Dienstag, 28. Juni 2016

Deutschlandburka

© Thilo Beu

Gestern nach dem beeindruckenden Fußballspiel, das nach dem Brexit nun auch den britischen EM-Exit mit sich brachte, hatte ich einen seltsamen Traum. Viele von Ihnen kennen vielleicht die Rubrik 'Ich habe einen Traum' des Zeit-Magazins. In diesem Sinne, was durchaus als Hommage verstanden werden kann, möchte ich an dieser Stelle nun von meinem Traum berichten.

Der faszinierende Kampf - der deprimierend vergebliche der Spanier und der motivierend erfolgreiche der Isländer - hatte mich so tief beeindruckt, so sehr bewegt, dass ich die EM mit in den Schlaf nahm. Hier fand nun das gefürchtete Viertelfinale der Mannschaft gegen die Squadra Azzurra statt. Zum Glück ist mir von dem eigentlichen Spiel der Fußballtitanen, vom Ausgang der gefürchteten Begegnung nichts in Erinnerung geblieben. Es bleibt also spannend.

Was ich aber ganz deutlich erinnere, ist ein Bild aus dem deutschen Fanblock. Sie kennen sicherlich die männlich dominierten Kamerafahrten durch die Massen. Fröhliche, jubelnde Fans werden, bis sie sich auf den Großleinwänden im Stadion selbst entdecken und dann der Leinwand, aber nicht der Kamera zujubeln, stellvertretend für einige Sekunden eingeblendet.

Mitten im jubelnden deutschen Fanblock fokussiert die Kamera eine unheimliche Figur. Ihr Jubeln ist eindeutig, ihre Identität im Gegensatz zu den üblichen Fanblock-Bildern aber nicht, denn die Person trägt eine Burka. Der größtmögliche Alptraum der Sicherheitsleute. Doch die Frage, wie der Mann - oder ist es doch eine Frau? - überhaupt so vermummt ins Stadion gelangen konnte, beschäftigt mich nicht lange.

Denn nach dem frenetischen Jubel steht die Figur plötzlich seltsam entrückt, ruhig, mit nicht eindeutig zum Gebet gefalteten Händen ganz still. Scheinbar allein im Fanblock. Nein, ich habe keine Angst vor Sprengstoffgürteln unter einer Deutschlandburka. Liegt es an den stoischen, merkelhaft gefalteten Händen der unheimlichen Figur? Ich wache auf, trinke ein Glas Wasser.
 

Wenige Minuten später, wieder eingeschlafen, gelingt es mir, den Traum fortzusetzen. Und wieder sehe ich die Kamerafahrt entlang der Zuschauerränge, gefüllt mit jubelnden Fans. Sie tragen alle Burkas in den Farben ihrer jeweiligen Nationen. Franzosen, Belgier, Portugiesen, Polen, Italiener, Waliser, Deutsche und Isländer jubeln, beten, zittern und feiern die Erfolge ihrer Mannschaften - und singen gemeinsam die Europahymne.


Hintergrund
 

Sie werden verstehen, dass ich diesem Traum, dem faszinierenden Bild von der Deutschlandburka, nachgehen musste. Nach kurzer Recherche, habe ich schließlich den Ursprung dieses surrealen Bildes gefunden: Nach dem Besuch der empfehlenswerten Woyzeck-Inszenierung - das Bühnenbild ist nach der Vorstellung wie eine Installation oder ein Environment begehbar - des Bonner Theaters vor wenigen Wochen, hatte ich mir eine Postkarte mitgenommen. Das Deutschlandburka-Motiv war mir sofort ins Auge gesprungen. 

Die Postkarte ist im Kontext der Nathan-Produktion entstanden, ein Stück nach G.E. Lessing mit Texten von Muslimen aus Bonn. Der Urheber, der Künstler, dem wir das einprägsame Deutschlandburka-Motiv verdanken, ist der Fotograf Thilo Beu. Ihm gilt an dieser Stelle mein herzlicher Dank.

