Mittwoch, 31. August 2016

Photoszene Köln: Ivo Weber - Waldfegen - heute und morgen in der artothek

So nahm alles seinen Lauf... Das Foto zeigt die erste Waldfegen-Aktion im Jahre 2013 © Ivo Weber, Foto Olaf Hirschberg

Der September ist alle zwei Jahre der Photokina-Monat. Das Photoszene Köln Festival präsentiert rund um den Fotomessemonat in diesem Jahr an über 100 Orten im Kölner Stadtraum Ausstellungen von moderner und zeitgenössischer Fotokunst. Wir hatten zuletzt über einen der Pioniere an dieser Kunstgattung berichtet, hier

An dieser Stelle konzentrieren wir uns im Folgenden ganz auf den Künstler Ivo Weber, der sich vor allem als Bildhauer einen Namen gemacht hat. Vor 13 Jahren begann der ordentliche Schwabe, den Wald zu kehren und dokumentierte die Aktion fotographisch.

In der Kölner artothek sind nun die Bilder der Waldfegen-Aktionen der letzten 13 Jahre zu sehen. Zuletzt war der Künstler 2010 mit seiner Installation Blauer Montag in der Kölner artothek. Doch nun zurück in den Wald. Dort nahm alles seinen Lauf als Ivo Weber vor rund 13 Jahren im laubbedeckten Wald begann, Formen durch das Entfernen von Blättern zu bilden.


Alleine im Wald mit Rechen, Harke und Besen


Zunächst noch von der Land Art kommend positionierte der Künstler auch Objekte auf dem Waldboden, verwarf diese Idee aber rasch wieder. Doch das Fegen im Wald hinterließ einen nachhaltigen Eindruck. Für Weber wurde es mehr und mehr zu einem Ritual, einer Performance. Zu dieser lud er Freunde ein, fegte mit ihnen passend zur Gruppe abgesteckte Flächen und ließ einen befreundeten Künstler die getane Arbeit schließlich fotographisch dokumentieren. Er zog sich zurück, wurde mehr und mehr zum Regisseur, zum Choreographen des von ihm initiierten Rituals.


Beuys und Zen-Buddhismus

Die Aktion, das alljährliche Waldfegen Webers, erinnert sich nicht von ungefähr an die umgangssprachlich Zengarten genannte Karesansui-Kultur Japans. Auch hier werden in sisyhoshafter Manier die Spuren der getanen Arbeit regelmäßig verwischt. Und bei genauerer Betrachtung finden sich auch Elemente der Beuysschen Verbindung von Ost und West – von Intuition und Rationalität – im Werk von Ivo Weber. Nein, es sind nicht nur die filzartigen Mäntel oder die wiederholt verwendeten, ausgestopften Tiere. Wobei Weber statt dem Hasen listiges Niederwild wie den Wiesel verwendet, dem in Eurasien magische Kräfte nachgesagt werden…


Der verzauberte König im Budapester Wald

Beim diesjährigen International Artcamp Erdöszölö nahe Budapest begann Weber, ähnlich den Waldfegen-Aktionen, zunächst im dichten Grün auf dem Grund eine runde Fläche freizulegen. Dort grub er dann ein Loch, um darin einen mannshohen Turm zu mauern. Das im Zeitraffer die Arbeit dokumentierende Video zeigt deutlich, dass es sich auch hierbei um eine performative Aktion handelt, in deren Verlauf ein plastisches Werk entsteht – der gemauerte Turm. Und diese einfache, geometrische Form erinnert wiederum an klassische Arbeiten der Land Art, etwa solche von Robert Smithson.


Im Blaumann im Dickicht © Ivo Weber

Doch zurück zu Ivo Weber, in den Dschungel nahe Budapest. Dort lud er nach Vollendung seines Turmbaus abschließend zu einer feierlichen, prozessionsartigen Performance ein. Zunächst begrüßte Weber, wie ein Zeremonienmeister einen hölzernen Stab mit sich führend, das Publikum. Dann ging er unter musikalischer Begleitung, gefolgt von einer Gruppe, die einen Mann auf einer Sänfte trug, ins grüne Dickicht. Weber führte die ihn Folgenden zu seinem Turm. Dort stieg der Getragene von der Sänfte hinab ins Innere der  gemauerten Röhre, die ihm bis zu seinen Schultern reichte. Mit Hilfe seines Stabs und einem daran befestigten, künstlichen Vogel verzauberte Weber schließlich den freiwillig Gefangenen. Wie in Trance folgte dieser dem um ihn kreisenden Vogel, drehte sich dabei um sich selbst, immer und immer wieder.

