Freitag, 7. April 2017

Köln: "K" LichtKlangInstallation - Rochus Aust in der Lutherkirche


Raster, Käfig, Bauzaun oder digitale Konstruktion? © Rochus Aust

Im katholischen Köln gibt es gleich zwei Lutherkirchen, die mit ihrem umfangreichen Programm das Kulturleben der Stadt bereichern. Daher verweisen wir an dieser Stelle auf eine Ausstellung im Süden der Stadt, die am kommenden Montag mit einem Konzert eröffnet wird. 

Der Klang- und Installationskünstler Rochus Aust ist meist weniger in seiner Wahlheimat als im Rest der Welt aktiv. Auch daher gilt ihm und seiner temporären Intervention im Kirchenraum an dieser Stelle unsere Aufmerksamkeit. Die folgenden Informationen sind der Pressemittelung entnommen:
 
"K" LichtKlangInstallation - von Rochus Aust an vier Tagen der Karwoche
Vom 10. bis 14. April 2017  von 12.00 bis 21.30 Uhr
K (2017) LichtKlangInstallation und temporärer Schutzraum

Konzert: 'K' LichtKlangKontemplation10.  April 2017 20 Uhr 

Rochus Aust · Drähte/Trompeten/Werkzeuge (*/**)
Florian Zwissler · Drähte/Orgel/Synthesizer/Werkzeuge (*)
Markus Hennes · Drähte/StimmeWerkzeuge (*/**)
Markus Aust · Drähte/Hawaiigitarre/Werkzeuge (*/**)

Die Selbsteinzäunung der Menschheit hat eine lange Tradition. Was zum Schutz vor halbwilden Longhorn-Rindern erdacht wurde, dann dem Schaf galt und kurz darauf dem Feind, wurde am 27. Oktober 1874 in der Neuen Welt patentiert: barbed wire, bissiger Draht, bekannt als Stacheldraht. Den Rest besorgte die Industrialisierung.

Gleiches gilt für den Käfig. Eingesperrt wurden zuerst die Tiere, dann die Bösen, zuletzt die Freiheit. Denn Schutz und Sicherheit sind nur auf Kosten der Freiheit zu haben. Wenn keiner reinkommen soll, kommt auch keiner raus. Raus und rein sind nur zwei Seiten der selben Münze, die mal auf die eine Seite fällt, mal auf die andere. Und so wird der Schutz der Freiheit zum Schutz vor Freiheit. Der eigenen und der der anderen. Den Rest besorgt die Digitalisierung.

Da ein Käfig aber nur ein Zaun von oben ist, reicht uns erstmal der Stacheldraht.

(Text und Grafik: Rochus Aust)

Kummer, Trauer, Verletztlichkeit

So viel sei an dieser Stelle vorab verraten: Aust hat im Kirchenschiff einen Himmel aus Stacheldraht eingezogen. Die Spannung der Metallbahnen ist spürbar, intuitiv will man sich bücken, schützen, wenn man den Raum betritt. Doch es gibt keinen Schutz, der Stacheldraht raubt dem Sakralraum seine himmliche Höhe.  

Die schlichte, bescheidene 1950er Architektur mit ihren Handstrick-Ziegeln harmoniert auf unheimliche, bedrückende Weise mit der Intervention des Künstlers. Die Mauern und der von Scheinwerfern angestrahlte Stacheldraht rufen dunkle Erinnerungen hervor.    

'Wenn keiner reinkommen soll, kommt auch keiner raus' schreibt Aust. Dies gilt nicht nur für die Cockpits von Flugzeugen, deren fragwürdige Sicherung, die schmerzhafte, zweite der Seite der Medaille vor Jahren erkannt wurde. Der im 20. Jahrhundert verbreitete Stacheldraht, den Rochus Aust für sein LichtKlangInstallation genanntes Werk verwendet, erlaubt sensiblen Zeitgenossen eine Reise in die Vergangenheit, eine düstere.

In den 1950er Jahren, als der Schock und das Leid des Krieges in den von ihm gekennzeichneten Städten, in den Köpfen der Menschen noch präsent waren, herrschte während der Karwoche ein Verbot für öffentliche Feiern. Und heute? Nur noch in einigen Bundesländern wird der Karfreitag als ein Tag des Schweigens, der stillen Trauer gefeiert.

Wer sich etwas Zeit für die Installation in der Lutherkirche nimmt, kann von hier aus eine Zeitreise unternehmen, zurück in meist schwarz-weiß dokumentierte Jahre, in denen Lager und Stacheldraht nicht nur in Europa omnipräsent waren...   

Service und Links
- die Website der Lutherkirche, hier
- die Website des Künstlers Rochus Aust, hier
- mehr über die Kölner Lutherkirche im Süden der Stadt, hier

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