Ein Screenshot der Pressekonferenz Jan Böhmermanns nach der Verkündung des Mainzer Urteils © Jan Böhmermann Neo Magazin Royal |
Was kann, was darf Kunst, oder genauer gesagt, Satire? Es handelt sich hierbei um eine, wie zuletzt wieder sehr deutlich wurde, stets aktuelle Frage. Der Mainzer Entscheid über das Witz-Proseminar des zuletzt als TV-Moderator international prominent gewordenen Jan Böhmermann ist ein wichtiges Signal für die Kunstfreiheit in der Bundesrepublik. Und der Meinungs-und Pressefreiheit.
Wenn ein Witz eine Staatskrise auslöst…
Natürlich thematisieren wir dies nicht, weil wir an dieser Stelle Meinungsmache betreiben wollen, daher sind die unten angeführten Stimmen durchaus kontrovers. Wir widmen usn der Affäre, weil es sich - wie einleitend bereits bemerkt - um eine elementare Frage im Ringen um Kunstfreiheit. Und Kunst und deren Präsentation ist schließlich ja das zentrale Thema dieses blogs.
…dann ist das, unabhängig von der Qualität des Witzes,
Man muss, wie der TV-Moderator in seinem Statement, wohl anmerken, dass das Theater um die sogenannte Böhmermann-Affäre, an sich bereits wieder ungewollte (Real-)Satire ist. Und diese war sicher nicht Teil der wohlkalkulierten Provokation des Entertainers, weil die komplexen, politischen Verwicklungen nicht berechbar waren.
... ein Problem eines Staates…
Von vielen bereits vergessen ist die Tatsache, dass Jan Böhmermanns Proseminar zum Thema ‚Was ist Schmähkritik?‘ eine solidarische Antwort auf Recep Tayyip Erdogans Reaktion auf einen NDR-Bericht war. Am 17. März wurde in der NDR-Sendung extra 3 der Erdowie, Erdowo, Erdogan-Song ausgestrahlt.
Eigentor oder die Null-Tolerenz-Politik des Protzes vom Bosporus
In dem Lied heißt es beispielsweise: "Ein Journalist, der irgendwas verfasst, was Erdoğan nicht passt, ist morgen schon im Knast." Oder: "Er lebt auf großem Fuß, der Protz vom Bosporus". Kein Proseminar, eher eine Schulübung zum Thema Satire, würden viele wohl sagen, doch die Reaktionen in der Türkei waren – leider kann man nicht sagen ungewöhnlich – heftig.
…always look on the bright side of life...
Bereits vor der Ausstrahlung des Erdowie, Erdowo, Erdogan-Songs gab es einen öffentlichen Wutausbruch von Recep Tayyip Erdogan wegen des deutschen Botschafters Martin Erdmann. Der Grund: Der Erdmann war gemeinsam mit anderen ausländischen(!) Diplomaten als Beobachter in einem Prozess gegen zwei prominente Journalisten in der Türkei erschienen. Skandal!
...some things in life are bad…
Zurück zum Anfang. Die nach ihm benannte Affäre verlaufe - so Böhmermann in seiner als Pressekonferenz inszenierten Videobotschaft, die er nach der Verkündung des Mainzer Urteils veröffentlichte - leider völlig außerhalb seiner professionellen Qualitätskontrolle. Aber bedankt sich eindeutig zweideutig für die Unterstützung des ZDFs für ihn und seine Sendung...
...they can really make you mad…
Ach, wo soll das nur enden, dieses Märchen von einem der auszog, seinem durchschnittlich informierten, verständigen Publikum ein juristisches Proseminar zum Thema ‚Was ist Schmähkritik?‘ zu geben? Wie wird der wackere Held nach seinem Mainzer Sieg - mit 9(!) Verteidigern und einer unbekannten Anzahl an Personenschützern und Polizeibeamten – weiterleben können? Es bleibt - leider auch in diesem Falle - spannend.
Service und Links
- O-Ton Jan Böhmermanns - das Video zur Mainzer Urteilsverkündigung, hier
- Ermittlungen im Fall Böhmermann eingestellt - das Verfahren in Hamburg steht aber noch aus, eine Zusammenfassung von Anke Petermann, hier
- Christine Heuer spricht mit Friedrich Nowottny über die Böhmermann-Affäre, hier
- Marcus Pindur über die politischen Reaktionen zur Causa Böhmermann, hier
- DLFdbate: Medienanwalt Markus Kompa zur Causa Böhmermann, hier
- ein Zeit-Online Bericht über den Anfang, den diplomatischen Eklat um NDR-Song Erdowie, Erdowo, Erdogan, hier
- der fast vergessene NDR-Song Erdowie, Erdowo, Erdogan, hier
- Bildung: ein aktueller Bericht über die Situation der Schulen in der Türkei, hier
- eine spannende Ausstellung und weitere Links zur aktuellen Lage in der Türkei, hier
- Themenwechsel: Du für Deutschland – Jan Böhmermanns aktueller AfD-Kommentar, hier
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