eingeschränkt werden.

Terroristische Gewalttaten richten sich gezielt gegen die Freiheit des Individuums und machen die Massen empfänglich für populistische Strategien, für politische Demagogie und religiösen Fanatismus. Was also prägt das Individuum, was bestimmt sein Handeln? Ist die äußere Erscheinung maßgeblich, etwa in Kleidung und Schmuck, sind es die Dinge, das Auto, der Klingelton des Handys? Welche Bedeutung haben Kultur und Sprache, Heimat und Behausung,  reale Existenzbedingungen und soziale Kontexte?

Ist das Subjekt überhaupt als autonom und einheitlich zu denken, oder sollte man viel eher von einer Instanz sprechen, die von jedem Einzelnen immer wieder konstruiert und revidiert werden muss? Wie wesentlich ist dabei der Anteil von Vernunft und Wille, Bildung und Glaube, von Erfahrungen und Erinnerungen? Was bedingt eine Haltung, die den Freiraum des Einzelnen in einer solidarischen Gemeinschaft vertritt und erst damit der Fortschreibung Europas eine Perspektive verleiht?

Die am eigenen Bestand orientierte Ausstellung wird um eine große Leihgabe der Hohen Domkirche und um zwei Künstlerräume erweitert, die von Chris Newman und Martin Assig realisiert wurden. Kurt Bennings »opus magnum«, der über die Dauer von vierzig Jahren entstandenen Arbeit »Burgtreswitzmensch«, widmen wir eine eigene Ausstellung.

Ausgestellte Werke des 5. bis 21. Jahrhunderts: Andachtsbildchen, Ars moriendi, Ex Votos, Fotografien, Geduldflaschen, Gemälde, Goldschmiedekunst, Installationen, Kinderzeichnungen, Koptische Textilien, Mappenwerke, Möbel, Roboter, Rosenkränze, Schmuck, Skulpturen, Videos, Volkskunst, Wachsbossierungen, Zeichnungen

Ausgestellte Künstler: Anonymus, Martin Assig, Stephan Baumkötter, Krimhild Becker, Kurt Benning, Anna und Bernhard Blume, Ramón Puig Cuyàs, Beate Eismann, Jeremias Geisselbrunn, Caspar Bernhard Hardy, Bethan Huws, Svenja John, Mirjam Hiller, Franz Ittenbach, Hilde Janich, Hans Josephsohn, Michael Kalmbach, Jannis Kounellis, Konrad Kuyn, Eugène Leroy, Stefan Lochner, Carla Messmann, Chris Newman, Heinrich Parler, Francesco Pavan, Sano di Pietro, Gerd Rothmann, Norbert Schwontkowski, Michael von Savoyen, Richard Serra, Stefan Wewerka, Josef Wolf, Annamaria Zanella.''


Service und Links
»Me in a no-time state« – Über das Individuum 
noch bis zum 14.August 2017  
- die Website des Museums zur Kölner Ausstellung Me in a no-time state - Über das Individuum, hier
- mehr über Kolumba bei Wikipedia, hier 

HINWEIS: Wir freuen uns über Kommentare. Feedback und Kritik sind uns wichtig. Wer einen Kommentar hinterlassen will, kann dies natürlich zu jedem Beitrag tun. Einfach unten auf 'Keine Kommentare:' klicken und lostippen... 

Mittwoch, 22. März 2017

Vorankündigung - Köln: Symposium - Decolonizing Arts Education

Neue Perspektiven - Mit dieser neuen Weltkarte wirbt die Universität zu Köln für das Symposium © unbekannter Meister / unknown artist

Dekolonialisierung von Kunsterziehung? Endlich. Es tut sich was. Nicht nur an der Kölner Universität, auch in Berlin, Düsseldorf und vielen anderen Städten wird in Projekten an der Frage gearbeitet, welchen Einfluss Kolonialismus und Eurozentrismus noch heute haben.

Die Aufklärung, wie sagt man so schön, ist ein nie abgeschlossenes Projekt, also, in die Hände spucken und los geht's. Die (kritische) Theorie des ausgehenden 20. Jahrhunderts scheint endlich auch in der Praxis der Kulturwissenschaften angekommen zu sein...

So fragt man sich aktuell in Leuchtturmprojekten an renommierten Museen in Deutschland etwa, wie würden unsere modernen Kunstsammlungen aussehen, wenn man bereits zu Beginn des 20. Jh. die Werke von Kunstschaffenden aus aller Welt gleichberechtigt zur europäischen Avantgarde gesammelt und präsentiert hätte?

