Blick vom Altar auf die Installation © Foto: Gerd Mörsch |
Es war einmal eine Welt voller Gärten und Wälder, eine unbekannte Frau am Flughafen Paris-Orly, deren beiläufige Erscheinung sich tief in das Gedächtnis eine kleinen Jungen einbrannte. Es war einmal ein wegweisender Science-Fiction-Film, ein in den 1990er Jahren wiederentdeckter Fotoroman von Chris Marker. Und zum Glück hat Cerith Wyn Evans keine Probleme mit Verweisen - im Gegenteil. Wer will, kann von einer Hommage sprechen...
Evans aktuelle Kölner Ausstellung besteht aus einer Leuchtschrift und zwei archaisch anmutenden Pflanzen. Die strahlenden Buchstaben scheinen von den Fenstern in den wunderbar sakralen Raum - die ehemalige romanische Stiftskirche St. Peter - projeziert zu werden. Sie schweben diagonal installiert im Mittelschiff nahe der futuristischen Orgel, auf der Dominik Sustek zur Eröffnung ein leider etwas kurz improvisierte.
Der Garten Eden
Wer seiner Phantasie freien Lauf lässt und die Augen ein wenig schließt, dem mögen die Zitate aus Markers Film - La Jetée von 1962 - wie eine Erscheinung im Raum vorkommen - am Anfang war das Wort. Die zurückhaltende Installation Evans fügt sich perfekt in den schlicht anmutenden Raum und die Hängung nahe der Orgel lässt weitere, durchaus stimmige Assoziation zu.
Ein detaillierter Blick, der das Lesen des Fragments ermöglicht © Foto: Clemens Ottenhausen |
Von Zeitreisen und dem Ende der Welt
Das Fragment stammt aus Markers düsterer Dystopie La Jetée, die vielen über den Umweg 12 Monkeys von Terry Gilliams bekannt sein dürfte. Der Protagonist ist Opfer, besser das Versuchskanichen von - im Original Deutsch sprechenden - Wissenschaftlern, die nach der Katastrophe des dritten Weltkriegs in den Katakomben von Paris versuchen, mittels Zeitreisen die Fehler der Vergangenheit zu revidieren. Und so begegnet der Reisende sich selbst...
Ein Überblick auf die Installation vom Altar aus, die beiden Pflanzen sind Teil der Installation. © Foto Gerd Mörsch |
Die unheimliche Begegnung mit dem Ich
Die Unmöglichkeit des Revision der Katastrophe, die Zeitreise und die Begegnung mit dem Selbst; das alles sind klassische anmutende Science-Fiction-Elemente und zugleich fügt sich der Stoff dank der sensiblen Inszenierung Evans harmonisch in die Kirche - einen Ort fernab von menschlichen Kategorieren wie der Zeit, die nur unzureichend das unergründliche Phänomen - manche nennen es Wunder - der Existenz erklären.
Was ist Zeit?
Zum einen gibt es viele offensichtliche, quasi formale Parallelen, wie der vom Krieg in seiner bunten Pracht reduzierte, white-cube artige Sakralbau mit seinen verblassenden Fragmenten von präfaschisten Gewölbemalereien. Letztere werden von den meisten Besuchern, da sie zielstrebig auf den Rubens zustreben, schlicht übersehen. Dann die bereits erwähnte, einzigartig moderne Orgel, deren Pfeifen sich wie Stachel in das Mittelschiff strecken.
a message from outer space
Zum anderen ist dem offenen Geist durchaus die Parallele zwischen dem durch die Zeiten reisenden Protagonisten aus Markers Film und der Botschaft des ebenso futuristischen Gottes bewusst, der durch die Zeiten reist und dessen Botschaft auch nur das Wort sein kann und will. In diesem Sinne seien an dieser Stelle nun genügend Hin- und Querverweise gegeben.
Schluss
Abschließend empfehlen wir die Installation zu verschiedenen Tageszeiten - aufgrund der einzigartigen Lichtverhältnisse - zu besuchen und sich anschließend den wunderbaren Film La Jetée anzuschauen. Den Katalog zur Ausstellung erscheint pünktlich zur Finissage. Und zum wahrhaft finalen Schluss noch dies: Cineasten sei gesagt, dass die Orgel aufgrund ihrer vielen ungewöhnlichen Register, an die Kinoorgeln der Stummfilmzeit erinnert...
Service:
Cerith Wyn Evans:„…later on they are in a garden…“
noch bis 14. Juli
Öffnungszeiten
Di-Sa 11-17 Uhr
So 13-17 Uhr
Kunst-Station St. Peter
Jabachstraße 1
50676 Köln
Eingang:
Leonhard-Tietz-Str. 6
Hintergrund:
Bilder zum Film La Jetée
Cerith Wyn Evans wurde 1958 in Wales geboren. Nach seinem Studium am Royal College of Art in London war er Assistent des britischen Regisseurs Derek Jarman, bevor er in den 1990er Jahren als Konzeptkünstler und Bildhauer hervortrat. 2003 vertrat er sein Heimatland im ersten nationalen Pavillon von Wales auf der 50. Biennale von Venedig.
Mehr Informationen zu seinem Werk
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