Slominskiesker, schelmenhafter Schamanismus


Die Prozession mit der Sänfte zum Turm © Ivo Weber

Die Steine, die Ivo Weber für den Bau des Turms verwendete, wurden von ihm übrigens aus jener Erde gebrannt, die er zuvor im Wald ausgehoben hatte. Der Turm – verstanden als Röhre ist eine logische Fortführung der Kreisform, ein archaisches Symbol für die Unendlichkeit und metaphorisch formuliert er besteht nur aus jenen Elementen, auf denen er ruht. 

Der Betrachter des humorvollen wie märchenhaften Prozessionsvideos kann den ewigen Kreislauf der Materie – ähnlich dem Zeitraffervideo vom Turmbau – in seiner Vorstellung fortführen. Der steinerne Turm wird überwuchert. Er verschwindet gänzlich im grünen Dickicht und versinkt im Laufe der Jahrtausende wieder dort, wo er dank der Arbeit Ivo Webers wachsen durfte.

Die Entgrenzung der Ausstellungen durch simultane Präsentation

Kommen wir zurück nach Köln, in die artothek zu den Waldfegen-Bildern des Künstlers. Denn hier wendet Ivo Weber – neben der Präsentation der Fotographien im Rahmen der leider etwas kurzen Ausstellung – einen weiteren, vielschichtigen Kunstgriff an. Da die Ausstellung so wie das Waldfegen immer nur wenige Stunden – von 20:00 Uhr am 31. August bis 20:00 am 1. September – erlebbar ist, wird in dieser Zeit in einem zwei Stundenintervall immer eine der 12 Fotoarbeiten von Weber live ins Internet übertragen.


Doch diese Aktion – die Präsentation der Werke im Internet – wäre keine Arbeit von Ivo Weber, wenn die Übertragung selbst nicht einen performativen und zugleich auch subversiven Aspekt beinhalten würde. Der Künstler übernachtet, verbleibt im Ausstellungsraum. Im Zweistundenrhythmus bewegt Weber die Webcam und wechselt so von einer Fotoarbeit zur nächsten.


Ein komplexes Spiel mit künstlerischen wie politischen Realitäten und kunsthistorischen Referenzen

Natürlich hätte der technikaffine Künstler diesen Bildwechsel automatisch vonstattengehen lassen können. Doch durch seine Anwesenheit, seinen scheinbar unsinnigen, persönlichen Einsatz und die Art der Verwendung der Medien wird die Präsentation selbst zu einem performativen Akt. Dieser erinnert an frühe Performance-Arbeiten, etwa solche von Vito Acconci.


lost in space - ein Screenshot der Einladungskarte zur Ausstellung my cube von Ivor Weber und Ulrich Haarlammert © Ivo Weber und Ulrich Haarlammert

Bereits in seiner letzten Ausstellung in Münster – eine Kooperation mit Ulrich Haarlammert – spielte Ivo Weber mit der Idee der Präsentation von Kunst und kommentierte zugleich gesellschaftlich-politische Realitäten. Auch in Münster präsentierte Weber die Fotographien von seinen Waldfegen-Aktionen. Und mit Hilfe von zwei, auf einer Kreisbahn über den Köpfen der Besucher schwebenden Videokameras überwachte er den Ausstellungsraum permanent.

Die Videoaufnahmen wurden simultan im Ausstellungsraum präsentiert. Je nach Position und Aufmerksamkeit konnten sich die Betrachter der Werke beim Betrachten der Kunst betrachten – und wurden somit sichtbar selbst zum Teil der Ausstellung. Zugleich wurden die Bilder durch einen im Schaufenster des Ausstellungsraumes befindlichen Bildschirm nach außen, zur Straße hin präsentiert.