Und in Köln man fragt sich
in Kürze, und hiermit schließt sich der Kreis, im Rahmen des spannenden 'AEIT: Arts Education in Transition'-Projektes, was die Dekolonialisierung der Kunsterziehung bedeutet und mit sich bringt...

Hintergrund: Das AEIT-Projekt widmet sich der Konsolidierung des transdisziplinären Studienbereichs Ästhetische Bildung an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln in Kooperation mit dem Institut für Medienkultur und Theater der Philosophischen Fakultät.  

Hier folgen nun abschließend die grundlegenden Informationen zum Symposium:

AEIT: Arts Education in Transition: Symposium: Decolonizing Arts Education
Fr 28. April 2017 und Sa 29. April 2017
Universität zu Köln | Institut für Kunst & Kunsttheorie
Humanwissenschaftliche Fakultät | Gebäude 216 Block B  | R 2.212 | Gronewaldstraße 2

Keynote, Talks, Panel Discussion, Lightning Talks/Performances, Lesung, Open Forum

Vom 28. bis zum 29. April 2017 findet am Institut für Kunst und Kunsttheorie das Symposium DECOLONIZING ARTS EDUCATION statt. Vor dem Hintergrund der postmigrantischen Realität soll die Kunstpädagogik bzw. die Ästhetische Bildung kritisch befragt werden. 


Gegenstand des Symposiums ist ein diskursives und performatives Programm, das Künstler*innen, Kunstpädagog*innen und Theoretiker*innen aus den Bereichen (Ästhetische) Bildung und Cultural/Postcolonial Studies in einen Dialog mit Studierenden bringt. Folgende Fragen werden u.a. diskutiert: 

Welche Rolle kommt der Kunstpädagogik angesichts des gesellschaftlichen Wandels infolge von Flucht und Migration zu? 

Welche Impulse werden in der kunstpädagogischen Fachcommunity diskutiert, und wo hakt es im eigenen Fachdiskurs? 

Wie sähe eine alternative, rassismuskritische Wissensproduktion im Feld der schulischen und außerschulischen Kunstpraxis und -vermittlung aus?

Das Symposium richtet sich an alle Studierenden der Fächer Kunst, Intermedia, Ästhetische Erziehung (Humanwissenschaftliche Fakultät) und Medienkulturwissenschaft (Philosophische Fakultät) sowie weitere interessierte Studierende und Kolleg*innen aus Schule, Kunst, Kultur und Wissenschaft.

Service und Links

- die Website zum Symposium Decolonizing Arts Education, hier  
- die Website des Projektes Arts Education in Transition, hier

Montag, 20. März 2017

Conrad Schnitzler - Wegweisender Klangarbeiter der Musik des 20. Jh.

Ein Screenshot der DLF-Website zur Langen Nacht über Conrad Schnitzler - absolut hörenswert. © Deutschlandfunk, Foto MaxJoy.org
Hör- und lesenswert: Beate und Stefan Becker haben für Deutschlandfunk ein spannendes Feature geschaffen: Eine Lange Nacht über Conrad Schnitzler, ein mehrstündiges Klangabenteuer mit vielen Zeitzeugen und Klangbeispielen... 

Auf diese Weise kann man dem komplexen Schaffen, dem wundersamen Leben Schnitzlers auf die Spuren kommen, seiner Kindheit im Krieg, seinen Schifffahrten rund um den Globus und und und. Wer intelligent sucht, wird sicher einen Mitschnitt finden, denn aktuell ist beim gebührenfinanzierten Deutschlandfunk leider nur noch die Website zur Sendung und das Manuskript abrufbar.

So viel sei hier vorab angemerkt: Der gelernte Handwerker Conrad Schnitzler wurde ohne musikalische Ausbildung zu einem leidenschaftlichen Klangarbeiter und gilt heute zurecht als einer der einflussrechsten Wegbereiter der elektronischen Musikszene der 1970er Jahre.

'Es hat geschneit...das hört man am Glockenklang, da war ich vier Jahre alt oder so... hab ich das ganz mit Bewusstsein gehört....das Kontrollieren der Klänge ist mir sehr früh in die Wiege gelegt worden...ich war zuerst in der Fabrik...in so einer Halle...alle Hallen haben einen anderen Klang', so Conrad Schnitzler.

Zirpen, Blubbern, Flimmern, Quitschen, Fabriksirenen, ratternde Züge oder Schiffsmotoren? Der Intermedia-Künstler Conrad Schnitzler mischte Geräusche wie diese, experimentierte unablässig mit den neuesten Technikerrungenschaften, um neue Effekte zu kreieren. So schuf er im wahrsten Sinne des Wortes neue Musik, bezeichnete sich selbst jedoch nie als Musiker.

