Verstellungskünstler und Philosoph Nietzsche
Während andere Medien vermeintlich humorvoll wöchentlich täglich grüßt das Murmeltier zitieren, um auf die Realitätsschleifen der Jetztzeit hinzuweisen, reisen wir einfach durch die Zeit.
Los geht's
© Ivo Weber
Nein, das hier ist zwar nicht Turing aber dennoch ein Zeitgenosse und wohl auch Freund im Geiste: Es ist der durchtriebene Tüftler Rotwang, seine attraktive Robotor-Maria wird Pandoras Büchse öffen und folglich Metropolis versinken...
In diesem Sinne heisst es, Turing habe zu den meisten seiner Mitmenschen ein gestörtes Verhältnis gehabt und - I-Robot lässt grüßen - sein Interesse und Zutrauen galt den - sich während seiner Zeit ähnlich schnell wie heute wandelnden und stets omnipräsenter werdenden - Maschinen.
List und Verstellung als höchste Kunst des menschlichen Geistes, diese Idee des oft als Zyniker missverstandenen Philosophen Friedrich Nietzsche führte Turing zeitgemäß fort. Sie führte ihn zu der vor allem mit dem Namen Alan Turing verbundenen Idee, die bis heute Forscher im weiten Feld der künstlichen Intelligenz antreibt:
Wenn es eine Maschine schaffe, sich im Dialog mit einem Menschen als einer von ihnen zu tarnen, den Menschen also über seine wahre Existenz zu täuschen, so sei seine Intelligenz bewiesen. Bis zum Jahr 2000 werde es solche Maschinen geben, prophezeite bzw. täuschte sich Turing selbst.
Ausgangpunkt ist der ''Das Phantom'' genannte kurzweilige Artikel über Alan Turing von Frank Thadeusz. Turing gilt wie Konrad Zuse oder auch der eher unbekannte Herman Hollerith zu den Pionieren des Computerzeitalters. Zum 100. Geburtstag Turings nähert sich eine Ausstellung dem Leben des - wie es sich gehört - unter tragischen Umständen umgekommenen Genies und Theoretikers.
Auch Hans Magnus Enzensberger widmete sich 1975 - also drei Jahre nach dem Erscheinen der Grenzen des Wachstums - in seiner Balladencollage Mausoleum Turing und schildert ihn - das Klischee von Genie und Wahnsinn tatkräftig unterstützend - wie folgt:
"Fest steht, dass er nie eine Zeitung gelesen hat; dass er sich seine Handschuhe selber strickte; dass er fortwährend Koffer, Bücher, Mäntel verlor; und dass er, sofern er bei Tisch sein hartnäckiges Schweigen brach, in ein schrilles Gestotter verfiel oder krähend lachte."
Schweigen und schrilles Gestotter - einfach genial!
Auch Hans Magnus Enzensberger widmete sich 1975 - also drei Jahre nach dem Erscheinen der Grenzen des Wachstums - in seiner Balladencollage Mausoleum Turing und schildert ihn - das Klischee von Genie und Wahnsinn tatkräftig unterstützend - wie folgt:
"Fest steht, dass er nie eine Zeitung gelesen hat; dass er sich seine Handschuhe selber strickte; dass er fortwährend Koffer, Bücher, Mäntel verlor; und dass er, sofern er bei Tisch sein hartnäckiges Schweigen brach, in ein schrilles Gestotter verfiel oder krähend lachte."
Nein, das hier ist zwar nicht Turing aber dennoch ein Zeitgenosse und wohl auch Freund im Geiste: Es ist der durchtriebene Tüftler Rotwang, seine attraktive Robotor-Maria wird Pandoras Büchse öffen und folglich Metropolis versinken...
Apathie, List und Misstrauen
In diesem Sinne heisst es, Turing habe zu den meisten seiner Mitmenschen ein gestörtes Verhältnis gehabt und - I-Robot lässt grüßen - sein Interesse und Zutrauen galt den - sich während seiner Zeit ähnlich schnell wie heute wandelnden und stets omnipräsenter werdenden - Maschinen.
