Ein Screenshot der Website des Museums zur Ausstellung Tony Cragg - Parts of the World © Von der Heydt Museum / Tony Cragg / VG Bild-Kunst Bonn |
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anderen hat der Künstler gerade erst (s)einen 'Waldfrieden'
genannten Skulpturenpark eröffnet, siehe dazu die Service-Rubrik ganz
unten. Cragg selbst hat mit
seinem Team die Ausstellung einrichten dürften und zum ersten Mal
in der Geschichte des Wuppertaler Von der Heydt
Museums wurde das Gebäude für eine künstlerische Position komplett leer
geräumt.
Aufgrund dieser
vielen Extrawürste hat der
Skulpturenpark trotz seines friedlichen Namens in der arg gebeutelten Kunststadt Wuppertal nicht
nur Freude und Freunde hervorgerufen. Wer mit dem Zug in die einst so stolze,
aufgrund ihrer
Kultur und der Schwebebahn
berühmte Stadt fährt, spürt sofort, dass hier einiges seit langer Zeit schief
oder zumindest aus dem Ruder läuft. Der Bahnhof ist
seit Jahren in einem derart desolaten Zustand, dass alle, die dort ankommen,
den trostlosen Ort so schnell wie möglich verlassen oder vermeiden, den Bahnhof
überhaupt anzusteuern.
Doch kommen
wir zurück zur Kunst, zu Tony Cragg und seiner
umfassenden Retrospektive.
Für alle, die das Werk kaum kennen, ist der im ersten Geschoss auf großer
Leinwand laufende Film ein hilfreicher Einstieg. Auch wenn die Tonspur - oder sind
es die Lautsprecher? - leider zu wünschen übrig lässt...
Der Film
ermöglicht dem Interessierten, einen von Craggs Erläuterungen begleiteten
Rundgang durch seine Werkstätten. Viele der im Museum ausgestellten Arbeiten
kann man hier vorab sehen, den Entstehungsprozess
ähnlicher Werke ausschnitthaft verfolgen und so der so typischen Formsprache Craggs auf die Schliche kommen.
Ein Blick in die Kunstfabrik
Zudem erlaubt die filmische Dokumentation einen tiefen Einblick in seine Werkstätten, zeigt
die vielen für Cragg tätigen
Künstler, sogenannte Assistenten, die die Wünsche und Ideen des Altmeisters in
Form bringen. Ohne diese zahlreichen Künstler, wäre die immense Produktion des international gefragten, britischen Künstlers nicht
möglich.
Die Vielzahl der meist sofort als Cragg-Arbeiten erkennbaren Objekte in den Museen und Konzernlobbys auf der ganzen Welt sind das Ergebnis einer äußerst professionellen Kunst-Produktionsstätte in industriellem Maßstab.
Massenproduktion statt Kunstwerk bzw. Unikat unken daher viele Kritiker. Ist man sich jedoch der (jahrhundertealten) Tradition der künstlerischen Werkstätten – etwa die Rembrandts - bewusst, verliert dieses Argument an Gewicht.
Die Vielzahl der meist sofort als Cragg-Arbeiten erkennbaren Objekte in den Museen und Konzernlobbys auf der ganzen Welt sind das Ergebnis einer äußerst professionellen Kunst-Produktionsstätte in industriellem Maßstab.
Massenproduktion statt Kunstwerk bzw. Unikat unken daher viele Kritiker. Ist man sich jedoch der (jahrhundertealten) Tradition der künstlerischen Werkstätten – etwa die Rembrandts - bewusst, verliert dieses Argument an Gewicht.
Ein Blick ins Gästebuch zur Ausstellung
Doch so sehr
die Werke und ihre Präsentation überzeugen, im Gästebuch des Von der Heydt Museums
finden sich einige wiederkehrende Kritikpunkte. Zurecht wird von vielen
bemängelt, dass es keinen Audioguide
gibt. Freunde der kontemplativen Kunstbetrachtung haben auch vergeblich nach
Sitzmöglichkeiten gesucht, um sich einem Werk oder einer Inszenierung mehrerer
intensiver zu widmen.
Mangelhaft ist vorhandene, aber nur teilweise dienliche die Beschilderung. Zwar entdeckt man in den Ecken der –
stets freundlichen – Aufsichten laminierte Bildlisten, mit deren Hilfe sich die
Werke schnell identifizieren lassen. Dieser Zustand ist Wochen nach der
Eröffnung peinlich. Und auch wenn dies leider den Standards der meisten Museen
entspricht, das Fotografieverbot ist so unzeitgemäß wie das Fehlen des
Audioguides.
Viele
Besucher vermissen auch Postkartenmotive zur Ausstellung. Vorbildlich dagegen ist das
kostenlose, mit 38 Seiten recht umfangreiche Begleitheft zur Ausstellung. Nicht
jeder Interessierte kann sich nach 12 EUR Eintritt noch den mit 38 EUR eigentlich recht preiswerten Katalog
leisten.
Fazit: Faszinierender Ein- und Überblick
Die
Ausstellung ist trotz der erwähnten Mängel ein absoluter Tipp. Denn dank der
vielen Zeichnungen, Fotografien und Druckgraphiken und den frühen Arbeiten des
Künstlers kann man die großen Themen, die Formsprache und die Entwicklung eines
bedeutenden zeitgenössischen Bildhauers recht gut nachvollziehen.