Sonntag, 26. Juni 2016

PKK XVII: LWL Münster, Juni 2016

© LWL. Museum für Kunst und Kultur, Münster


Service:
Homosexualität_en 
LWL-Museum für Kunst und Kultur
Domplatz 10
48143 Münster

+49 251 5907 201
museumkunstkultur@lwl.org

Öffnungszeiten: 

Dienstag bis Sonntag und an den Feiertagen
10 - 18 Uhr
Lobenswert: Am zweiten Freitag im Monat ist das Museum bis 22 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist an diesem Tag frei.

PKK XVIII: LWL Münster: Juni 2016

© Lange Nacht der Museen, Foto Elisabeth Deiters-Keul



Service:
LWL-Museum für Kunst und Kultur
Domplatz 10 
48143 Münster
+49 251 5907 201

museumkunstkultur@lwl.org

Öffnungszeiten: 

Dienstag bis Sonntag und an den Feiertagen
10 - 18 Uhr
Lobenswert: Am zweiten Freitag im Monat ist das Museum bis 22 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist an diesem Tag frei.

Freitag, 24. Juni 2016

Münster: Homosexualität_en - noch bis zum 4. September

Screenshot der Website des LWL-Museum für Kunst und Kultur, rechts zu sehen das einprägsame Werbe-Motiv für die Ausstellung, es ist ein Teil der Arbeit CUTS (Hommage to Bengelis) von Cassils © Cassils and Robin Black 2011
Vorab Auszüge aus dem Pressetext zur Ausstellung:

Noch immer sind Liebes- und Lebensentwürfe abseits der heterosexuellen Norm in Teilen der Gesellschaft ein Tabu. Und selbst diejenigen, die sich für aufgeklärt halten, sind irritiert von Menschen, die sich dem anderen oder gar keinem Geschlecht zugehörig fühlen.

Mit seiner Ausstellung „Homosexualität_en“ möchte das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster dazu beitragen, die vielfältigen alternativen Sexualitäten und Geschlechteridentitäten der LGBTIQ-Community (Lesbian, Gay, Bi, Trans, Inter, Queer) in die Mitte der Gesellschaft zu holen.

Die Ausstellungsmacher_innen verzichten dabei auf Belehrungen und zeigen Exponate unterschiedlichster Art: ein Porzellanservice für den Gewinn der Frauenfußball-EM 1989, Fotos der ersten bundesweiten Demonstrationen homosexueller Menschen in Münster 1972 oder auf Video gebannte Lebenserinnerungen queerer Männer und Frauen.

Service:

Homosexualität_en 
LWL-Museum für Kunst und Kultur
Domplatz 10
48143 Münster

+49 251 5907 201
museumkunstkultur@lwl.org

Öffnungszeiten: 

Dienstag bis Sonntag und an den Feiertagen
10 - 18 Uhr
Lobenswert: Am zweiten Freitag im Monat ist das Museum bis 22 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist an diesem Tag frei.

Mittwoch, 22. Juni 2016

Zitat der Woche - Jörg Johnen über seinen Abschied vom Kunstmarkt

In einem Gespräch (Die Zeit, Nr. 55, S. 50) mit Tim Ackermann, Redakteur der Zeitschrift Weltkunst, erläutert Jörg Johnen seinen Abschied vom Kunstmarkt und beschreibt diesen wie folgt:

''Früher gab es eine intellektuelle Rezeption der Kunst. Heute geht es nur noch um Besitz, Selbstdarstellung und Glamour. Der allseits zunehmende Größenwahn hat auch damit zu tun, dass die Sammler für das Kunstsystem immer wichtiger geworden sind und sich selbst auch sehr viel wichtiger nehmen: Sie haben das Geld, die Macht, den Einfluss. Die Museen sind schon lange außen vor. Und schwierig war es immer, wenn die Künstler dem Geld folgen.''

Wir sagen 'Schade und Chapeau, Herr Johnen', der 1984 in Köln als Galerist begann und sich mit Künstlern wie Katharina Fritsch oder Thomas Schütte schnell einen Namen machte. 

