Kronos mit der Sichel bewaffnet, in: Dr. Vollmers Wörterbuch der Mythologie aller Völker, 3. Auflage, Stuttgart 1874, S. 406-407
Schon in letztem Jahr hatten wir angekündigt, uns dem Thema Zeit zu widmen. Ja, ja, entschuldigend sei angemerkt, dass wirklich wichtige Dinge dazwischengekommen sind. Aber nun endlich ist die Zeit dafür gekommen - oder sollten wir besser sagen, wir haben sie uns genommen...
Als neudeutsch teaser oder auch guten alten Köder findet man an dieser Stelle vorab schon einmal einige paar historische Illustrationen zum Thema Zeit. Personifiziert bekannt als Kronos oder Chronos und in deren Folge auch der Sensenmann.
Vom chronischen Zeitmangel
Der Name ist schon in der antiken Volksetymologie, also sehr früh, dem hier zu beklagenden Phänomen zum Opfer gefallen, keine Zeit (zum Nachdenken...). Kronos wurde mit dem Zeitgott Chronos (Χρόνος) gleichgesetzt, was aber nicht nur etymologisch falsch ist. Ursprünglich waren es zwei verschiedene Götter, die im Laufe der Zeit - bzw. aufgrund des Mangels eben jener - miteinander verschmolzen.
Kastration und Kindermord
Seit
Hesiod ist jener der erste Sohn Gaias, auch ein Name, der in letzter
Zeit im Kontext der Nachhaltigkeitsdebatten wieder en vogue ist. Die
gute alter Mutter Erde stiftete ihren Sohn Kronos an, seinen
tollwütigen, triebgesteuerten Vater zu entmannen. Wen wundert es da,
dass dieser intregante Junior später nicht weniger toll wütet und seine
Kinder auffrisst. Doch davon soll hier eigentlich garnicht die Rede
sein.
Kronos, Kupferstich, 160 x 95 mm, in: Epitome Rerum Romanarum / Florus, Lucius Annaeus, Giessen, 1741, Frontispiz.
Quelle: PPO
Nach
den Mythen der Orphiker dagegen erzeugte Chronos als Schöpfergott, der
selbst unter mysteriösen Umständen aus dem dunklen Chaos entstanden war,
aus dem Aither - wiederum durchaus dem heute bekannten Äther verwandt -
das silberne Welten-Ei. Um an dieser Stelle aber nicht in der
Huhn-Ei-Debatte zu verschwinden und zum Thema - der Zeit - zurück zu
kommen, nehmen wir uns vorher einfach noch ein wenig von jener...
Le Serpent et la Lime / Charles Monnet [Illustr.]. Etienne Fessard [Stecher]. C Monnet. in. del. ; St. Fessard. sculp. 1768.; St. Fessard. sculp. 1768. [Sign.]. Kupferstich 59 x 80 mm, In: . - Paris, 17XX. - (Fables Choisies. 3 / La Fontaine, Jean de). - Bd. 3. - S. 33,
Quelle: PPO
Quelle: PPO
Die Zeit erhebt die Menschheit aus der Tiefe zum Licht / Franz Ludwig Catel [Illustr.]. Abraham Jacobcz Hulk [Stecher]. Gezeich.t von Catel à Berlin. Gestoc.n under Direc.n von Hulk à Paris. Gedruckt von Dufour. [Sign.]. Abraham Jacobcz Hulk; Dufour [Drucker]. Kupferstich,koloriert,105 x 71 mm, in: Historisches Bilderbüchlein oder Weltgeschichte. - Braunschweig, 18XX. - Sämmtliche Kinder- und Jugendschriften. 16 / Campe, Joachim HeinrichBd. 16., Frontispiz.
Quelle: PPO
Quelle: PPO
Und das ist garnicht so leicht, obwohl zahlreiche Denker dies - eigentlich schon lange bzw. immer ? - proklamieren. Sich Zeit zu nehmen, fordert auch der Psychologe Stephan Grünenwald in seinem jüngst erschienenen Buch Die erschöpfte Gesellschaft. Der Autor erwähnt das allseits bekannte Hamsterrad, spricht von kafkaesker Krisenpermanenz und scheint uns allen damit aus der Seele zu sprechen. Uns allen oder spricht auch hier nur der Zeitgeist über die Zeit?
Vom Verlust der schöpferischen Substanz
Grünewald rät in zu weniger Rettungssirtakis - im politischen wie privaten Leben? - und fordert mehr Werbeunterbrechung. Das berühmte Augen zu und durch, Papas Faust in der Tasche, das zeitgemäße Burn-Out-Abzeichen oder nicht doch eher ein Stempel? Die Flucht in die Überbetriebsamkeit, die Idee des Leistens, um sich zu spüren ist nicht nur in den Fitness-Studios offensichtlich.
Mehr nächtliche Narrenfreiheit des Geistes!
- Stephan Grünewald:
Die erschöpfte Gesellschaft
Warum Deutschland neu träumen muss
Campus Verlag
2013
WDR3-Interview hier
- Der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach ruft dazu auf, Zeitrebell zu werden. Nachlesen und -hören
DLF-Interview hier...
Die erschöpfte Gesellschaft
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