Der frühe Beuys-Schüler Schnitzler hatte selbst aufgrund von Lehraufträgen an Kunsthochschulen und Akademien bedeutenden Einfluss auf zahlreiche Künstler, auch diese Sessions mit Kunststudierenden werden in der langen Nacht über Schnitzler besprochen.

Unerhörte, elektronische Musik, Eimert und Stockhausen...

"Dass Conrad in diesen Kulturbetrieb hinein konnte, verdankte er dieser ganz speziellen 60er-Jahre-Gemengelage, wo diese alte gesellschaftliche Ordnung, Hierarchie, das "Kastenwesen", infrage gestellt wurde. Das war dann gerade so in den 60ern, Anfang 70er, wo dann das Bürgertum und der Kunstbetrieb so linke Aufwallungen hatte, war er da als ein Vorzeigearbeiter natürlich ganz toll. Aber genau auf diese Rolle hatte Conrad keine Lust und hat sich auch immer verweigert dieser Art von Networking, die man betreiben muss, um in dieser Welt zu überleben," beschreibt Wolfgang Seidel Schnitzlers zwiespältiges Verhältnis zur Kunstszene.  

Beuys, Can, Kraftwerk und die Fluxus-Welle...

Mit dem Zodiak gründete Schnitzler 1968 das erste freie Kunstlabor in Berlin. Rein musikalisch betrachtet, könnte sagen, den ersten Underground-Club der Stadt. Dieser Ort gilt heute vielen als Geburtsstätte des Krautrocks. Doch das Programm des Zodiak ging weit über damals gängige, musikalische Performances und Definitionen hinaus. Auch  Happenings, Freejazz-Konzerte und fluxusinspirierte Aktionen fanden hier statt. Und entgegen der zeitgemäßen, hippieesken Gestaltungsmode, strich Schnitzler einen Raum weiß, den anderen schwarz.

Schnitzler schwamm gegen den Kunstmainstream-Strom. Er blieb Sonderling und schuf scheinbar allein wegweisende, international beachtete Werke. Wir danken an dieser Stelle

Beate und Stefan Becker für die faszinierende Lange Nacht über Conrad Schnitzler, die sie für Deutschlandfunk konzipierten und empfehlen allen, die am künstlerischen Crossover des ausgehenden 20. Jahrhundert interessiert sind, das Nachhören und -lesen.

Service und Links
- Manchmal artet es in Musik aus, die Lange Nacht über Conrad Schnitzler, hier
- kunstlich.com über einen anderen Musikpionier der 1970er Jahre, Erkki Kurenniemi, im Kontext der documenta 13, hier


HINWEIS: Wir freuen uns über Kommentare. Feedback und Kritik sind uns wichtig. Wer einen Kommentar hinterlassen will, kann dies natürlich zu jedem Beitrag tun. Einfach unten auf 'Keine Kommentare:' klicken und lostippen... 

Freitag, 17. März 2017

Position beziehen: NO LOGO in Münster

Ein Screeenshot der Website www.initiative-no-logo.de
Wir hatten über das fragwürdige Logo des LWL in Münster bereits im letzten Jahr ausführlich berichtet und schließen uns daher nun auf diesem Wege der Initiative No-Logo an. Geschickt im Kunst-Grand-Tour-Jahr lanciert, wird diese Initiative hoffentlich etwas bewegen...

Hier ein noch ein eindeutiger Kommentar von Andreas Rossmann aus der F.A.Z. vom 22.09.2014:

'Wer ein Kunstwerk derart entstellen und entwerten lässt, macht als Träger eines Museums keine souveräne Figur … Wie wäre es mit „Lieber wieder löschen!“
  

Service und Links 
- die Website der Initiative No-Logo, hier 
- der kunstlich.com Beitrag von 2016 zum LWL-Logo in Münster, hier

HINWEIS: Wir freuen uns über Kommentare. Feedback und Kritik sind uns wichtig. Wer einen Kommentar hinterlassen will, kann dies natürlich zu jedem Beitrag tun. Einfach unten auf 'Keine Kommentare:' klicken und lostippen... 

