Mittwoch, 25. Januar 2017
Bonn: Touchdown - Eine Ausstellung mit und über Menschen mit Down-Syndrom - noch bis zum 12. März
Diese Ausstellung ist ein Novum. Und ein Muss. Es ist die erste Ausstellung über die Geschichte des Down-Syndroms. Und - wie der Titel schon sagt - es ist ein Projekt mit und über Menschen mit Down-Syndrom. Vorbildlich möchte man sagen. Doch zugleich traurig genug, dass es das erste Projekt dieser Art ist...
In Zeiten zuvor nicht gekannter Formen von Selbstoptimierung und medizinisch-technischer Möglichkeiten, welche künftigen Eltern die zurecht umstrittenen Früherkennungstests sehr nahe legen, ist eine umfangreiche Untersuchung und Präsentation der Geschichte von Menschen mit Down-Syndrom ein notwendiger, folgenreicher Denkanstoß.
Doch fernab von dieser bedeutenden, gesellschaftspolitischen Debatte sei an dieser Stelle auch ein kleiner, kunsthistorischer Exkurs erlaubt: Denn der Kunstkritiker Michael Köhler merkt in seinem hörens- wie lesenwerten Bericht über die Bonner Ausstellung zurecht an, dass die in Bonn ausgestellten, mexikanischen Figuren exemplarisch aufzeigen, wie es ist, wichtig Kunstwerke beschreibend zu erfassen. Warum?
Ganz einfach: Es geht um Datenbanken und deren Bedeutung für die kulturwissenschaftliche Forschung, ein Thema, dem kunstlich.com sich immer wieder annimmt. Denn zahlreiche, auch aktuelle Digitalisierungskampagnen lassen in ihren engstirnigen, weil rein fachspezifischen Erfassungsrichtlinien die fachfremde Suche in den digitalen Schatztruhen außen vor. Und so wundert es kaum, dass viele kulturhistorische Datenbanken eine kaum nennenswerte Nutzerzahl außerhalb des Elfenbeinturms aufweisen können...
Konkret und in Sinne Köhlers bzw. bezogen auf die Bonner Ausstellung bedeutet dies: Das Downsyndrom ist bei der Verwendung von fachspezifischen Schlüsseln, wie sie etwa in der Kunstgeschichte üblich sind, kaum auffindbar. Neben den überholten, weil engmaschigen Elfenbeinperspektiven spiegelt sich hierin letztlich auch die andauernde Tabuisierung des Down-Syndroms.
Im Sinne der crossmedialen Berichterstattung zum Schluss noch ein Filmtipp zum Thema: Der Science-Fiction-Thriller Cube (1997) thematisiert die sich hinter der Tabuisierung des Down-Syndroms verbergende ethische Dimension in einem interessanten Filmstoff. Wie sehen Außerirdische wohl den Menschen? Ein klassisches Thema: Ob Perry Rhodan oder Raumschiff Enterprise, das peinliche Bild, dass die bis heute zerstrittene Menschheit von sich bietet, macht keine Lust auf Austausch mit dem sich selbst so bezeichnenden homo sapiens.
Wer sind wir? Wer wollen wir sein? Einiges darüber kann man in Bonn erfahren bzw. Fragen wie diese tun sich dort auf. Und in diesem Sinne wird dieser Ausflug in die Bundeskunsthalle hoffentlich viele sensibilisieren. Und vielleicht auch zahlreiche, nachhaltige (Denk-)Spuren hinterlassen...
Service und Links
- Michael Köhler über Touchdown in der Bundeskunsthalle Bonn -die erste Ausstellung über die Geschichte des Down-Syndroms, hier
- die Website zur Ausstellung Touchdown in der Bonner Bundeskunsthalle, hier
- spannende Diskussion: Menschen mit Behinderung - Vom Hochschuldozenten bis zum Museumsführer. Wie leben eigentlich Menschen mit einer Behinderung in unserer Gesellschaft und welche besonderen Bedürfnisse haben sie? Um das herauszufinden, fragt man sie am besten selbst, hört ihnen zu und lässt sie als Experten in eigener Sache zu Wort kommen, hier
- mehr über die Früherkennung des Down-Syndroms, Test mit einer "verheerenden Botschaft" – so Gisela Höhne im Gespräch mit Nana Brink, hier
- Susanne Arlt berichtet über Lehrer und Schauspieler mit Down-Syndrom, hier
- mehr über den im Text erwähnten Science-Fiction-Thriller Cube von 1997, hier
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