Freitag, 19. August 2016

jetzt aber schnell nach Essen - Museum Folkwang - noch bis zum 4.9. - Heinrich Kühns Liebe zum Material

Ein Screenshot von der Website des Museum Folkwang zur Ausstellung 'Heinrich Kühns Kasten
Oder die Liebe eines Fotografen zum Material'.

Seit Anfang Mai ist im Essener Folkwang Museum eine kleine, aber äußerst exquisite Fotografieausstellung zu sehen. Wie der Titel bereits andeut, geht es um die besondere Beziehung des Fotografen Heinrich Kühn zum Material.

Heinrich Kühn zählt zu den bedeutendsten Vertretern der europäischen Kunstfotografie um 1900. Mit seinen Studien zur Übersetzung der fotografischen Aufnahme aufs Papier trug Kühn wesentlich zur Entwicklung der Kunstfotografie bei.


Letztere ist erste fotografische Stilrichtung überhaupt und wird aufgrund der für sie typischen Versuche, die Malerei zu imitieren, auch als Piktoralismus bezeichnet wird. Anlässlich des 150. Geburtstages von Heinrich Kühn zeigt das Museum Folkwang eine auf einen Raum konzentrierte Auswahl von 40 Arbeiten.

Der Kampf der Fotografie um Anerkennung


Heinrich Kühn suchte nach neuen Formen des fotografischen Bildes, die es dem jungen Medium erlaubten, auf Augenhöhe mit der Malerei und der Grafik. Und so spiegeln sich in seinen Aufnahmen die angesagten Kunstströmungen der Jahrhundertwende, Impressionismus, Jugendstil und Symbolismus.

Im Zentrum, gleichberechtigt neben den Fotografien, steht daher Heinrich Kühns Kasten. Ein Schrank, den er sich von Wiener Werkstätten anfertigen ließ. Darin bewahrte Kühn unterschiedlichste Papiere für seine Edeldruckverfahren auf, die er intensiv praktizierte, sich darüber austauschte und somit weiterentwickelte.


Ein weiterer Screenshot von der Website des Museum Folkwang zur Ausstellung 'Heinrich Kühns Kasten
Oder die Liebe eines Fotografen zum Material'. Das Museum hat übrigens eine fantastische, für alle Interessierte zugängliche Datenbank - vorbildlich.

Die Auswahl der Werke erlaubt einen Einblick in die haptische Qualität der Techniken und zugleich einen Überblick auf die Sichtweisen und Genres der Fotografie Heinrich Kühns. Von Landschaften über familiäre Szenen, Porträts von Kollegen und Künstlern bis hin zu Stillleben.

Aufgrund der typischen, bewusst angestrebten Nähe zur Malerei wurde die Kunstfotografie lange missachtet. Doch dank ihrer gestalterischen Qualität und ihrem modernen Kunstverständnisses – die Idee, der zufolge die fotografische Aufnahme das Ausgangsmaterial für ein autonomes Bild ist – ist die abschätzige Beurteilung dieser Stilrichtung längst passé.
 

Vom Stiefkind zum begehrten Kunstobjekt

You do not take a photograph. You make it, formulierte der mit Heinrich Kühn befreundete Fotograf Alfred Stieglitz kurz und knapp diesen Aspekt. Also auf nach Essen ins Folkwang Museum, das dank seines Gründers Karl Ernst Osthaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts übrigens das erste Museum für zeitgenössische Kunst überhaupt war.

Und ganz aktuell ist das Folkwang Museum auch das erste große Museum in Deutschland, das – dank großzügiger Förderung – seinen Besuchern freien Eintritt in die eigene Sammlung gewährt. Zunächst für 5 Jahre…

Service / Links
- die Website zur Ausstellung Heinrich Kühns Kasten - Oder die Liebe eines Fotografen zum Material, hier
- Verdoppelte Besucherzahlen - Folkwang-Direktor Tobia Bezzola im Gespräch mit Stefan Koldehoff, hier
- Sacha Verna über die New Yorker Heinrich Kühn-Ausstellung in der Neuen Galerie (2012), hier 

- Georg Imdahl über die fotografische Sammlung des Folkwang Museums, hier

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