Hinter der Münsteraner wie der Kölner Medieninstallation
Ivo Webers verbergen sich viele theoretische Baustellen. Die Idee vom Ausbruch aus dem geschlossenen white cube und vom Rezipienten als Teil des Kunstwerks. Oder Fragen zur Sichtbarkeit und Zugänglichkeit von Kunst, ihrer medialen Präsenz und auratischen Qualität, aber auch zur Präsenz von Kameras in unserer zunehmend überwachten Gesellschaft.

Raum und Zeit


Doch was macht der Künstler nachts in der artohtek wirklich? Ist die 24 Stunden-live-Übertragung seiner Waldfegen-Fotographien vielleicht nur ein ironisch verzweifelter Versuch, die Ausstellung durch ihre Präsenz im nichts vergessenden Internet zu verlängern? Dagegen spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass auch der Ort des Waldfege-Rituals, der Wald, live in den Ausstellungsraum der Kölner artothek übertragen wird. Der seit 13 Jahren von Ivo Weber bespielte Raum wird live in den Kunstraum übertragen. Der Wald wird zur schweigsamen, omnipräsenten und somit offensichtlich zentralen Figur der Inszenierung.


Es scheint, als habe das Philosophiestudium Ivo Webers Spuren in seinem Werk hinterlassen. Sein Spiel mit den verschiedenen Gegenwarten und Begriffen von Kunst und Natur versetzt den aufmerksamen Betrachter ins Staunen ob der komplexen Verwicklungen, die sich hinter der zunächst schlicht anmutenden Inszenierung seiner Interventionen im Wald verbergen. 

Oder ist das alles nur ein geschickt inszenierter Spuk? Und die live-Übertragung des Waldes in den Raum so wie Beuys-Legende von seiner tagelangen Versorgung durch die Krimtataren eine anekdotische Irreführung des gutgläubigen Ausstellungsbesuchers?

Ein Screenshot der Website des Künstlers Ivo Weber © Ivo Weber

Service / Links

- die Website von Ivo Weber, hier
- Ivo Weber, das Video the tower in the forest, hier
- Ivo Weber, das Video der Performance the tower in the forest, hier
- WDR3 Fotostrecke zur die Ausstellung Ivo Weber - Waldfegen, hier
- WDR3 Interview mit Ivo Weber zur Ausstellung Waldfegen, hier
- der Pressetext zur Ausstellung, hier

Montag, 29. August 2016

Köln-Athen-Kassel? Artisttalk Kosmas Nikolaou: 1. September, 19 Uhr im Büro für Brauchbarkeit

Kunst ist Kommunikation ist Kunst © Kosmas Nikolaou / Studio 3 137 / BÜRO FÜR BRAUCHBARKEIT

Das Kölner BÜRO FÜR BRAUCHBARBEIT präsentiert im Rahmen seines Artist in Residence-Programms den griechischen Künstler und Kurator Kosmas Nikolaou. Angesichts des Ende 2014 in Kassel von Adam Szymczyk präsentierten Konzepts für die von ihm verantwortete documenta 14learning from athens – scheint es, als habe das Kölner BÜRO FÜR BRAUCHBARBEIT sich schon jetzt diesem Thema angenommen.

Hier folgt der Pressetext des BÜRO FÜR BRAUCHBARBEIT

Unser Artist in Residence Kosmas Nikolaou gibt (in englischer Sprache)Einblicke in die aktuelle Kunstszene Athens und stellt seine und die Arbeit seines Studios 3 137 vor.

In the context of the third summer residency „Ausstellungsraum des Büro für Brauchbarkeit” is conducting an artist/curator exchange with the Athens-based off-space “3 137”. From mid August – mid September the Büro für Brauchbarkeit welcomes Kosmas Nikolaou from Athens, while in 2017 members of Büro für Brauchbarkeit will visit 3 137 in Greece.

3 137 is an artist run space in Athens founded by three greek artists/curators: Kosmas Nikolaou, Chrysanthi Koumianaki and Pari Vlassopoulou. The space is used as a studio and opens its gates 3 to 4 times per year to organize exhibitions as also events such as artist talks, presentations and performances. 3 137 is a meeting point for creation and collaboration. An independent initiative that promotes artistic practices and supports experimental ways of art production, curatorship and presentation.