Was für Kunst bezahlt wird, ist völlig gaga.
Johnen im BZ-Gespräch, 9/2015

Karin Sander schuf in den Berliner Galerieräumen eine Hommage an die renommierte Galerie Johnen. Die Liste der von Jörg Johnen zuletzt vertretenen Künstler spricht für sich: Stefan Bertalan, Martin Boyce, David Claerbout, Martin Creed, Ryan Gander, Francesco Gennari, Dan Graham, Rodney Graham, Andrew Grassie, Candida Höfer, Martin Honert, Raimer Jochims, Prabhavathi Meppayil, Florin Mitroi (Nachlass), Yoshitomo Nara, Roman Ondák, Anri Sala, Wilhelm Sasnal, Tino Sehgal, Wiebke Siem, Jeff Wall, Liu Ye.

Links:
- Johnen im Gespräch mit Michael Zöllner, BZ-Gespräch, September 2015
- Monopol-magazin.de: Interview mit Esther Schipper und Jörg Johnen über die Fusion ihrer Galerien 
- Handelsblatt.com: Ein Portrait der Galerie Johnen von Johannes Wendland 
- Die Website der Galerie Johnen
- Leider ist das Zeit-Interview mit Johnen (Die Zeit, Nr. 55, S. 50) noch nicht online, hier eine Auswahl von Erwähnungen der Galerie Johnen im Archiv der Zeit

Montag, 13. Juni 2016

Düsseldorf K20: Henkel - Die Kunstsammlung - noch bis zum 14. August

Screenshot der Website des K20 zur Ausstellung Henkel - Die Kunstsammlung, © Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, zu sehen ist ein Werk von Mary Heilmann, My Best Friend, 1979, Acryl auf Leinwand, 183 x 122,5 x7,5 cm, Sammlung Henkel, © Mary Heilmann
Zugegeben, es ist toll, dass es nun erstmals eine Ausstellung mit Werken aus der Henkel-Kunstsammlung gibt. Richtig ist es auch, dass man der Sammlung und ihrer Mutter Gabriele Henkel einen prominenten Raum dafür bietet. Das Düsseldorfer K20 mit seiner hochkarätigen Sammlung und seinem Renommee ist der richtige Ort dafür.

Zum einen bietet die Kunstsammlung NRW – wenn man denn in kunsthistorische Arbeit investieren würde – spannende Anknüpfungspunkte, mit denen interessante Dialoge, also Kunst-Geschichten, zwischen den beiden Sammlungen entwickelt werden können. Zum anderen ist die Düsseldorfer Mäzenin wesentlich an der Erweiterung des K20 beteiligt gewesen. Auch vor diesem Hintergrund musste die erste Henkel-Sammlung-Präsentation außerhalb der Konzernräume hier stattfinden, um nicht Vermutungen über ein Zerwürfnis zu provozieren.

Leverkusen, WDR und Co. - NRW blamiert sich auf breiter Front 

Aber es gibt leider auch einiges zu kritisieren, zu hinterfragen. Warum etwa hat man der Sammlerin nicht kunsthistorischen Sachverstand zu Seite gestellt? Ein öffentliches Museum ist auch in Zeiten des nach wie vor stattfindenden Ausverkaufs von Sammlungen, die mit Steuergeldern - Stichwort WDR - erworben wurden, und den immer wieder auftauchenden Schließungsdebatten um renommierte Institutionen - Stichwort Leverkusen - immer noch eine Bildungsinstitution. In diesem Sinne hätte man der Sammlerin respektvoll, höflich aber bestimmt zur Seite stehen müssen.

Wo ist der Ausstellungskatalog oder das Ausstellungsbegleitheft, das Hintergründe zu den Werken und zur Sammlungsgeschichte liefert? Sogar in der sicherlich nicht wohlhabenden Stadt Wuppertal leistet sich das städtische Von der Heydt-Museum ein Begleitheft zur Tony Cragg Retrospektive, dass es Interessierten erlaubt, auch ohne den Kauf des umfangreichen Katalogs ein wenig Hintergrundinformationen zu den Werken und dem Künstler zu erhalten.

