Donnerstag, 1. Juli 2010

Wir sind alle Künstler und Betroffene - Ein offener Brief mit der Bitte um Unterstützung

Pappnase oder nicht? Mit diesem Plakat warb man zu Beginn des Jahres für die von Korruption und Missmanagement bedrohte Kölner Kunstszene
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Merlin Bauer & Owen Gump und Kölner Komment

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Mitglieder des Rates der Stadt Köln,

sehr geehrte Mitglieder des Kulturausschusses der Stadt Köln,

in der Sitzung des Kulturausschuss am 29.6.2010 wird die Verwaltung über die bereits getätigten und
bevorstehenden Kürzungen des Haushalts des Kulturamts informieren.

Demnach ist eine Kürzung der freien Szene von ca. 1,3 bzw. 1,7 Millionen Euro für 2010 und 2011 geplant. Diese Einsparung bedeutet eine Kürzung um mehr als 20 % ungeachtet der bereits vollzogenen Kürzungen in Höhe von 357.000 € im Jahre 2009. Auch wenn der Haushaltsentwurf der Verwaltung erst am 13.7.2010 in den Rat eingebracht wird, sind diese Pläne so dramatisch, dass wir diesen bereits jetzt vehement gemeinsam entgegen treten. Denn sie bedeuten für viele Institutionen der freien Szene das sichere Aus.

Durch das Kulturamt werden aktuell ca. 300 Institutionen, feste Projekte und Festivals sowie Kunsträume, freie Initiativen und zahlreiche Atelierräume aus den Sparten der Bildenden Kunst, Musik, Literatur, Filmkunst, neue Medien, Tanz und Theater mit einem so geringen Etat gefördert, dass er nur ca. 0,2 % des gesamten städtischen Haushalts ausmacht. Dennoch soll die freie Kunstszene eine überproportionale Kürzung mit mehr als 20 Prozent für 2010 und fast 25 % für 2011 hinnehmen. Da auch aufgrund von bestehenden Verpflichtungen und Verträgen in der freien Szene nicht in allen Bereichen gleich gekürzt werden kann, werden die Zuschüsse für einzelne Projekte noch dramatischer gekürzt werden und diese Kürzungen zum Teil über 50% liegen.

Zahlreichen
Institutionen und Projekten, die seit Jahren mit geringsten Mitteln sehr effiziente kulturelle Arbeit für Köln leisten, wird die existenzielle Basis entzogen. Selbst wenn der Rat diese Kürzungen im Spätsommer wieder zurücknimmt, werden viele Projekte bereits gestorben sein. Hinzu kommt, dass die Stadt durch die Einsparungen bei der freien Szene nicht die gewünschten Einsparungen erreichen wird: Grund dafür ist, dass viele Künstler sowie freie Organisatoren, kleine Dienstleister und freie Mitarbeiter bei kulturnahen Medien sind, die mittelbar aus den Förderungen ihr Einkommen beziehen. Durch den weiteren Wegfall der Förderungen werden sie direkt zu Arbeitslosengeld II Empfängern. Auch die Kosten für Arbeitslosengeld II sind aus dem städtischen Haushalt mitzufinanzieren.

Die freie Szene gibt dem kulturellen Leben der Stadt nicht nur ihre Lebendigkeit, sondern trägt die künstlerische Sprache in die Bevölkerung hinein und stellt damit Möglichkeiten des Selbstausdrucks, eine Auseinandersetzung mit der eigenen Stadtgesellschaft und ihren Werten zur Verfügung. Viele Teile vor allem der jüngeren Bevölkerung kommen nur durch Projekte der freien Szene in Kontakt mit Kultur. Gerade die freie Szene ist es, die Projekte beispielsweise für Menschen mit Migrationshintergrund entwickelt.

Daher darf die Bedeutung der
freien Szene für die kulturelle Bildung in einer Stadt nicht unterschätzt werden. Viele Projekte finden auch außerhalb Kölns große Beachtung und stehen somit im Verbund mit den Aktivitäten der großen städtischen Museen, Theater und Konzerthäuser für die internationale Attraktivität einer Kulturstadt Köln. Die freie Szene Kölns ist nicht zuletzt durch die kulturpolitischen Ereignisse der letzten Jahre stark ausgedünnt.

Die Situation ist
mit der in 2003, als die letzten frappanten Kürzungen vorgenommen wurden, nicht vergleichbar. Letztlich bedeutet jegliche Kürzung der freien Szene den Todesstoß, den Wegbruch des wichtigsten Mittels städtischer Selbstreflexion und den endgültigen Schritt in die Provinzialität. Räume und Festivals, die einmal geschlossen sind, lassen sich nicht einfach in besseren Zeiten wieder aufbauen – eine letzte Welle des Wegzugs Kulturschaffender würde forciert.

Wir fordern Sie daher auf, die freie Kunstszene von den geplanten Kürzungen auszunehmen!