Mittwoch, 15. März 2017

coming soon: Kunst und Kapital - Katharina Sieverding in Bonn

Ein Screenshot der Website der Bundeskunsthalle zur Ausstellung Katharina Sieverding - Kunst und Kapital © Bundeskunsthalle und Katharina Sieverding VG Bild-Kunst

Das muss man sehen. Katharina Sieverding gilt zurecht als eine der renommiertesten, zeitgenössischen Künstlerinnen. Mit ihren Foto- und Medienexperimenten war sie wesentlich am Aufstieg, der Anerkennung und Etablierung der Fotografie als künstlerisches Gestaltungsmittel beteiligt. 

Der Blick auf 50 Jahre ihres Schaffens an sich wäre bereits spannend, doch auch der Titel macht neugierig... Daher werden wir uns die am 11. März eröffnete Ausstellung genauer anschauen und anschließend berichten. Hier vorab wie gewohnt ein paar Links und einleitende Zeilen von der Bundeskunsthalle über die Ausstellung:

'Katharina Sieverding gehört zu den international renommierten Künstlerinnen, die schon früh mit ungewöhnlichen Bildfindungen und einer innovativen medialen Kunstpraxis das künstlerische Potential der Fotografie erneuert haben. So gehört auch die Einführung des Großformates zu ihren essentiellen Ausstellungspraktiken zu einem Zeitpunkt, als es noch nicht selbstverständlich im Formatkanon war.
 

Bekannt geworden ist Sieverding durch die beispiellose Konsequenz, mit der sie filmisch und fotografisch ihr zum Teil extrem vergrößertes und auf vielfältige Weise manipuliertes Porträt seit den 1960er Jahren einsetzt und ab den 1970er Jahren die großformatigen Multilayer Montagen zur Weltlage – fast vorausschauend – erarbeitet und 1977 erstmalig auf der documenta 6 international veröffentlicht. Ihre künstlerische Praxis bildet die beschleunigten Bildprozesse der Gegenwart nicht nur ab, sondern hinterfragt sie kritisch im Sinne einer Verantwortung auch sich selbst gegenüber.
 

Der retrospektive Charakter der Ausstellung zeigt sich in einem Überblick ihrer seriellen Fotoarbeiten von 1967 bis heute, ergänzt durch raumhohe Projektionen, die es der Künstlerin erlauben, die innovative Kraft ihres Bildarchivs zu visualisieren. Eine Ergänzung im Foyer und eine künstlerische Erweiterung in den Stadtraum hinein belegen die notwendige öffentliche Sensibilisierung für die Kraft und Macht von Bildern.'

Service und Links
- die Website der Bonner Bundeskunsthalle zur Ausstellung Katharina Sieverding - Kunst und Kapital, hier
- Rudolf Schmitz berichtet für DeutschlandradioKultur über die Bonner Sieverding-Ausstellung, hier
- Thomas Kliemann schreibt für den Bonner Generalanzeiger über Sieverding in der Bundeskunsthalle, hier  
- Thomas Köster berichtet für den WDR über Sieverdings Retrospektive in Bonn, hier

HINWEIS: Wie freuen uns sehr über Kommentare, Feedback und Kritik sind uns wichtig, wer einen Kommentar hinterlassen will, kann diese natürlich zu jedem Beitrag tun, einfach unten auf 'Keine Kommentare:' klicken und lostippen...

Montag, 13. März 2017

CHEERS FOR FEARS 2017 - Junge Kunst aus NRW und den Nachbarländern



Vorbildlich: An drei langen Abenden lädt Cheers for Fears im FFT Düsseldorf dazu ein, die junge künstlerische Szene NRWs und der Nachbarländer kennenzulernen. Schauspiel, Tanz, Performance, Videoinstallation, experimenteller Vortrag und Konzert – alles ist dabei. 

Für die teilnehmenden Studierenden bietet das Festival eine Woche des konzentrierten hochschulübergreifenden Experimentierens, also echter Einklang von Theorie und Praxis. Und dank der fairen Preise kann jeder Interessierte teilnehmen. Hier folgen nun einleitende Informationen zum Festival. Mehr kann man über die Website des Festivals erfahren

SCHWERPUNKT: DIE KÜNSTE ZWISCHEN REFLEXION UND AKTION 


Was bedeutet es für junge Künstler*innen heute, sich politisch in ihrem Medium auszudrücken? Dieser Frage geht Cheers for Fears im Rahmen eines Festivalschwerpunkts in einem Symposium undPerformances nach. Während die einen die eigenen Arbeitsbedingungen und die Theatermaschinerie zum Thema machen, wenden sich andere konkreten gesellschaftspolitischen Fragestellungen zu und fragen, was die Kunst in gesellschaftlich herausfordernden Zeiten unternehmen kann.