Präsentation statt Information?

Die Ansammlung der Gemälde von Delaunay, Ozenfant, Kelly, Heilmann, Stella, Richter, Klapheck, Knoebel und Co. wirkt ohne sinnstiftende, die Auswahl begründende Begleittexte für viele beliebig. Und auch der im Pressetext beschriebene, ‚spannungsvolle Dialog mit der faszinierenden, oft abstrakten Ornamentik außereuropäischer Textilien‘ bleibt ohne Audioguides oder Texte für viele interessierte Besucher nur eine Behauptung. Von den kaum vorhandenen Informationen auf den Tafeln zu den Textilien ganz zu schweigen… 

Auch von einem Sammlungskatalog, der die kunstwissenschaftliche Aufarbeitung der Henkel-Sammlung als ein sicher für beide Seiten gewinnbringendes, zukunftsweisendes Projekt zwischen der Kunstsammlung NRW und dem Unternehmen Henkel symbolisieren könnte, fehlt jede Spur. Und das traurige daran ist, am Geld kann das eigentlich nicht liegen. Der Umsatz des Henkel-Konzerns lag 2015 bei rund 18 Milliarden EUR. 

Pleite oder Portokasse? Es war einmal die Unabhängigkeit...

Oder muss der Henkel-Konzern sich doch aus finaziellen Gründen von Werken trennen und präsentiert diese nun so prominent, um sie anschließend gewinnbringender veräußern zu können? Carl Friedrich Schröer lässt in seinem Lobgesang für die Düsseldorfer Ausstellung und deren Kuratorin Gabriele Henkel (KUNSTZEITUNG, Mai 2016, S.15) leider keinen Platz für Kritik oder Zweifel an dieser One-Woman-Show.

Uns geht es hierbei nicht um eine persönliche Kritik an der Mäzenin, die sich - so Schröer - schon für den Aufbau der Henkel-Sammlung in den 1970er freie Hand wünschte und von Art Consultern nichts hält. Es geht vielmehr um das Verhalten des Gastgebers, die Wünsche oder besser formuliert, die für ein so renommiertes Museum wie das K20 so seltsam bescheidenen Auflagen.

Von einem Dialog auf Augenhöhe zeugt diese Ausstellung nicht. Ex-Gallerist Jörg Johnen beschreibt diese und ähnliche Situationen in einem Gespräch (Die Zeit, Nr. 55, S. 50) mit Weltkunst-Redakteur Tim Ackermann wie folgt:

Der allseits zunehmende Größenwahn hat auch damit zu tun, dass die Sammler für das Kunstsystem immer wichtiger geworden sind und sich selbst auch sehr viel wichtiger nehmen: Sie haben das Geld, die Macht, den Einfluss. Die Museen sind schon lange außen vor.            
 

Leider scheint Johnen mit der Analyse der Situationen richtig zu liegen… 

Zum Schluss der Pressetext des K20 zur Ausstellung:

''Erstmals gibt die Ausstellung Henkel – Die Kunstsammlung einen Einblick in die von der Düsseldorfer Mäzenin und Sammlerin Gabriele Henkel über Jahrzehnte kenntnisreich zusammengetragene Kunstsammlung. Im Fokus der im K20 zu sehenden Präsentation steht eine abstrakte Malerei, die sich beispielhaft in Werken der klassischen europäischen Moderne sowie der amerikanischen Kunst finden lässt. Ausgewählt hat Gabriele Henkel hierfür Gemälde von Robert Delaunay, Amédée Ozenfant, Ellsworth Kelly, Mary Heilmann oder Frank Stella ebenso wie Werke von Gerhard Richter, Konrad Klapheck oder Imi Knoebel. Diese Kunstwerke stehen im spannungsvollen Dialog mit der faszinierenden, oft abstrakten Ornamentik außereuropäischer Textilien. Sie sind Belege für den offenen, grenzüberschreitenden Blick der Sammlerin.