- Dr. Lale Akgün, Vorsitzende des Sommerblut Kulturfestival
- Ingo Albrecht, theater im hof - Christa Aretz - filminitiativ e.V. - Michael P. Aust, SoundTrack_Cologne 7.0 - Marina Barth, Kabarett Klüngelpütz - Karin Beier - Andrea Bernshausen, Atelier Theater - Ingrid Berzau, FWT Freies Werkstatt Theater - Ulrich Biermann, Journalist - Andreas Blaschke, Figurentheater Köln - Professor Hans-Georg Bögner, Geschäftsführer SK Stiftung Kultur - Achim Conrad, movintheatre.de - Hiltrud Cordes, Orangerie - Clemens Dardenne, Verwaltungsleiter Comedia Colonia Theater - Carla Despineux - feminale e.V. - Anna Dünnebier, stellv. Vorsitzende Verband deutscher Schriftsteller - Friederike van Duiven, KulturNetz Köln und SUMO KunstNetzKöln - Oliver Durek, Vorstand TK und Theater am Dom - Rolf Emmerich, Festivalleiter des Sommerblut Kulturfestival - Gabriele Fischer, Projektleitung TK und c.t.201 -- freies Theater Köln - Andrea Franzioch - Bildende Künstlerin, CAP Cologne e.V. - Joerg Fuerst, A.TONAL.THEATER, Freihandelszone - Ensemblenetzwerk Koeln (Vorstand) GLOBALIZE:COLOGNE, International Festival Series for dance & theatre (Veranstalter) - Pia Maria Gehle, Intendanz Theater der Keller - Gerhardt Haag, Theater im Bauturm - Freies Schauspiel Köln, Vorsitzender plattform kölner theater; Vorsitzender off-cologne - Dr. Hans Henrici, Notar - Jochen Heufelder. Fuhrwerkswaage und new talents - Inga Hilsberg, Kammeroper Köln - Dieter Horky, Vorsitzender des Bundesverbandes Bildender Künstler Köln BBK - Kathrin Jentjens/ Anja Nathan-Dorn, Direktorinnen Kölnischer Kunstverein - Inken Kautter, FWT Freies Werkstatt Theater - Lisa Kihm-Dolmaire, Geschäftsleitung Theater im Bauturm - Heinrich Klauke, Studienleiter Karl Rahner Akademie - Heorg zum Kley, Kölner Künstler Theater - Till Kniola, Geschäftsführer ON - Neue Musik Köln e.V. - Dietmar Kobboldt, Kölner Theaterkonferenz e.V. und Kulturnetz Köln - Gerhard Kock - KunstFilmBiennale und KINOaktiv e.V. - Prof. Kasper König - Joachim Kühn - Kinogesellschaft Köln - Volker Lippmann und Gila Abutalebi, THEATER TIEFROT - Linn Lühn/ Thomas Rehbein, Galeristen und Sprecher der Galerien Köln - Hille Marks, Casamax Theater - Reiner Michalke, Programmchef "Stadtgarten" - Udo Mierke, Cassiopeia Theater - Heinrich Miess, kjubh e.V. - H M Müller, LOFT / 2ndfloor e.V. - Caroline Nathusius, Temporary Gallery Cologne - Kajo Nelles, nrw landesbuero tanz, Gesellschaft für Zeitgenössischen Tanz NRW e.V. - Rainer Nellessen, ehrenamtlicher Studienleiter Karl Rahner Akademie - Christos Nicopoulos, Horizont Theater - Dr. Rainer Nonnenmann, Vorsitzender IFM-Projekte e.V. KÖLNER MUSIKNACHT - Norbert Oberhaus, c/o pop und das Netzwerk Sound of Cologne - Holger Otten, Simultanhalle – Raum für zeitgenössische Kunst - Bernd Rehse, artheater - Uwe Schäfer-Remmele, TPZ Theaterpädagogisches Zentrum - Jochen Schäfsmeier, Concerto Köln und im Namen vom "Verein der Freunde von Concerto Köln e.V." - Alexandra Schmidt, NRW Landesbüro Freie Kultur und der Verband Freie Darstellende Künste NRW e.V. - Richard Schneider, Geschäftsführer Kunstverein Koelnberg - Dieter Scholz, FWT Freies Werkstatt Theater - Klaus Schweizer, Geschäftsführer Comedia Colonia Theater - Maria Spering, Kulturnetz Köln und Initiativkreis freie Musik - Jutta M. Staerk, Künstlerische Leiterin Comedia Colonia Theater - Joachim Steinigeweg, Vorstand KINOaktiv - Tomasso Tessitori, tt-Theaterproduktion - Stephanie Thiersch, artistic direction MOUVOIR und Kompanie - Christina Vayhinger, theater 100 Hertz - Dr. Bernd Wacker, Akademieleiter, Karl Rahner Akademie - Nadia Walter-Rafei, Vorstand TK und FWT - Layos Wenzel, Kammeroper Köln - Dirk Werner - Kölner Filmhaus e.V. - Frank Zollner, Corinne Walter, KABRETT A-Z - Albrecht Zummach/ Egbert Hiller, Kölner Gesellschaft für Neue Musik

- Das Ansinnen wird unterstützt von Kölner Komment

Links für Unterstützung:

Kontakt über:
Kölnischer Kunstverein
Die Brücke
Hahnenstraße 6

50667 Köln
0221 217021

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