Kosmas Nikolaou was born at Lycabetus, Athens in 1984. He studied Fine Arts and Architecture. His practice borrows elements from architecture and other sciences which he combines with historical facts, documents and personal experiences in order to highlight his perspective on public history. His need for cooperation and team building has also made him curate some exhibitions.

Service / Links  


BÜRO FÜR BRAUCHBARBEIT 
Artisttalk Kosmas Nikolaou 
Donnerstag, 1. September 19 Uhr 
Kontakt 0221 9226920 und ausstellungen@brauchbarkeit.de 
Ort: Trimbornstrasse 7 51105 Köln

- die Website des Studios 3 137, hier
- Mark-Christian von Busse über die Vorstellung des documenta 14 Konzepts, hier
- Ingo Arend über das Konzept learning from athens für die documenta 14, hier
- mehr über das Konzept und das documenta 14 Team, hier
- Niklas Maak über den Streit um die documenta 14, hier
- Ingo Arend über die documenta 14, Kunst als Politikersatz?, hier 

Von nix kommt nix...


Freitag, 26. August 2016

Köln feiert einen besonderen Geburtstag - Wir nennen es Ludwig - Happy Birthday

Ein Screenshot der Website des Kölner Museum Ludwig zu seiner Jubiläumsausstellung Wir nennen es Ludwig © Museum Ludwig

Museen von Köln bis Peking, der Name Ludwig steht für eines der größten Kunstimperien der Welt und ist - wie der Dom - untrennbar mit Köln verbunden. Heute eröffnet das Kölner Museum Ludwig eine ganz besondere Ausstellung zu seinem 40. Geburtstag.
 

Vorab folgt hier die Liste der Künstler, die dazu eingeladen wurden, sich mit dem Haus und seiner Geschichte auseinander zu setzten. In Kürze folgt dann an dieser Stelle eine ausführliche Kritik der Ausstellung.

Ge­orges Adéag­bo, Ai Wei­wei, Ei Arakawa & Michel Au­d­er, Min­er­va Cue­vas, Maria Eich­horn, An­drea Fras­er, Meschac Ga­ba, Guer­ril­la Girls, Hans Haacke, Dian­go Hernán­dez, Can­di­da Höfer, Bodys Isek Kin­gelez, Kuehn Malvezzi, Chris­tian Philipp Müller, Mar­cel Oden­bach, Ah­met Ögüt, Claes Ol­d­en­burg, Pratchaya Phin­thong, Alexan­dra Piri­ci & Manuel Pel­muş, Ger­hard Richter, Av­ery Singer, Jür­gen Stoll­hans, Rose­marie Trock­el, Vil­la De­sign Group, Chris­to­pher Wil­li­ams.

Service und Links  

- Michael Köhler über das Jubiläum und die Ausstellung im Museum Ludwig, hier
- Kunstkritikerin Christiane Vielhaber über das Museum Ludwig, den Mäzen und die Geschichte des Hauses, hier
- Kunst ist Trumpf: 40 Jahre Museum Ludwig, Sabine Oelze über das Museum Ludwig, hier
- Mäzene und Museen - Dörte Hinrichs über das vielschichtige Verhältnis am Beispiel des Kölner Museum Ludwig, hier
- Barbara Engelbach, Kuratorin der Fotosammlung des Museum Ludwig im Gespräch, hier
- das offizielle Video zur Kölner Geburtstagsausstellung – Wir nennen es Ludwig, hier
- Museen von Köln bis Peking, der Name Ludwig steht für eines der größten Kunstimperien der Welt, eine aktuelle WDR-Dokumentation, hier
- Ein Museum zieht sich um, eine Multimediareportage von Thomas Köster und Philipp J. Bösel, hier
- die Website des Museum Ludwig zur Ausstellung, hier
- Yilmaz Dziewior, Direktor des Museum Ludwig, im Gespräch mit Britta Bürger über die Bedeutung der Sammlung Haubrich, hier

Mittwoch, 24. August 2016

Street-Art

Neulich in Essen, auf dem Weg zum Museum Folkwang, übrigens das erste Museum für moderne Kunst überhaupt, entdeckten wir diesen denkwürdigen Aufkleber © Foto Gerd Mörsch, Sticker BBSMNMI