Bisher war die Kunstsammlung, die hochkarätige Werke internationaler Künstlerinnen und Künstler sowie ethnografische Exponate aus der ganzen Welt umfasst, nahezu ausschließlich für Mitarbeiter und Besucher der Düsseldorfer Konzernzentrale sichtbar. Der  international agierenden Sammlerin, Kunstkritikerin, Professorin, Künstlerin und Mäzenin junger Kunst, die mit vielen der Künstler befreundet ist, war es immer wichtig, diese Kunstwerke allen Mitarbeitern zugänglich zu machen und damit wie selbstverständlich in die Arbeitswelt zu integrieren. Die für die Ausstellung im K20 ausgewählten Werke hängen bis heute in wechselnden Konstellationen in den Büros, Fluren, Treppenhäusern oder Konferenzräumen im Düsseldorfer Hauptsitz des weltweit tätigen Unternehmens, ermöglichen so auf ganz besondere Weise einen Zugang zur Kunst aus der ganzen Welt.

Die von Gabriele Henkel selbst kuratierte Ausstellung stellt im K20 in einer großzügigen räumlichen Offenheit mit rund 40 Werken die Höhepunkte der Sammlung vor. Das alles verbindende Leitmotiv ist dabei die Abstraktion in Verbindung mit dem Ornamentalen.''



Service:
K20 GRABBEPLATZ Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen 
Grabbeplatz 5
40213 Düsseldorf
service@kunstsammlung.de

Öffnungszeiten:
- dienstags bis freitags 10.00-18.00 Uhr
- samstags, sonntags, feiertags 11.00-18.00 Uhr
- lobenswert: KPMG-Kunstabend, jeden 1. Mittwoch im Monat, Eintritt frei ab 18.00, geöffnet bis 22.00 Uhr
 

Links:
- WDR über die Henkel-Kunstsammlung in Düsseldorf
- Die Welt über die Ausstellung der Henkel-Sammlung im K20 und das Verhältnis Privatsammlung-Museum
- Die Ruhrnachrichten über Henkel - Die Kunstsammlung in der Kunstsammlung NRW
- Die Rheinische Post über die Kunstmäzenatin Gabriele Henkel und ihre Sammlung

Dienstag, 7. Juni 2016


Wien: Oswald Oberhuber - Retrospektive - noch bis zum 26. Juni


In Wien widmet sich das 21er Haus einem, dessen Kredo im Sinne des ständigen Wandels die Stillosigkeit ist. Die Oswald Oberhuber Retrospektive zeigt, dass es sich hierbei nicht um schlechten Geschmack bzw. die Verweigerung des vermeintlichen guten handelt. 

Ich denke niemals an eine künstlerische Entwicklung - Diesem Motto entsprechend ist Oberhubers Schaffen ist wahrhaft vielseitig, die Ausstellung ermöglicht ein Wandern durch die (westliche) Kunstgeschichte nach 1945.

Für die gelungene Inszenierung der mit 300 Werken recht umfangeichen Retrospektive ist auch die nach einer Zeichnung Oberhubers entstandene Ausstellungsarchitektur verantwortlich. Sie fügt sich stimmig in die wunderbare 1950er Architektur des 21er Hauses, weil sie sich an deren Leichtigkeit, Klar- und Schlichtheit orientiert.

Picasso, Masson und Ernst...

Leider durften wir uns nicht auf den Sockel begeben, der es uns - laut Oberhuber - erlaubt hätte, dass Führergefühl zu erleben, schade eigentlich. In seinem sympathischen bescheidenen Vortrag 'Die Kunst kommt von der Kunst' nennt Oberhuber drei Künstler, die ihn in seinen jungen Jahren wesentlich beeinflussten: Picasso, vor allem dessen plastisches Werk, Masson, weil dieser so experimentell arbeite, und Max Ernst - eben nicht Pollock - mit seinen Spritztechniken seien für ihn wichtige Impulsgeber gewesen.