DIE INITIATIVE


2013 hat sich mit Cheers for Fears eine Initiative gegründet, deren Ziel es ist, den Austausch zwischen den Studiengängen der szenischen Künste in NRW zu intensivieren und künstlerische Kollaborationen zwischen den einzelnen Hochschulen anzuregen. Der Gründungsimpuls der Initiative resultierte aus dem studentischen Begehren, hochschul- und fachübergreifend über Formen künstlerischen Lernens und Produzierens nachzudenken, eine gemeinsame Sprache der Kritik zu entwickeln und das eigene Selbstverständnis zu hinterfragen.


Inzwischen treffen sich Kunststudierende aus den Bereichen Bühnenbild, Jazzmusik, Komposition, Mediale Künste, Physical Theatre, Regie, Szenische F orschung, Szenografie, Tanz und Tanzvermittlung sowie Theaterwissenschaft regelmäßig, um über Arbeiten und Arbeitsstände ins Gespräch zu kommen, über die Studien- und Arbeitsbedingungen in den Künsten zu debattieren und gemeinsam zu produzieren und zu forschen.
 

PROGRAMMÜBERSICHT
 

Do 16. März
KUNST ZWISCHEN REFLEXION UND AKTION
12-17 Uhr Symposium und 18 Uhr Eröffnung und Performances

Fr 17. März

PERFORMANCE - MARATHON Teil I
Beginn jeweils 16, 18.30 und 21 Uhr
 

Sa 18. März
PERFORMANCE - MARATHON Teil II
Beginn jeweils 16, 18.30 und 21 Uhr

SYMPOSIUM – DIE KÜNSTE ZWISCHEN REFLEXION UND AKTION
DO 16. MÄRZ / BEGINN 12:00,15:00

ÄSTHETIKEN DES POLITISCHEN


In der Kunst äußert sich Kritik. Als Reflexion des eigenen Tuns, alsAktion auf ein Äußeres gerichtet. Was macht eine auf Wahrnehmungsgewohnheiten und Blickhierarchien gerichtete Kritik politisch? Wie lassen sich Produktionsverhältnisse in Kunst und Gesellschaft sichtbar machen? Und wo ist der Aktivismus der Medienguerilla und Straßenkämpfer eigentlich noch Kunst? Dem geht Cheers for Fears im ersten Teil des Symposiums, angestoßen durch drei Impulsvorträge, nach.

MIT IMPULSEN VON Ariel Efraim Ashbel, Arrivati & Schwabingrad Ballett und EGfKA – Europäische Gemeinschaft für Kulturelle Angelegenheiten.


ZUSAMMEN ARBEITEN


Künstler*innen im Allgemeinen und gerade die jüngeren unter ihnen – also auch die Teilnehmer*innen dieses Festivals – gelten als ungemein kreativ, vielfältig, flexibel, wandlungssfähig... und verstehen es gleichzeitig querdenkerisch den Schieflagen unserer Zeit auf den Zahn zu fühlen. Daher sind sie bei Theatern, F estivalmacher*innen und in der Politik gleichermaßen beliebt. Natürlich auch, weil ihre Arbeitskraft so günstig zu haben ist. Doch diesen Widerspruch wollen immer mehr Künstler*innen nicht einfach so hinnehmen und solidarisieren sich – in Streitschriften, Theaterbesetzungen und Netzwerken.

MIT IMPULSEN VON Jakob Arnold und Lorenz Nolting (Junges Ensemblenetzwerk), Anne Mahlow (Studentin am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen) und Benjamin Hösch (Promovend am Institut für empirische Film-, Theater- und Kulturwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz)



ERÖFFNUNG UND PERFORMANCES 


DIE KÜNSTE ZWISCHEN REFLEXION UND AKTION
Do 16. März, Beginn 18:00
 

Bevor der intensive dreitägige Marathon mit vielen großartigen Aufführungen und Installationen beginnt, spendieren Cheers for Fears und das FFT Düsseldorf eine Runde Sekt und laden zu einem Reigen aus Eröffnungsreden, der einen Blick auf die Zukunft der Kunstausbildung und die junge Szene in NRW wirft. Was können Politik undFörderer, was Hochschulen und Kulturinstitutionen leisten, um den Dialog zwischen Studierenden zu verbessern? Was sind die Perspektiven für junge Künstler*innen im Land?

MIT BEITRÄGEN VON Dr. Ursula Sinnreich (Kunststiftung NRW), Dr. Hildegard Kaluza (NRW-Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport) und Monika Schneidereit (NRW-Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung), Kathrin Tiedemann (FFT Düsseldorf) und Cheers for Fears
...