Montag, 22. August 2016

PKK XXI: Rom - Sixtinische Kapelle

Einfach himmlich - Michelangelos Gewölbegestaltung in der Sixtinischen Kapelle © Michelangelo und Musei Vaticani, Foto Bracchetti/Zigrossi/Giordano
© unbekannter Kritiker

Freitag, 19. August 2016

jetzt aber schnell nach Essen - Museum Folkwang - noch bis zum 4.9. - Heinrich Kühns Liebe zum Material

Ein Screenshot von der Website des Museum Folkwang zur Ausstellung 'Heinrich Kühns Kasten
Oder die Liebe eines Fotografen zum Material'.

Seit Anfang Mai ist im Essener Folkwang Museum eine kleine, aber äußerst exquisite Fotografieausstellung zu sehen. Wie der Titel bereits andeut, geht es um die besondere Beziehung des Fotografen Heinrich Kühn zum Material.

Heinrich Kühn zählt zu den bedeutendsten Vertretern der europäischen Kunstfotografie um 1900. Mit seinen Studien zur Übersetzung der fotografischen Aufnahme aufs Papier trug Kühn wesentlich zur Entwicklung der Kunstfotografie bei.


Letztere ist erste fotografische Stilrichtung überhaupt und wird aufgrund der für sie typischen Versuche, die Malerei zu imitieren, auch als Piktoralismus bezeichnet wird. Anlässlich des 150. Geburtstages von Heinrich Kühn zeigt das Museum Folkwang eine auf einen Raum konzentrierte Auswahl von 40 Arbeiten.

Der Kampf der Fotografie um Anerkennung


Heinrich Kühn suchte nach neuen Formen des fotografischen Bildes, die es dem jungen Medium erlaubten, auf Augenhöhe mit der Malerei und der Grafik. Und so spiegeln sich in seinen Aufnahmen die angesagten Kunstströmungen der Jahrhundertwende, Impressionismus, Jugendstil und Symbolismus.

Im Zentrum, gleichberechtigt neben den Fotografien, steht daher Heinrich Kühns Kasten. Ein Schrank, den er sich von Wiener Werkstätten anfertigen ließ. Darin bewahrte Kühn unterschiedlichste Papiere für seine Edeldruckverfahren auf, die er intensiv praktizierte, sich darüber austauschte und somit weiterentwickelte.


Ein weiterer Screenshot von der Website des Museum Folkwang zur Ausstellung 'Heinrich Kühns Kasten
Oder die Liebe eines Fotografen zum Material'. Das Museum hat übrigens eine fantastische, für alle Interessierte zugängliche Datenbank - vorbildlich.

Die Auswahl der Werke erlaubt einen Einblick in die haptische Qualität der Techniken und zugleich einen Überblick auf die Sichtweisen und Genres der Fotografie Heinrich Kühns. Von Landschaften über familiäre Szenen, Porträts von Kollegen und Künstlern bis hin zu Stillleben.

Aufgrund der typischen, bewusst angestrebten Nähe zur Malerei wurde die Kunstfotografie lange missachtet. Doch dank ihrer gestalterischen Qualität und ihrem modernen Kunstverständnisses – die Idee, der zufolge die fotografische Aufnahme das Ausgangsmaterial für ein autonomes Bild ist – ist die abschätzige Beurteilung dieser Stilrichtung längst passé.
 

Vom Stiefkind zum begehrten Kunstobjekt

You do not take a photograph. You make it, formulierte der mit Heinrich Kühn befreundete Fotograf Alfred Stieglitz kurz und knapp diesen Aspekt. Also auf nach Essen ins Folkwang Museum, das dank seines Gründers Karl Ernst Osthaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts übrigens das erste Museum für zeitgenössische Kunst überhaupt war.