In diesem Kontext wollen wir jene Begegnung der beiden Kunstkleckser Ernst und Pollock erwähnen, die von vielen - zuletzt Kasper König in Bonn - kolportiert wird. New York, 1950er Jahre, eine jener legendären Kunstjetset-Parties: Max Ernst und Jackson Pollock begegnen sich in der Nähe des Kamins. Als Ernst Pollock darauf anspricht, dass dessen drippings ja wohl eindeutig von seinen Spritzbildern inspiriert seien, dreht Pollock sich schweigend zum Kamin und uriniert in den Kamin...

Also, auf nach Wien!

Wien ist bekanntlich immer eine Reise wert. Und das nahe am Bahnhof gelegene 21er Haus bietet mit seiner aktuellen Oberhuber Retrospektive jetzt eine wahrlich vielseitige Gelegenheit, in die Nachkriegs-(Kunst-)Geschichte der Alpenrepublik einzusteigen. Und  wie das Presseclipping andeutet, scheint die Werkschau eines der einflussreichsten Künstlerpersöhnlichkeiten Österreichs in Deutschland kaum wahrgenommen zu werden.
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Zum Schluss der offizielle Pressetext des 21er Hauses:

''Oswald Oberhuber (*1931) zählt zu den einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten Österreichs. Diese Werkschau ist eine der bis dato umfangreichsten Präsentation seines Œuvres und zeigt rund 300 Arbeiten von den späten 1940er-Jahren bis heute, die die Vielfalt der eingesetzten Medien widerspiegeln, darunter Schlüsselwerke aus allen Schaffensperioden: von informeller Plastik, Malerei, Collage, Assemblage und Skulptur über Schrift- und Zahlenbilder, große Tucharbeiten bis zur Zeichnung, die sich als Konstante durch Oberhubers Œuvre zieht.

„Man sollte keinen Stil entwickeln, eigentlich soll jedes Bild neu sein. Du bekommst irgendwann eine Routine und weißt, wie es wird. Sobald ich die gespürt habe, ist mir langweilig geworden.“

 
Diesem Prinzip der permanenten Veränderung ist Oswald Oberhuber nicht nur künstlerisch verschrieben, es prägte auch seine Tätigkeit unter anderem als Ausstellungsmacher, Galerist, Professor und Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien.

Oswald Oberhubers Werk steht für die permanente Veränderung und damit für den radikalen Bruch mit der Idee eines einheitlichen, stilistisch durchgängigen Œuvres – er ist, wenn man so will, ein postmoderner Künstler avant la lettre. Das repräsentiert die Ausstellung in ihrer Vielfältigkeit. „Zugleich“,so die Kuratoren Luisa Ziaja und Alfred Weidinger, „wird in all der Diversität der eingesetzten Stile, Medien, Materialien und Techniken letztlich immer Oswald Oberhuber sichtbar. Sein Umgang mit Form und Farbigkeit, sein Fokus auf die Linie ziehen sich wie ein roter Faden durch das Werk und werden in der Neben- und Gegenüberstellung der Arbeiten in der Ausstellung augenfällig. Die auf einer Idee Oberhubers basierende Ausstellungsarchitektur für das 21er Haus ermöglicht im Zusammenspiel mit den gezeigten Kunstwerken genau dies: überraschende Momente zwischen Neuorientierung und Kontinuität.“