Das komplette Programm und tagesaktuelle Infromationen findet man hier


WWW.CHEERSFORFEARS.DE
WWW. FFT-DUESSELDORF.DE

VERANSTALTUNGSORT 

FFT Juta, Kasernenstraße 6, 40213 Düsseldorf
Nächste U-Bahnhaltestelle: Heinrich-Heine-Allee

TICKETSTagesticket: 16/10 Euro
Festivalpass: 25/15 Euro

Vorverkauf: fft-duesseldorf.de
sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen
Reservierungen: (0211) 87 67 87 – 18 oder tickets@fft-duesseldorf.de

Freitag, 10. März 2017

Essen - Museum Folkwang - Maria Lassnig

Ein Screenshot des Berichts von Anette Schneider für DeutschlandradioKultur, zu sehen sind (von links nach rechts) Maria Lassnigs Werke "Selbst mit Meerschweinchen" und  "Du oder ich" (2005), beide Öl auf Leinwand © Maria Lassnig, VG-Bildkunst / DeutschlandradioKutlur und dpa / picture alliance / Felix Hörhager

Die fasziniernden, ausdruckstarken Bilder der Grande Dame der österreichischen Malerei - Maria Lassnig - sind nach Wien (MUMOK) und Köln (Museum Ludwig, beide Ausstellungen 2009) und München (2015) jetzt im Essener Museum Folkwang zu sehen. Eine gute Wahl.

Nicht nur, weil Lassnig Werk uns durch seine humorvolle wie vielschichtige Art schlicht begeistert. Sondern auch, weil ihre Malerei für jene Besucher, die etwas Zeit mitbringen, sehr interessante Wechselwirkungen mit den Klassikern in der Folkwang Sammlung entwickeln dürfte.


Da wir Lassnig 2010 ausführlich besprochen haben, werweisen wir an dieser Stelle auf diese Besprechung und auf die gewohnt informativen Berichte und Besprechungen von Deutschlandfunk und Deutschlradio Kultur.

Hier vorab ein paar Zeilen von der Essener Website zur Ausstellung:

'Maria Lassnig (1919 – 2014) ist eine der bedeutendsten Künstlerinnen ihrer Generation. Ausgangspunkt und Gegenstand ihres malerischen und zeichnerischen Werkes ist der Körper: Wie lässt sich das eigene Körperbewusstsein darstellen? Diese Frage hat die erst spät gewürdigte österreichische Künstlerin zeitlebens beschäftigt. Die umfassende Retrospektive zeigt das Spektrum ihres Schaffens anhand von mehr als 40 Gemälden und ausgewählten Filmen.

Während ihrer langen Schaffenszeit ändert Maria Lassnig mehrfach ihren Stil, nie aber ihr Thema. Unablässig setzt sie Körperempfindungen ins Bild. Dabei richtet sich ihre Wahrnehmung beim Malen zugleich  ins Innere ihres Körpers und  nach außen auf die Leinwand. „Da habe ich eine realistische Nase gemalt und dafür keinen Mund, weil ich den Mund nicht gefühlt habe“, erklärt sie. 


Noch vor den Vertretern des Wiener Aktionismus und der Body Art definiert sie somit den Körper als Kern ihrer künstlerischen Auseinandersetzung. Bereits ab 1948 entstehen die ersten sogenannten „Body-Awareness-Zeichnungen“. Das Ergebnis ist ein solitäres und überaus stringentes Werk, das heute – im Zeitalter der digitalen ‚Entkörperlichung‘– bedeutender denn je erscheint.'

Service und Links:
- die Website des Museum Folkwang zur Ausstellung Maria Lassnig, hier
- Anette Schneider über die Essener Lassnig-Ausstellung, hier
- kunstlich.com über Maria Lassnig in München (2010), hier

- Zum Tode von Maria Lassnig - Max Hollein im Gespräch (2014), hier
- Deutschlandfunk: Christian Gampert über die Ausstellung Münchner Ausstellung Painting 2.0 (2015), hier 

- Abarbeiten an Picasso - Anette Schneider über Lassnig im Kontext der Ausstellung Picasso in der Kunst der Gegenwart, hier

HINWEIS: Wir freuen uns über Kommentare. Feedback und Kritik sind uns wichtig. Wer einen Kommentar hinterlassen will, kann dies natürlich zu jedem Beitrag tun. Einfach unten auf 'Keine Kommentare:' klicken und lostippen... 

