© Judith Röder, Fotografie Helge Articus |
Die Kirche ist aufgrund ihrer Renaissance-Fenster, den präfaschistischen Deckenmalereifragmenten, ihres Rubens und nicht zuletzt aufgrund der außergewöhnlichen Orgel einen Besuch wert. Doch nun widmen wir uns ihrem aktuellen Gast, Judith Röder, die wie wenige ihrer Generation mit dem Medium Glas arbeitet.
''Die 1981 geborene Künstlerin Judith Röder zeigt Skulpturen aus Glas, Licht und Videoprojektionen, die unsere Wahrnehmung von Zeit und Raum auf den Kopf stellen'', warb die Kölner Kunststation für ihre Mitte Januar eröffnete Ausstellung. Und trotz widriger Wetterverhältnisse lauschte ein gewohnt umfangreiches Publikum den einleitenden Worten und finalen Orgelklängen von Dominik Susteck.
Kunstwissenschaftliches...
Doch - soviel Kritik an der gelungenen Ausstellung darf sein - muss anfangs zunächst betont werden, dass es sich bei den ausgestellten Kunstwerken keineswegs um Skulpturen handelt. Es sind Plastiken, denn Röder schafft ihre Objekte durch das Zusammenfügen, ein Collagieren diverser Materialien, anstatt deren Form wie Skulpturen aus Holz oder Stein ''harauszuschälen.'' Genug davon, entschudligend sei angemerkt das der internationale Kunstmarkt zu vielem verallgemeinernd sculptures sagt...
Der Blick in den Chor. Der Atem der Künstlerin thront wie auf einem Altar
© Judith Röder, Fotografie Helge Articus
In Glas eingefrorener Atem. Die Arbeit trägt den lapidaren Titel Mein Atem und nennt die exakte Zeitspanne, die Sekunde, in der Röder ihren Hauch in Glas blies.
© Judith Röder, Fotografie Helge Articus
Aber würden die Werke Röders fernab von der gelungenen Positionierung nicht an sich bereits eine Ruhe und Aura der Zurückhaltung verbreiten, schien diese bedeutende Positionierung geradezu vermessen. Ihre Aura der Zurückhaltung erlaubt den Pathos. Und so gewinnt die milchige Plastik in der gelungenen, weil unscheinbaren Vitrine eine in ihrer Schlichtheit eindringliche Präsenz von wahrhaft sakraler Schönheit.
Form finden, Leben einhauchen
Der Atem und die Seele sind nicht nur im Christentum eng miteinander verbunden, viele Kulturen hauchen Leben ein. Und wenn man das Objekt unter Ausblendung des Vorwissens bzw. Titels betrachtet, erinnert es zugleich auch vage an ein Herz. Die Idee der Unsterblichkeit, der ewigen Bewegung und des immerwährenden Werdens - all diese geistesgeschichtlich nicht unbedeutenden Assoziationen finden in sich in dieser schlichten Form, in der Positionerung nahe des Altars, dem Herz der sie umgebenden Architektur.
Eine geisterhafte Projektion - Pli - auf einer bettdeckenartigen, semitransparenten Platte, die sich an die Wand lehnt. © Judith Röder, Fotografie Helge Articus
Betrachtet man die Arbeit Pli genauer scheint man eine sich wie im Schlaf wälzende Figur zu erkennen. Pli wie wie Plumeau? © Judith Röder, Fotografie Helge Articus
Stetige Reflexionen und das Licht der Welt
Lumen, leider nur eine Detailansicht. © Judith Röder, Fotografie Helge Articus
Neben Pli, Lumen und dem Atem zeigte Röder noch die Arbeit Projektion III, eine Schichtung von schneinbar gefalteten Projektionsflächen, die nahe den Fenstern der Kirche positioniert mit einem Video bespielt wurden, das sich im Winde wiegende Bäume zeigt.
Licht, Bewegung, Stille
Schon hier mag so mancher an die verspielten Videocollagen Hockneys im Museum Ludwig gedacht haben, doch das Motiv, Röders Naturstudien, findet sich auch in dem kleinen Raum im Emporengeschoss wieder. Auf Glasplatten und einem hypnotischen Schwarz-Weiß-Video widmet sich die Künstlerin dem Rauschen des Waldes, das im Kopf der Betrachters erklingt, sobald er die Werke sieht. So wie sich beim Betrachten von Meer- und Strandbildern stets auch das Meeresrauschen einstellt.
Ein Blick auf Projektion III © Judith Röder, Fotografie Helge Articus
Die Fragilität der Bildträger bzw. Projektionsflächen spiegelt sich auch in der wacklig anmutenden Konstruktion von Projektion III. Neben den an das Staunen der Impressionisten erinnernden Themen Licht(-reflexion), Wasser(-oberflächen) und dem Rauschen der Bäume ist es vor allem an Funktionalität orientierte, schlichte Präsentation der Werke, die überzeugt.
Die Kunst des Staunens
Wissenschaftliche Neugier, Naturstudie und - auch philosophisch-religiöses - Staunen finden zusammen, denn der verspielt zarte Atem hat viel mit dem sich stets neu brechenden Licht, dem Wind und den Millionen Blättern des Baumes gemein...
- Informationen über die Kunststation St. Peter
- Homepage der Künstlerin Judith Röder
Tipp:
An jedem ersten Sonntag im Monat erklingt um 19.30 Uhr die Orgel.
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