Die zunächst
abstrakt anmutenden Werke Craggs
verlieren bei einer intensiven Betrachtung und Begehung der umfangreichen Retrospektive ihre
künstlich-anorganisch wirkende Fremdartigkeit. In ihnen findet sich immer wieder die
menschliche Figur, meist ein Profil, und die Vielfalt der Formen der Natur. Der Künstler erscheint
als geduldiger Beobachter, ein wissenschaftlich anmutender Nachahmer der Formen
der Natur. Ein geradezu klassischer Bildhauer. Und schließlich verwundert es kaum noch, dass Cragg vor seinem Kunststudium
lange in einem Labor für Biochemie
arbeitete.
Besonders
interessant, weil erhellend, sind die frühen Arbeiten, etwa die ‚Spectrum‘
genannte Assemblage aus Plastikmüll von 1979. Die treibgutartig, großflächig arrangierte,
nach Farben sortierte Installation der Formvielfalt von Design und Funktion
spiegelt Humor, wissenschaftliches Interesse. So wie der schlicht ‚Stack‘
genannte Schrottkubus von 1976 die kunsthistorischen Strömungen der 1970er und Craggs Beschäftigung mit ihnen
deutlich zeigen.
Also auf nach
Wuppertal. Auch wenn man die Objekte, deren Form und Oberfläche in ihrer
Vielfalt danach schreien, leider nicht berühren darf. Warum eigtenlich? Neben klassischen
Beigaben wie einem Audioguide, funktionalen Beschilderungen, Sitzmöglichkeiten
und Postkarten, wäre ein erlaubtes, vorsichtiges Berühren zumindest einzelner Objekte eine innovative, tabubrechende Ergänzung der kunstpädagogischen
Vermittlung.
Die sicher Wuppertaler Besucherzahlen könnten durch eine geschickte, innovative Inszenierung
der Vermittlung – vielleicht eine koordinierte, haptische Führung durch die Retrospektive – sicher
nachhaltig gesteigert werden. Ein klassischer Blockbuster ist diese Ausstellung
allemal. Zuletzt noch unser ganz persönlicher Highlight, es ist die monumentale, den ihr
zugestandenen Raum sprengende Arbeit ‚Secretions‘ aus dem Jahre 1998.
Spekulationen über Sekretion
Eine
unschätzbare Anzahl von Würfeln – das Aufsichtspersonal nennt die genaue Zahl
gern und scheint ebenfalls von dem Werk fasziniert – bildet die Außenhaut einer
Ansammlung von etwa einem Dutzend amorpher Figuren. Diese Ausscheidungen, Absonderungen
sind Teil der Sammlung einer in London beheimateten Filiale der Deutschen Bank. Ein
Schelm wer Würfel sieht, an Geld und Aktien denkt und hinterlistiges ahnt, wenn
er um die Rolle der Deutschen Bank bei Spekulationen weiß…
Wer die
Arbeit weniger politisch, sondern von ihrer Form her lesen will und von den anderen
Werken inspiriert nach natürlichen Vorbildern für diese sucht, dem seien die Formen
der Ausscheidungen von Tieren empfohlen. Die Ablagerungen von Wattwürmern etwa.
Service
VON DER HEYDT-MUSEUM
Turmhof 8
42103 Wuppertal
Telefon 0202/563-6231
von-der-heydt-museum@stadt.wuppertal.de
Öffnungszeiten
DI-SO 11-18 Uhr und DO 11-20 Uhr
lobenswert: Jeden ersten Donnerstag im Monat ist der Besuch der Sammlung
(nicht der Wechselausstellungen) ab 17 Uhr kostenlos
Skulpturenpark Waldfrieden
Hirschstraße 12
42285 Wuppertal
Links
- ein Ausschnitt des informativen Films über Craggs Werk und Arbeitsweise, hier
- Thomas Köster berichtet für den WDR über Cragg in Wuppertal, hier
- Interview: Sabine Burbaum-Machert im Gespräch mit Tony Cragg, hier
- Stefan Lüddemann über die Wuppertaler Cragg-Ausstellung, hier
- Ralf Stiftel für WA.de über die Ausstellung Tony Cragg - Parts of the World, hier
- Ulrich Traub für die Südwest Presse über die Tony Cragg Ausstellung, hier
- Bettina Ansorge für die Ruhrnachrichten über Tony Cragg im Heyd-Museum, hier
VON DER HEYDT-MUSEUM
Turmhof 8
42103 Wuppertal
Telefon 0202/563-6231
von-der-heydt-museum@stadt.wuppertal.de
Öffnungszeiten
DI-SO 11-18 Uhr und DO 11-20 Uhr
lobenswert: Jeden ersten Donnerstag im Monat ist der Besuch der Sammlung
(nicht der Wechselausstellungen) ab 17 Uhr kostenlos
Skulpturenpark Waldfrieden
Hirschstraße 12
42285 Wuppertal
Links
- ein Ausschnitt des informativen Films über Craggs Werk und Arbeitsweise, hier
- Thomas Köster berichtet für den WDR über Cragg in Wuppertal, hier
- Interview: Sabine Burbaum-Machert im Gespräch mit Tony Cragg, hier
- Stefan Lüddemann über die Wuppertaler Cragg-Ausstellung, hier
- Ralf Stiftel für WA.de über die Ausstellung Tony Cragg - Parts of the World, hier
- Ulrich Traub für die Südwest Presse über die Tony Cragg Ausstellung, hier
- Bettina Ansorge für die Ruhrnachrichten über Tony Cragg im Heyd-Museum, hier
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