Von wegen cogito... ich täusche also bin ich... intelligent
List und Verstellung als höchste Kunst des menschlichen Geistes, diese Idee des oft als Zyniker missverstandenen Philosophen Friedrich Nietzsche führte Turing zeitgemäß fort. Sie führte ihn zu der vor allem mit dem Namen Alan Turing verbundenen Idee, die bis heute Forscher im weiten Feld der künstlichen Intelligenz antreibt:
Wenn es eine Maschine schaffe, sich im Dialog mit einem Menschen als einer von ihnen zu tarnen, den Menschen also über seine wahre Existenz zu täuschen, so sei seine Intelligenz bewiesen. Bis zum Jahr 2000 werde es solche Maschinen geben, prophezeite bzw. täuschte sich Turing selbst.
Kamer te hure - die attraktive Dame bietet Gästen nicht nur ihr Zimmer an. Das Bild zeigt einen Ausschnitt des Gemäldes 'Jonge vrouw met muizeval' (1682) von Abraham Snaphaens. Standort und © Stedelijk Museum 'De Lakenhal', Leiden
Roboter müssen lügen und lieben dürfen
Roboter müssen lügen und lieben dürfen
Das Thema List und Falle als kunst- und kulturhistorischer Dauerbrenner - im Fachjargon longue durée genannt - wurde an dieser Stelle schon mehrfach besprochen und sei hiermit wieder in seiner Relevanz bestätigt.
''Noch 24 Stunden Arbeit und kein Mensch (...) wird den Maschinen-Menschen von einem Erdgeborenen unterscheiden können!'' frohlockt Rotwang.
Oder etwas handgreiflicher betrachtet: Die prähistorische Falle gilt - wer anderen eine Grube gräbt oder ein Loch als solche verwendet - im Sinne einer Maschine als der erste von Menschenhand gebaute Roboter und wird somit zu Recht als ein wesentlicher Wegbereiter (und -begleiter) der menschlichen Zivilisationen angesehen.
''Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet. Gigantische Schiffe, die brannten, draußen vor der Schulter des Orion. Und ich habe C-Beams gesehen, glitzernd im Dunkeln, nahe dem Tannhäuser Tor. All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, so wie Tränen im Regen...''
Film-Still Rutger Hauer in Blade Runner
© 1982 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved
Dass Roboter wie Roy Batty irgendwann die Hand gegen ihre Schöpfer erheben könnten, fürchtete schon Isaac Asimow - Stichwort Robotergesetze.© 1982 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved
It's too bad she won't live, but then again, who does...
Daher lassen letztere sich wiederum wunderbar mit Blade Runner und Rudger Hauers Robotertod verlinken: Denn Batty rettet seinem Erzfeind, dem Roboter-Killer Rick Deckard nicht nur das Leben (siehe hier). Nein, er überzeugt ihn dank seiner Taten und Poesie zugleich von der Fragwürdigkeit seiner Grundsätze, seines Lebens.
Aber jetzt erst mal aus die Maus
und Klappe und Falle zu, also zurück zur Einleitung: Das Heinz Nixdorf Museumsforum in Paderborn hat im Januar die Ausstellung Genial & Geheim eröffnet, mit der Alan Turings 100. Geburtstag begangen wird.Im ersten Teil steht die deutsche Chiffriermaschine Enigma und der U-Bootkrieg im Atlantik im Mittelpunkt, im zweiten Teil - ab 15. Februar - dann die Arbeit von Turing in Bletchley Park.
Weiter gehts das ganze Jahr über, von Turingtests und -maschinen zu deep blue bis hin zu computergenerierten Liebesbriefen - was wiederum zu Rotwang und seiner Roboter-Maria sowie Blade Runner passt...
Ohm sweet ohm wie Kraftwerk so schön summte - 1975 als Enzensberger seine Balladen über den Fortschritt schrieb...
Alle Informationen zur Ausstellung gibt es hier
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