Und ganz aktuell ist das Folkwang Museum auch das erste große Museum in Deutschland, das – dank großzügiger Förderung – seinen Besuchern freien Eintritt in die eigene Sammlung gewährt. Zunächst für 5 Jahre…

Service / Links
- die Website zur Ausstellung Heinrich Kühns Kasten - Oder die Liebe eines Fotografen zum Material, hier
- Verdoppelte Besucherzahlen - Folkwang-Direktor Tobia Bezzola im Gespräch mit Stefan Koldehoff, hier
- Sacha Verna über die New Yorker Heinrich Kühn-Ausstellung in der Neuen Galerie (2012), hier 

- Georg Imdahl über die fotografische Sammlung des Folkwang Museums, hier

Mittwoch, 17. August 2016

Köln - Kunst im öffentlichen Raum: Performance 19.-21. August

Das Gold liegt auf der Straße © Foto katze und krieg und we are visual
Es scheint, als habe die Kunst die Straße, den öffentlichen Raum wiederentdeckt. Vermehrt auf der Straße, besonders gern geheim oder zumindest exklusiv im Sinne von Spielorten, die erst kurz vor der Aufführung bekannt gegeben werden, finden Performance- und Tanzveranstaltungen statt.

In Köln finden nicht nur die - laut Eigenwerbung - weltweit einzigartigen Kopfhörer-konzerte an geheimen Orten statt, zunehmend wird der öffentliche Raum auch für performative Künste genutzt. Ein gutes Zeichen in Zeiten des omnipräsenten Terrors.

Wenn Sie also an einem Abend an einem mehr oder weniger entlegenen Ort in der Stadt einer Horde kopfhörertragenden Menschen begegenen, die - wie in dem herrlich surrealistischen Film The Lobster von Giorgos Lanthimos - alleine bei gespentischer Stille mehr oder weniger expressiv tanzen, gibt es viele Interpretationsmöglichkeiten.

Geh in die Knie, tanz den Mussolini

Es kann sich dabei um eine Kunstperformance, ein Konzert oder eine jener total angesagten Kopfhörerparties handeln, die aktuell auf der ganzen Welt gerne auch im Morgengrauen veranstaltet werden, damit man noch motivierter früh zur Arbeit fahren kann.

Aber jetzt zurück zur Kunst. Unter dem Namen Köln City Dance wird sich am 3. September die Choreographin Stephanie Thiersch gemeinsam mit der Kölner Philharmonie der in den 1970er Jahren in San Francisco von Anna Halprin begründeten City Dance Kultur annehmen. Zu sehen sind Tanzaktionen, die zuvor in offenen Tanzworkshops erarbeitet wurden.

Reclaim the streets - keine Angst vor Kunst und Terror

Und am Wochenende des 19.-21. August wird es an einem unbekannten Ort eine Performance von katze und krieg und we are visual geben. Die beiden Kollektive haben sich intensiv mit der Straße auseinandergesetzt. Zwei Wochen lebten die vier KünstlerInnen auf den Straßen von Köln und erarbeiteten in diesem anderen Leben die Performance auf der Straße.


Die Aufführungen finden am 19.8. / 20.8. und 21.8.2016 um 18 Uhr in Köln Sülz statt. Die wohlbekannten, altvertrauten, tausendmal begangenen Straßen der eigenen Stadt werden andere sein, so die Veranstalter.

Aufführungen 

19.8.2016 um 18 Uhr in Köln Sülz
20.8.2016 um 18 Uhr in Köln Sülz
21.8.2016 um 18 Uhr in Köln Sülz (ausverkauft)

Karten
Kartenreservierung unter katzeundkrieg@yahoo.de oder 0151 / 17889289. Bei Reservierung wird der genaue Treffpunkt bekannt gegeben. Kartenpreis 7/12 Euro, ermäßigt auch für Künstler.

Service / Links 

- die offizielle Website von katze und krieg, hier  - die offizielle Website von we are visual, hier
- die offizielle Website von Köln City Dance 2016, hier
- Junius Meyvant berichtet im Kölner Stadtanzeiger über die geheimen Kopfhörerkonzerte, hier 
- Julia Batist für Deutschlandradio Kultur über die Kölner Kopfhörerkonzerte, hier
- für alle, die es nicht kennen, Tanz den Mussolini von D.A.F, Livevideo, hier 

Montag, 15. August 2016

Die Kraft der Bilder

Diese junge Frau, die sich selbst als Hijabi Hooligan cosplay bezeichnet, kämpft als Captain America im Kopftuch erfolgreich gegen Vorurteile und sammelt Geld für syrische Familien. © Foto Dania Khalil a.k.a. Hijabi Hooligan cosplay