Mittwoch, 8. März 2017

Skateboardwiesel - Themen und Tendenzen im Werk von Ivo Weber

Wie kommt das Wiesel auf das skateboardartige Gefährt und warum steht es scheinbar neben einem verpackten Weihnachtsbaum im Rampenlicht? List und Humor spielen eine große Rolle im Werk des Kölner Künstlers Ivo Weber. © Ivo Weber VG Bild-Kunst Foto: Gerd Mörsch

Ausgestopfte, preparierte Tiere finden sich in verschiedenen Installationen Ivo Webers. Der oben gezeigten Arbeit verwandt scheint die große Installation BLAUER MONTAG in der Kölner artothek aus dem Jahre 2010 zu sein. Das sagenumwobene Niederwild war gleich zweimal im Ausstellungsraum vertreten.

Auf einer Palette, die von einem hölzernen Lastenkran getragen in der Luft schwebte, saßen an einem Holztisch auf Hockern zwei Wiesel in Interaktion. Es fehlten nur Gläser und Spielkarten, um sich die beiden Figuren in einer kneipenähnlichen Situation, vielleicht vertieft ins Spiel am blauen Montag, vorzustellen. 

Widerstand macht Spaß: Der blaue Montag

Der legendäre blaue Montag, dem wir wahrscheinlich die Redewendung 'blau machen' verdanken, ist eine heute vergessene Tradition. Vor der Industrialisierung war es viele Jahrhunderte lang in den meisten der Klein- und Handwerksbetrieben üblich, am Montag nur „mit halber Kraft“ zu arbeiten. 

In den europäischen Arbeiterkämpfen vom 18. bis 20. Jahrhundert war der so genannte blaue Montag auch eine Form des Widerstands gegen die im Laufe der Industrialisierung sich verschärfende Arbeitszeitdisziplinierung. Doch wie so oft zeugt nur noch die Redewendung von dieser Tradition, die Uhren ticken heute anders...

Das Ende vom Lachen der Hühner

In östlichen Teil Eurasiens werden dem listigen Niederwild, also Wiesel, Marder und ihren Verwandten unheimliche, ja magische Kräfte nachgesagt. Mit ihren in der Dunkelheit funkelnden Augen sollen die Räuber die Hühner im Stall so verzaubern können, dass sie ohnmächtig von den Stangen fallen und somit leichte Beute sind.  

Jetzt aber zurück zu Ivo Weber. Über aktuelle Tendenzen und Themen in seinem Werk ist nun ein Artikel auf der hier bereits mehrfach beworbenen Publikationsplattform ARTDok erschienen, auf den wir hiermit hinweisen möchten. Machen Sie doch mal am blau am kommenden Montag. Da die meisten Museen geschlossen sind, könnten Sie ja lesen...

Service und Links
- die Website des Künstlers Ivo Weber, hier
- Gerd Mörsch über Tendenzen und Themen in Werk von Ivo Weber, hier 
- mehr über das mobile Wiesel auf dem Skateboard, hier
- kunstlich.com über die Publikationsplattform ARTDok, hier

HINWEIS: Wie freuen uns über Kommentare. Feedback und Kritik sind uns wichtig. Wer einen Kommentar hinterlassen will, kann dies natürlich zu jedem Beitrag tun. Einfach unten auf 'Keine Kommentare:' klicken und lostippen... 

Freitag, 3. März 2017

Kunst in 60 Minuten: Stefan Zöllner

Ein Screenshot der im Laufe der Sendung Westart live am 20. Februar entstandenen Installation transnature von Stefan Zöllner. Unter diesem Begriff finden sich weitere, verwandte Installationen auf der Website des Künstlers. © WDR und Stefan Zöllner

In Max Ernstscher Manier schafft der Multimediakünstler Stefan Zöllner fremde Welten. Unheimliche, bezaubernde Installationen, begleitet von pseudowissenschaftlichen Skizzen und Gemälden, in denen sich Elemente der in den Installationen befindlichen Objekte wiederfinden.  


Der WDR hat dem Künstler in der Sendung Westart live im Februar einen seinem Schaffen würdigen Auftritt gegeben. Beim Atelierbesuch spricht Stefan Zöllner über die Grundlagen seiner Kunst und im Studio, genauer gesagt, in einem Aufzug, schafft er im Laufe der Sendung - in 60 Minuten - eine fantastische Installation.

Flugzeugfressende Gärten, Mobilmachung und Religionsverbot

Wir gratulieren dem tausendsassahaften, sich selbst und seinem Werk immer treu gebliebenen Künstler und verweisen an dieser Stelle auf den WDR-Beitrag und vor allem auf die Website Stefan Zöllners. Aber nein! Es ist keine Website, sondern das multimediale Logbuch des Künstlers, das bis in die 1970er(!) Jahre zurückreicht und einen guten Eindruck vom Zöllnerschen Kunstkosmos vermittelt.