Wegbereiter der informellen Kunst in Österreich


Oswald Oberhuber lernt zunächst Bildhauerei an der Bundesgewerbeschule in Innsbruck. Bereits als knapp Zwanzigjähriger entwickelt er eine höchst eigenständige künstlerische Auseinandersetzung mit französischer Nachkriegskunst, insbesondere mit dem Tachismus und dem Informel, in den Medien Zeichnung, Malerei und Skulptur. Diese gegenstandslose Kunst, auch als lyrische Abstraktion bezeichnet, strebt die vollkommene Auflösung der Form in einem spontanen, unbewussten Schaffensprozess an. Oberhuber ist nicht nur einer der ersten informellen Künstler in Österreich, mit der Übersetzung dieser Prinzipien von der Malerei in sein Konzept der informellen Plastik leistet er auch im internationalen Kontext einen singulären Beitrag. Diese Arbeiten sind meist in Gips, Draht und anderen fragilen Materialien als dreidimensionale Raumzeichnung ausgeführt. Sie setzen sich radikal von der damals kanonischen Formensprache der Moderne im Allgemeinen und von postkubistischer Skulptur im Besonderen ab. Mitte der 1950er-Jahre, am Höhepunkt des Informel, beendet Oberhuber diese Phase, beginnt realistisch zu arbeiten und macht den ersten einer Vielzahl von künstlerischen Sprüngen, die fortan sein Werk bestimmen.

Permanente Veränderung


Diesem Muster des überraschenden Neuanfangs, das von geistiger Mobilität und Aufgeschlossenheit zeugt, folgt Oberhuber mit großer Konsequenz. In Anlehnung an Leo Trotzkis Begriff der permanenten Revolution postuliert er 1956 das Prinzip der permanenten Veränderung in der Kunst. Sich stets einer Festlegung und Kategorisierung entziehend, frei von Berührungsängsten, setzt sich Oberhuber mit verschiedensten künstlerischen Strömungen auseinander, entdeckt und erfindet, experimentiert und assimiliert, um das jeweilige Potenzial auszuschöpfen bis zum nächsten Neuen. Sein antiheroischer Zugang zur Kunst zeigt sich in der ständigen Hinterfragung der eigenen Mittel, der Rahmenbedingungen künstlerischer Bedeutungsproduktion und des Werk- und Autorbegriffs, die immer wieder ins Wanken geraten. ''


Service 

 21er Haus
Arsenalstraße 1
1030 Wien
T +43 1 795 57 770
public@21erhaus.at

Links
- ORF über Oswald Oberhuber im 21er Haus in Wien
- Die Presse über die Oberhuber Retrospektive in Wien
- Der Standard über die Oswald Oberhuber Ausstellung
- Die Salzburger Nachrichten über Oberhuber im Wiener 21er Haus
- Die Kunst entsteht durch die Kunst - Vortrag Oswald Oberhuber 24. April 2016

Mittwoch, 1. Juni 2016

Museum Küppersmühle Duisburg: Lüpertz - Kunst, die im Wege steht - noch bis 12. Juni

© Foto: Dr. Gerd Mörsch, Kunst: Museum Küppersmühle für Moderne Kunst; A.R. Penck; VG Bildkunst

Das MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst ist eines der größten deutschen Privatmuseen und liegt mitten im wiederbelebten Duisburger Innenhafen.

Neben der von Herzog & de Meuron zum Museum umgebauten Küppersmühle finden sich weitere architektonische Highlights und zahlreiche Skulpturen und Plastiken im öffentlichen Raum. Der Hafen lädt zum Spazieren, Spielen und Verweilen in einem der zahlreichen Cafés und Restaurants ein.


Aktuell ist noch bis zum 12. Juni ist die Ausstellung ‚Lüpertz - Kunst, die im Wege steht‘ zu sehen. Und entgegen aller Klischees kann sich Duisburg mit dem Museum Küppersmühle, dem Lehmbruck Museum, dem Museum DKM und der der Cubus Kunsthalle durchaus sehen lassen.

Mehr als 40 Großplastiken umgeben etwa das Lehmbruck Museum im Kant Park. Und auf dem Weg zum Hafen sollte die Brunnenmeile in der Königstraße genutzt werden, um z.B. Niki de Saint Phalles Beitrag zur dieser Meile aus einer anderen Zeit zu sehen. Auch die von Gerhard Richter und Isa Genzken gestaltete U-Bahn-Haltestelle ist einen Abstecher wert.

Service

MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst - Innenhafen Duisburg - Philosophenweg 55 - 47051 Duisburg
Tel. 0203 / 30 19 48 -11 office@museum-kueppersmuehle.de