Von Katzengoldhornissen und semantischen Feldern


Zum Schluss hier noch die Kurzbeschreibung des WDR: Fundstücke aus unserem Alltag anders gesehen: Der in Köln lebende Künstler Stefan Zöllner schafft aus gewöhnlichen Gegenständen außergewöhnliche Installationen, transformiert sie, setzt sie in Bewegung, baut Apparate und Maschinen. So entstehen neue Bedeutungsräume – magisch, kurios, verstörend. 

Service und Links
- derRaum, die Website des Künstlers Stefan Zöllner, hier
- WDR: Westart live: Kunst in 60 Minuten - Stefan Zöllner, hier

HINWEIS: Wie freuen uns über Kommentare. Feedback und Kritik sind uns wichtig. Wer einen Kommentar hinterlassen will, kann dies natürlich zu jedem Beitrag tun. Einfach unten auf 'Keine Kommentare:' klicken und lostippen... 

Mittwoch, 1. März 2017

Jetzt aber schnell nach... Bonn - Touchdown - noch bis zum 12. März


Wir haben diese Ausstellung bereits zweimal empfohlen, denn sie ist ein Novum. Und ein Muss. Es ist die erste Ausstellung über die Geschichte des Down-Syndroms. Und - wie der Titel schon sagt - es ist ein Projekt mit und über Menschen mit Down-Syndrom. Vorbildlich möchte man sagen. Doch zugleich traurig genug, dass es das erste Projekt dieser Art ist...

In Zeiten zuvor nicht gekannter Formen von Selbstoptimierung und medizinisch-technischer Möglichkeiten, welche künftigen Eltern die zurecht umstrittenen Früherkennungstests sehr nahe legen, ist eine umfangreiche Untersuchung und Präsentation der Geschichte von Menschen mit Down-Syndrom ein notwendiger, folgenreicher Denkanstoß...

Mehr zum Thema und zur Ausstellung findet man in der Linksammlung unten. 

Lobenswert sind die eindrucksvollen Tandem-Führungen und der umfangreiche Katalog für 7 EUR.

Traurig ist, dass bis zum letzten Wochenende noch immer kein zweiter Ausstellungsort verkündet werden konnte. Eine so innovative wie informative Ausstellung über ein bedeutendes Gesellschaftsthema wie Touchdown sollte nicht nur an einem Ort gezeigt werden. Ein nachhaltiges Ausstellungskonzept sollte eine (internationale) Ausstellungstour beinhalten... 

Service und Links
- die Website zur Ausstellung Touchdown in der Bonner Bundeskunsthalle, hier  
- kunstlich.com: Die ausführlichere Ausstellungskritik zu Touchdown, hier
- die Galen-Predigt von 1941, hier
- SWR2-Kulturgespräch mit Katja de Bragança über Touchdown, hier
- die NOZ über die Bonner Ausstellung Touchdown, hier
- Merle Schmalenbach liefert im Dezember 2016 für die Zeit eine Rezension von Touchdown, erschienen in Christ&Welt, hier
- Christiane Hoffmans für die WELT über Touchdown in Bonn, hier 

- Michael Köhler über Touchdown in der Bundeskunsthalle Bonn - die erste Ausstellung über die Geschichte des Down-Syndroms, hier
- spannende Diskussion: Menschen mit Behinderung - Vom Hochschuldozenten bis zum Museumsführer. Wie leben eigentlich Menschen mit einer Behinderung in unserer Gesellschaft und welche besonderen Bedürfnisse haben sie? Um das herauszufinden, fragt man sie am besten selbst, hört ihnen zu und lässt sie als Experten in eigener Sache zu Wort kommen, hier
- mehr über die Früherkennung des Down-Syndroms, Test mit einer "verheerenden Botschaft" – so Gisela Höhne im Gespräch mit Nana Brink, hier
- Susanne Arlt berichtet über Lehrer und Schauspieler mit Down-Syndrom, hier

- mehr über den im Text erwähnten Science-Fiction-Thriller Cube von 1997, hier

HINWEIS: Wie freuen uns sehr über Kommentare, Feedback und Kritik sind uns wichtig, wer einen Kommentar hinterlassen will, kann diese natürlich zu jedem Beitrag tun, einfach unten auf 'Keine Kommentare:' klicken und lostippen...